Das Oberlandesgericht Frankfurt hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, wer bei einem Unfall in einem Linienbus, der plötzlich bremst und deshalb ein Fahrgast stürzt, was beweisen muss.
Bisher war es im Gerichtsprozess so, dass der vermeintliche Schädiger diese Behauptungen einfach bestreiten durfte – ohne selbst etwas zum Unfallhergang vortragen zu müssen; d.h. es reichte aus, wenn er einfach gesagt hatte „stimmt alles nicht“.
In der jüngeren Vergangenheit haben aber immer öfter Gerichte entschieden, dass dieses einfache Bestreiten nicht immer ausreichend sein soll: Nämlich meist dann, wenn der Bestreitende tatsächlich über wichtige Informationen verfügt, über die der Geschädigte nicht verfügen kann.
So auch im Linienbus-Fall: Das Oberlandesgericht hat entschieden, dass der Busbetreiber sich nicht einfach auf das Bestreiten beschränken kann; solange der geschädigte Fahrgast die Fahrtzeit, den Ort und die Strecke benennt, und damit der Busbetreiber ohne Weiteres ausfindig machen können sollte, wer der fragliche Busfahrer war – der als Zeuge zur Verfügung stehen könnte – reicht eben ein einfaches Bestreiten nicht mehr.
Das Ergebnis: Kann der Busbetreiber den Busfahrer zum Unfallzeitpunkt trotz der Angaben nicht ausfindig machen und selbst als Gegenzeugen benennen, darf er die Behauptungen des geschädigten Fahrgasts nicht einfach nur bestreiten. Die unangenehme Folge: Die Behauptungen des geschädigten Fahrgastes gelten nun als unstreitig.
Das Argument: Kann der Busbetreiber aufgrund seiner offenbar mangelhaften Organisation (= das fehlende Wissen, wer zum Unfallzeitpunkt verantwortlicher Fahrer war) selbst nichts Konkretes zum Unfallhergang beitragen, dann darf er nicht einfach nur die Behauptungen des Unfallopfers bestreiten. Kann er aber nichts Konkretes vortragen, gilt die Behauptung des Unfallopfers eben als unstreitig…
Diese Rechtsprechung reiht sich in Urteile ein, die dem Geschädigten einen immensen Vorteil verschaffen – und denjenigen bestrafen, der unjuristisch gesagt „seinen Laden nicht im Griff hat“.
Dies lässt sich auch unschwer auf einen Unfall bei einer Veranstaltung übertragen: Kommt ein Besucher zu Schaden und kann der Besucher konkrete Angaben zu Ort, Zeit und möglichem schädigenden Ereignis machen, dann kann der Veranstalter möglicherweise auch nicht mehr einfach sagen „das stimmt doch gar nicht“ – auch vom Veranstalter wird man nämlich verlangen können, dass er herausfinden kann, wer wann für welche Tätigkeit zuständig war.
Das bedeutet: Ein Grund mehr, für eine klare Zuständigkeit zu sorgen. Macht dies der Veranstalter nicht, riskiert er, einen Prozess allein deshalb zu verlieren.
Anmerkung:
Eine gute Organisation(s-struktur) ist in vielen Fällen ein “Muss” und Voraussetzung dafür, dass dem Veranstalter kein Vorwurf gemacht werden kann. Das oben geschilderte Beispiel ist ein Argument mehr, hier Zeit und Mühe zu investieren.
Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)