In zahlreichen Apotheken in Deutschland kam es am heutigen Tag zu erheblichen Beeinträchtigungen bei der Einlösung von E-Rezepten. Hintergrund war eine großflächige technische Störung beim Softwareanbieter CGM Lauer, die zeitweise den Zugriff auf die Telematikinfrastruktur verhinderte. Besonders betroffen waren Apotheken, die das Warenwirtschaftssystem von CGM Lauer einsetzen, was zu einer massiven Einschränkung der Patientenversorgung führte. Die Störung fiel mit dem Inkrafttreten neuer Dokumentationspflichten für E-Rezepte zusammen. Seit heute müssen Apotheken genau dokumentieren, wenn sie aufgrund eines Lieferengpasses von der ärztlichen Verordnung abweichen oder ein Arzneimittel von der Dringlichkeitsliste substituieren. Diese Regelung soll eine größere Transparenz im Umgang mit Versorgungsengpässen schaffen, stellt die Apothekenteams jedoch in der Praxis vor zusätzliche bürokratische Herausforderungen, insbesondere wenn gleichzeitig technische Störungen auftreten.
Parallel dazu rückt das Thema Rezeptfälschungen erneut in den Fokus. Die Einführung des E-Rezepts hat zwar einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung im Gesundheitswesen geleistet, hat das Risiko gefälschter Verordnungen aber nicht vollständig beseitigt. Gerade im sogenannten Ersatzverfahren, das dann greift, wenn das E-Rezept nicht regulär eingelöst werden kann – etwa bei technischen Störungen oder Ausfall der Telematikinfrastruktur – bleibt die Gefahr groß, auf manipulierte Dokumente hereinzufallen. Für Apotheken bedeutet dies ein beträchtliches rechtliches Risiko: Werden Fälschungen nicht erkannt, drohen strafrechtliche Konsequenzen sowie die Rückforderung bereits gezahlter Vergütungen durch die Krankenkassen. Experten fordern daher neben klaren Schulungskonzepten für das Apothekenpersonal auch einen verbesserten Versicherungsschutz, der gezielt vor den finanziellen Folgen von Rezeptbetrug schützt.
In der politischen Landschaft hat der bekannte Virologe Professor Dr. Hendrik Streeck für Aufsehen gesorgt. Bei der Bundestagswahl zog er für die CDU erstmals ins Parlament ein. In einem Interview erklärte er, sich auch das Amt des Bundesgesundheitsministers zutrauen zu können. Seine fachliche Expertise, insbesondere in der Pandemie, hatte ihn bundesweit bekannt gemacht. Sein Einstieg in die Gesundheitspolitik könnte neue Impulse für die Diskussion um die Ausrichtung des Gesundheitswesens bringen, insbesondere im Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher Evidenz, wirtschaftlichem Druck und politischer Machbarkeit.
Derweil sorgt auch der Preis für das Diabetes-Medikament Ozempic für Irritationen. In den vergangenen Tagen berichteten Apotheken, dass das Präparat über den pharmazeutischen Großhandel nicht lieferbar war. Heute jedoch wurde plötzlich Nachschub angeboten – allerdings zu einem deutlich höheren Preis. Die Preisanhebung beträgt rund ein Drittel, was nicht nur bei Patienten, sondern auch in der Fachöffentlichkeit für Kritik sorgt. Der Verdacht steht im Raum, dass das Präparat gezielt zurückgehalten wurde, um es nach der Preisanpassung erneut auf den Markt zu bringen. Eine genaue Prüfung durch Aufsichtsbehörden ist zu erwarten.
Auf globaler Ebene warnt der Vorstandsvorsitzende von Bayer, Bill Anderson, vor den möglichen Auswirkungen neuer Zollmaßnahmen der US-Regierung auf die europäische Arzneimittelproduktion. Zwar waren Medikamente bisher von den Handelsrestriktionen ausgenommen, doch laut jüngsten Ankündigungen von Donald Trump könnten künftig auch Arzneimittel betroffen sein. Anderson sieht die europäische Niedrigpreispolitik als eine der Hauptursachen für die strukturelle Schwäche der hiesigen Pharmaindustrie. Sollten die Zölle tatsächlich in Kraft treten, könnten sich Lieferketten weiter destabilisieren – mit Folgen für Produktion, Export und letztlich die Versorgungssicherheit in Europa.
In der Onkologie gibt es unterdessen vorsichtige Hoffnungsschimmer für Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs. Während für viele Krebsarten bereits zielgerichtete Therapien verfügbar sind, gilt das Pankreaskarzinom nach wie vor als besonders schwer behandelbar. Die typischen Tumorantigene lassen sich bisher nur schwer medikamentös angreifen. Doch neue Forschungsansätze konzentrieren sich auf spezifische Targets, die bei einer kleinen, aber klinisch bedeutsamen Gruppe von Patienten vielversprechende Therapieerfolge zeigen könnten. Klinische Studien laufen bereits, die Ergebnisse werden mit Spannung erwartet. Sollte es gelingen, eine präzise personalisierte Therapie zu entwickeln, könnte dies einen Meilenstein in der Behandlung dieser besonders aggressiven Krebsform darstellen.
Kommentar:
Die Schlagzeilen dieses Tages zeigen auf bedrückende Weise, wie fragil und komplex das deutsche Gesundheitswesen geworden ist. Die flächendeckende Störung beim E-Rezept-Anbieter CGM Lauer legt nicht nur ein zentrales digitales Versorgungsinstrument lahm, sondern offenbart auch, wie riskant die starke Abhängigkeit von wenigen IT-Dienstleistern ist. Wer Digitalisierung fordert, muss auch deren Ausfallsicherheit garantieren – besonders, wenn zeitgleich neue bürokratische Dokumentationspflichten greifen. Die Leidtragenden sind einmal mehr Apotheken und Patientinnen und Patienten.
Gleichzeitig mahnt das Thema Rezeptfälschungen zur Wachsamkeit. Das E-Rezept schützt keineswegs vollständig vor Missbrauch – im Gegenteil: Im Ersatzverfahren steigt die Gefahr, dass gefälschte Verordnungen unbemerkt durchrutschen. Dass Apotheken in solchen Fällen allein haften, ist weder gerecht noch zeitgemäß. Es braucht klarere rechtliche Leitplanken und Versicherungslösungen, die das Berufsrisiko nicht einseitig auf die Schultern der Leistungserbringer abwälzen.
Der politische Vorstoß von Professor Hendrik Streeck weckt Neugier, aber auch Skepsis. Fachliche Kompetenz ersetzt kein politisches Gespür, doch sein Einzug in den Bundestag könnte der Gesundheitspolitik frischen Wind verleihen – vorausgesetzt, seine Stimme wird gehört und nicht im parteipolitischen Betrieb erstickt.
Die plötzliche Verfügbarkeit von Ozempic zum deutlich höheren Preis wirft unangenehme Fragen auf – auch über die Transparenz im Arzneimittelhandel. Wenn Großhändler nur liefern, wenn der Preis stimmt, wird das System zur Ware und der Patient zum Spielball. Die Behörden sind nun gefordert, lückenlos aufzuklären.
Und während Europa über Versorgungssicherheit diskutiert, droht von außen neues Ungemach. US-Zölle auf Arzneimittel wären ein schwerer Schlag für die hiesige Produktion. Bayer-Chef Anderson trifft mit seiner Kritik an der europäischen Billigpreispolitik ins Schwarze. Wer Arzneimittelpreise jahrelang drückt, schwächt die eigene industrielle Basis – mit geopolitischem Risiko.
Zum Schluss ein Hoffnungsschimmer: Die Fortschritte in der Pankreaskarzinom-Forschung zeigen, wie wichtig zielgerichtete Innovation ist – und wie dringend notwendig. Denn echte Reformen gelingen nicht durch politische PR oder Softwaremodule, sondern durch das konsequente Zusammenspiel von Wissenschaft, Versorgung und Verantwortung.
Von Engin Günder, Fachjournalist