In einem Deutschland, in dem Politiker oft für Versäumnisse und Fehltritte öffentlich getadelt werden, hat die ABDA einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine ganz spezielle Ehre zuteilwerden lassen: die Auszeichnung „Held der Apotheker“ – und das für eine „Nichtleistung“, wie sie selbst betonen. Lauterbach habe mit bemerkenswerter Konsequenz auf alle Anliegen der Apotheken verzichtet – ein Umstand, der ihm nun eine besondere Würdigung verschafft.
Diese neue Auszeichnung schließt sich einer langen Tradition von „Negativpreisen“ an, die dazu dienen, politischen Akteuren für ihre mangelnde Leistung „Dank“ auszusprechen. Die ABDA verleiht zwar sonst Ehrennadeln und Medaillen für Verdienste um das Gesundheitswesen, doch die Auszeichnung für den „Nicht-Einsatz“ in der Apothekenpolitik ist eine Premiere.
Das besondere Verdienst des Verzichts
Die Liste der Gründe für Lauterbachs Ehrung ist lang: Während seiner Amtszeit hat er sich konsequent geweigert, die von der Apothekerschaft erarbeiteten Reformvorschläge ernsthaft zu diskutieren oder zu berücksichtigen. Gesprächsangebote der ABDA ließ er weitgehend unbeantwortet. Die Demonstrationen der Apotheker blieben von ihm unbeachtet, und beim Deutschen Apothekertag glänzte er durch Abwesenheit. Lauterbach hat mehrfach deutlich gemacht, dass er eine Erhöhung des Apothekenhonorars als nicht notwendig erachtet und die Relevanz von Apothekern in den Offizinen infrage stellt.
In der Laudatio erinnerte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening daran, wie Ende 2022 ein hart erkämpfter Gesprächstermin schließlich doch nur unter Zeitdruck stattfand und dann noch zweimal verschoben wurde. Lauterbachs Desinteresse an den Vorschlägen der Apothekenbranche spiegelte sich weiter in einem mangelnden Engagement für deren Forderungen wider – so wurde etwa das zentrale Positionspapier der ABDA unbeantwortet gelassen. Ein besonderes Highlight war der Gruß aus dem Ministerium an die Apothekendemonstranten im Juni 2023, als Lauterbach symbolisch aus dem Fenster winkte und ein Gespräch durch diese Geste ersetzte.
Ein Preis für Nicht-Taten: Der Held der Apotheker
Für die Apothekerschaft ein Novum: Eine explizite Würdigung für das Nichtstun. Doch genau dieses Verhalten Lauterbachs wurde nun zum Grund für seine Ehrung. „Heldenhaft“ sei sein Verzicht auf die Reformbemühungen, so die ironische Botschaft der ABDA. Dabei belassen wurde es jedoch nicht. Die Rede erwähnte auch die schleppenden, bisweilen nicht erfolgten Antworten auf schriftliche Vorschläge sowie die stets verschobenen Termine, von denen einige schließlich doch unter vier Augen stattfanden – und das stets mit der Vorgabe des Bundesgesundheitsministers, über die Inhalte der Gespräche Stillschweigen zu wahren.
Dass solche Stillschweigeabkommen seitens des Ministers jedoch wenig praktiziert werden, zeigte sich besonders nach einem Treffen kurz vor Weihnachten. Noch bevor die Vertreter der ABDA zurück im Büro waren, waren die Inhalte des Gesprächs bereits öffentlich. Diese skurrile Situation gipfelte nun in der satirischen Ehrung für Lauterbach – ein Signal, das durch die augenzwinkernde Rede Overwienings über die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen, mit Lauterbach ins konstruktive Gespräch zu kommen, weiter unterstrichen wurde.
Ein Hoch auf den neuen „Nicht-Helden“ der Apothekerschaft
Der Preis für etwas, das man nicht getan hat, mag absurd klingen, doch für die ABDA hat dies eine klare Bedeutung: Sie symbolisiert den Unmut und die Enttäuschung der Apotheker über die bisherige Gesundheitspolitik. Lauterbach selbst nahm die Auszeichnung mit einem leichten Lächeln entgegen und kommentierte ironisch, dass „die Apothekenreform ein wichtiges Vorhaben sei, das nicht einfach zu den Akten gelegt werden könne.“ Auch wenn sein letzter Versuch, die Reform noch irgendwie über die Ziellinie zu bringen, vergeblich blieb, dürfte er sich die zweifelhafte Auszeichnung redlich verdient haben.
Während er die Medaille entgegennahm, trafen sich seine Gedanken wohl bereits mit denen seines Kabinettskollegen Christian Lindner, und wer weiß, vielleicht erörtern sie schon die nächste Reformidee.
Von Engin Günder, Fachjournalist