Seit 1. April 2012 gibt es die Möglichkeit, die Diagnostik und Behandlung von MRSA-Patienten mit bestimmten Risikofaktoren in der ambulanten Arztpraxis über die gesetzliche Krankenversicherung abzurechnen. Für Dr. Lutz Bader; Hygienereferent der KVB in München, greift diese Regelung zur Versorgung von MRSA-Trägern nicht weit genug. Zwar gäbe es einen G-BA-Beschluss, der eine Übernahme der Kosten für Medizinprodukte zur MRSA-Sanierung durch die Krankenkassen vorsehe. Die Realität zeige aber, dass es derzeit Produkte gäbe, die in der Praxis zwar erfolgreich eingesetzt werden, aber noch nicht verordnet werden können, weil ihre Erstattungsfähigkeit noch nicht vom G-BA geprüft worden sei. Auch könnten nach den bestehenden Abrechnungsziffern nur Patienten innerhalb von sechs Monaten nach einem Krankenhausaufenthalt auf Kosten der Kassen auf MRSA gescreent werden. MRSA-Träger sollten aber schon prästationär untersucht und saniert werden. So hätten Patienten bei endoprothetischen Eingriffen ein hohes Risiko eine MRSA-Infektion zu bekommen, wenn sie MRSA-Träger sind. Da sieht Bader erheblichen Nachbesserungsbedarf. Ebenso bei der Vergütung: der Arzt erhält für eine MRSA-Sanierung pro Quartal maximal 40 Euro. Wenn man den hohen Aufwand an Beratung und Betreuung des Patienten und seiner Familie bedenke, um eine Sanierungstherapie erfolgreich abzuschließen, dann sei dies zu wenig. "In Bayern gibt es ca. 20.000 Ärzte, für die das Thema MRSA relevant ist. An MRSA-Fortbildungen haben bisher 3.000 Ärzte teilgenommen, 1.000 haben die MRSA-Genehmigung beantragt", erklärte er.
"Gutes MRSA-Management rechnet sich für jede Klinik", sagte der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Steffen Fleßa von der Hochschule Greifswald. Alle Krankenhäuser sollten auf MRSA-Prävention setzen. Prof. Fleßa legte Zahlen vor zur Wirtschaftlichkeit des MRSA-Managements für eine Klinik. Die Techniker-Krankenkasse beziffert die Kosten für einen MRSA-Patienten mit 17.517 Euro, eine Eradikationstherapie hingegen koste nur ca. 50 Euro. Bei einer Zahl von 143 MRSA-Trägern, wie sie für 2012 im HICARE-Netzwerk in Mecklenburg-Vorpommern - einem Aktionsbündnis gegen multiresistente Bakterien - registriert wurde, entstünden demnach Kosten von 2,6 Millionen Euro, wenn es zur MRSA-Infektion kommt. Fleßa sieht darin die Bestätigung, dass ein selektives MRSA-Screening kostengünstiger ist als nichts zu tun. Fleßa, der in der Versorgungsforschung bei HICARE mitwirkt, fordert eine generelle Meldepflicht für MRSA, um die Datenlage zu verbessern. Er riet allen Klinikverantwortlichen bei der Planung der Maßnahmen von Anfang an Gesundheitsökonomen mit ins Boot zu nehmen. Ein Krankenhaus brauche Auslastung und einen guten Ruf. Da gehörten Maßnahmen zur Patienten-sicherheit wie ein Hygienemanagement dazu, auch wenn dadurch auf den ersten Blick Kosten entstehen.
Die Hygienefachkraft Ruth Dallig aus dem Marienkrankenhaus in Kassel bestätigte ebenfalls die Wichtigkeit eines MRSA-Screenings vor einem Krankenhausaufenthalt und einer Operation. Das Marienkrankenhaus in Kassel screent , wie vom RKI empfohlen, mittels PCR-Test Patienten aus den Risikogruppen , wie vom RKI empfohlen, und darüber hinaus auch alle OP-Patienten. Sie sei anfangs sehr erstaunt gewesen, wie viele junge Menschen MRSA-Träger seien. Die erkannten MRSA-Fälle seien gestiegen. MRSA-Träger werden nach Hause geschickt und ambulant saniert oder im Krankenhaus isoliert. Das Vorgehen habe zu positivem Feedback für die Klinik und auch beim Personal geführt, weil sich die Patienten- und Personalsicherheit dadurch erhöht. Aber es sei auch zu einer Kostenzunahme und erhöhtem Arbeitsaufwand gekommen. Dallig plädierte für Hygieneschulungen aller im Gesundheitswesen Tätigen und für gelebtes MRSA-Management durch Netzwerkpartner. Außerdem dürften durch mehr MRSA-Transparenz keine wirtschaftlichen Nachteile für die Krankenhäuser entstehen.
Der Dermatologe PD Dr. Tobias Görge aus Münster sieht die Patienten mit MRSA-Trägerstatus oft allein gelassen im Gesundheitssystem. "Wer einen Patienten sanieren will, der braucht viel Geduld." Görge ist verantwortlich für die MRSA-Ambulanz an der Universität Münster. Zu ihm kommen Patienten, die bisher erfolglos gegen MRSA behandelt wurden. Wenn ein Patient MRSA-Träger ist, ist er im Gesundheitswesen praktisch nicht mehr vermittelbar", erklärte Görge in seinem Vortrag. Er empfiehlt eine umfangreiche Statuserhebung durch Abstriche an mehreren Körperstellen, dann die topische Antibiose und ganz zum Schluss als letzte Möglichkeit die systemische Antibiotikatherapie nach Antibiogramm, die abhängig von den Resistenzen die Kosten in die Höhe schraube. "Je intensiver die Kolonisation ist, umso länger dauert die Sanierung und umso teurer wird es." Nach seiner Erfahrung kommen zwei Drittel der Patienten ohne systemische Antibiose aus.
Für das Robert Koch-Institut gehören vier Elemente zur MRSA-Prävention: das Screening von Risikogruppen, die Sanierung von MRSA-Trägern, die Information von Weiterbehandlern sowie rationale Hygienemaßnahmen. Dazu gehöre laut PD Dr. Hübner (RKI Berlin) eine Sicherheitskultur, die sich aus der Qualifizierung von Mitarbeitern, hochwertiger Diagnostik, Vigilanz, prozessorientiertem Denken sowie einer konsequenten Umsetzung der Basishygiene zusammensetzt. Für das Abfangen von Risiken durch andere multiresistente Erreger seien weitere Screening-Maßnahmen notwendig.