Europas höchstes Gericht bestätigte heute eine Entscheidung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2017, wonach Google seine Marktmacht in der Suche missbraucht hat und damit gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstieß. Die Kommission hatte eine Rekordgeldbuße in Höhe von 2,42 Milliarden Euro dafür verhängt, dass Google in seinen Suchergebnissen eigene Dienste prominent darstellte und Konkurrenzangebote nach unten schob.
BDZV und MVFP (vormals VDZ) hatten bereits 2009 eine umfangreiche Missbrauchsbeschwerde gegen die nun verbotenen Begünstigungspraktiken eingereicht und gehörten im gesamten Verfahren zu den aktivsten Beteiligten. Das Urteil ist daher auch ein Sieg für die Presseverlegerverbände in einem der längsten Verfahren der europäischen Wirtschaftsgeschichte.
„Nach jahrzehntelangem Missbrauch von Google zeigt sich Europa endlich wehrhaft – unser Kampf hat sich gelohnt. Das heutige Urteil ist ein Meilenstein für einen freien und faireren Wettbewerb der Inhalte in den digitalen Märkten“, sagt Philipp Welte, Vorstandsvorsitzender des MVFP. „Das Urteil bestätigt, dass marktbeherrschende Digitalplattformen sich keine unberechtigten Vorteile zu Lasten relevanterer Anbieter verschaffen dürfen. Unabhängig von diesem Urteil geht der Kampf gegen Google und die anderen Tech-Konzerne weiter – da sie durch ihre Marktdominanz die Arbeit der freien Presse massiv einschränken.“
Matthias Ditzen-Blanke, Vorstandsvorsitzender BDZV, betont: „Das Urteil ist in mehrfacher Hinsicht wegweisend. Erstmals stellt ein oberstes Gericht fest, dass Google als ultra-dominantes Unternehmen strengeren Vorgaben unterliegt. Das Gericht klärt und verschärft sogar einige der Verpflichtungen, die für solche Unternehmen gelten. Insbesondere entscheidet erstmals ein oberstes Gericht, dass die Selbstbegünstigungen, etwa durch eine bessere Sichtbarkeit eigener Dienste, einen Missbrauch von Marktmacht darstellen.“
Stefan Hilscher, ebenfalls Vorstandsvorsitzender BDZV, resümiert, dass das Google-Shopping-Verfahren wie kein anderes Wettbewerbsverfahren weltweit ein Umdenken im Umgang mit digitalen Plattformen eingeleitet habe. „Noch vor wenigen Jahren gingen viele Experten davon aus, dass sich Wettbewerbsprobleme im Digitalbereich aufgrund der Schnelllebigkeit der Märkte von selbst lösen würden. Das Shopping-Verfahren hat allen vor Augen geführt, warum strenge regulatorische Vorgaben dort nötig sind, wo die Selbstheilungskräfte des Wettbewerbs versagen.“
„Mit dem Grundsatzurteil ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Fairness im Internet getan, der weit über den konkreten Fall hinaus wirken wird“, heißt es dazu weiter von den Verlegerorganisationen, es bleibe aber noch viel zu tun. So müsse das Urteil zugleich als Weckruf verstanden werden, die Verbote im Digital Markets Act (DMA) einschließlich des Verbots der Selbstbegünstigung rigoroser, schneller und effektiver umzusetzen.
Zum Hintergrund:
Die Kommission hatte ihr Verfahren gegen Google im Jahr 2010 eingeleitet und reagierte damit insbesondere auch auf eine Beschwerde von BDZV und VDZ vom November 2009. Neben dem Verbraucherschutzverband BEUC waren BDZV und VDZ die beiden einzigen Verbände, die als Beschwerdeführer sowohl das gesamte administrative Verfahren vor der Kommission als auch anschließend als Nebenintervenienten das gesamte gerichtliche Verfahren vor dem EuG und EuGH aktiv begleitet und mitgestaltet hatten. Dieser Einsatz von BDZV und VDZ wird unter anderem dafür verantwortlich gemacht, dass die Kommission im Jahr 2014 in letzter Minute einen bereits geplanten Vergleich mit Google wieder verwarf, weil sie anhand der von den Verbänden gelieferten empirischen Daten belegen konnte, dass die Zusagen nicht ansatzweise ausgereicht hätten.