- Beginn Industrialisierungsphase / Start
- Neutronenbestrahlungskampagne / EU-Review
Das Ziel, Materialien zu entwickeln, die selbst extremsten Belastungen standhalten, verfolgen Forscher aus ganz Europa im Projekt ExtreMat. Dieses große "Integrierte Projekt" (IP) der Europäischen Union, das von einem europäischen Forschungs- und Industriekonsortium unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in Garching realisiert wird, präsentiert sich auf der Hannover Messe im Rahmen eines Gemeinschaftsstandes (Halle 2, Stand C08).
Die Arbeiten in ExtreMat sind gerade in die wichtige Projektphase der Industrialisierung eingetreten. Durch die Präsentation auf der Messe verspricht sich der Projektkoordinator, Dr. Christian Linsmeier vom IPP, weitere Kontakte zu interessierten Industriepartnern, die neuartige Materialien zur Verwirklichung ihrer Produktideen benötigen.
Im Rahmen der Projektarbeiten dient die Industrialisierungsphase der Umsetzung der neuen Materialkonzepte und Verbindungstechnologien zu Komponenten. Am Ende des ExtreMat-Projekts ist es das Ziel der Partner, neuartige Materialien zu Komponenten zu integrieren und deren industrielle Machbarkeit zu demonstrieren. Ein Beispiel dafür ist die Verbindung keramischer kohlenstoffbasierter Schutzmaterialien (mit reduzierter chemischer Erosion gegenüber atomarem Wasserstoff) mit Wärmesenken-Materialien, deren Einsatztemperatur durch SiC-Faserverstärkung gegenüber Kupfer von 300° C auf über 550° C erhöht werden konnte. Die für die Integration der Materialien in eine Wärmesenken-Komponente erforderliche Löttechnologie wurde ebenfalls innerhalb ExtreMat entwickelt. An der Entwicklung der einzelnen Technologien sind jeweils mehrere Partner aus Forschung und Industrie beteiligt.
Ein weiterer wichtiger Meilenstein im Projekt ist der Beginn der Neutronenbestrahlungskampagne, die im Februar 2008 im Hochflussreaktor in Petten (Niederlande) begonnen hat. Diese Kampagne ist ein Kernelement des ExtreMat IP und dient dazu, viele völlig neu entwickelte Materialien unter hoher Neutronenbelastung zu testen.
Hunderte von Proben werden in speziellen Vorrichtungen bei verschiedenen Temperaturen definiert unterschiedlichen Neutronenflüssen ausgesetzt. Nach der Bestrahlung werden bruch- und thermomechanische Tests sowie die Bestimmung der Wärmeeigenschaften durchgeführt und mit den entsprechenden Eigenschaften vor der Bestrahlung verglichen. Diese vom ExtreMat-Partner NRG geleitete Bestrahlungskampagne ermöglicht erstmals auch Partnern Zugang zu Bestrahlungstests, die bisher keinen Zugang zu Neutronenquellen hatten, um ihre Materialien für Anwendungen in der Kernspaltung oder Kernfusion zu testen.
Die neuen Materialien sind wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung der neuesten Reaktorkonzepte (Generation IV) sowie für die Demonstration der Fusion als attraktive zukünftige Energiequelle. Unter anderem sind auch hier dotierte Grafite, faserverstärkte Verbundwerkstoffe und oxid-dispersions-gehärtete Stähle für den Einsatz in Hochtemperaturreaktorelementen und für das ITER-Projekt vorgesehen. Der Hochflussreaktor in Petten ist die Basis für viele auf diese Anwendungen ausgerichtete europäische Forschungs- und Entwicklungsprojekte und steht ebenso für Qualifikationstests bei der Entwicklung neuer Reaktortypen zur Verfügung. Der in Planung befindliche neue PALLAS-Reaktor soll diese Funktion im nächsten Jahrzehnt übernehmen und Werkstofftechnologien für Generation-IV-Reaktoren und Fusionsanwendungen qualifizieren.
Im März dieses Jahres hat das ExtreMat IP die dritte Projekt-Begutachtung durch unabhängige Experten im Auftrag der Europäischen Kommission erfolgreich durchlaufen. Die Gutachter waren beeindruckt von der hohen wissenschaftlichen Qualität der bisherigen Ergebnisse sowie von den angestrebten Zielen der Industrialisierungsphase.