Zum Hintergrund der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
„Das Gesellschaftsrecht für Gesellschaften bürgerlichen Rechts, kurz GbR, wie wir es heute kennen, stammt in seiner jetzigen Form noch größtenteils aus dem 19ten Jahrhundert. Der Gesetzgeber hatte dabei ursprünglich nicht vorgesehen, dass eine GbR Trägerin eigener Rechte und Pflichten wird“, erklärt Alexander Littich, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht und Strafrecht in Landshut. Erst die große Beliebtheit dieser Rechtsform und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haben dazu geführt, dass nach außen im Rechts- und Geschäftsverkehr auftretende Gesellschaften bürgerlichen Rechts als eigene Rechtsträger anerkannt wurden. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts konnte sich damit auch bereits in der Vergangenheit zum Beispiel als GbR im Grundbuch lassen. Die auch weiterhin fortbestehende Innen-GbR, also etwa eine Lotto-Tipp-Gemeinschaft, die nicht als solche nach außen auftritt, regelte nur das Innenverhältnis zwischen den Beteiligten und nicht das Rechtsverhältnis zu unbeteiligten Dritten.
Neugestaltung der GbR
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) erfahren GbRs grundlegende Veränderungen, die ihre rechtliche Stellung und Funktionsweise erheblich beeinflussen.
1. Rechtsfähigkeit und Gesellschaftsregister
Eine der bedeutendsten Änderungen betrifft die Rechtsfähigkeit der GbR. Sie wird künftig in zwei Formen auftreten: als rechtsfähige oder als nicht rechtsfähige Gesellschaft.
Die rechtsfähige Variante hat die Möglichkeit, am Rechts- und Geschäftsverkehr teilzunehmen, also Verträge im eigenen Namen abzuschließen, eigene Rechte einzuklagen oder als GbR verklagt zu werden kann. Sie kann über eigenes Vermögen verfügen und sich im neu geschaffenen Gesellschaftsregister eintragen, während die nicht rechtsfähige GbR als Innen-GbR weiterhin nicht unternehmerisch tätig ist.
2. Sitzwahlrecht und Publizität
Eine weitere Neuerung betrifft das Sitzwahlrecht der Gesellschaft. Bisher war der tatsächliche Verwaltungssitz maßgeblich. Nun haben Gesellschafter die Option, den Gesellschaftssitz vertraglich festzulegen. Dieses Wahlrecht eröffnet GbRs die Möglichkeit, dass sie sich auch mit einem Verwaltungssitz im Ausland lassen – eine Option, die zuvor nur Kapitalgesellschaften offenstand.
3. Gesellschaftsregister als Publizitätsinstrument
Das Gesellschaftsregister ist ein neues Publizitätsinstrument, das dem Rechtsverkehr eine höhere Transparenz bietet. Gesellschafter der rechtsfähigen GbR können freiwillig ihre Gesellschaft bei dem für ihren Geschäftssitz zuständigen Amtsgericht zu führenden Register eintragen lassen. Das verschafft ihnen Vorteile in Bezug auf den Nachweis der Vertretungsbefugnis und Klarheit bezüglich des Gesellschaftsbeginns und des Geschäftsbereichs.
4. Eintragungspflicht in besonderen Fällen
Für bestimmte Situationen besteht eine Eintragungspflicht. Diese ist dann zwingend vorgeschrieben, wenn eine GbR als Eigentümerin eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist oder Anteile an einer GmbH, OHG oder KG hält.
5. Anmeldung zur Eintragung
Die Anmeldung der GbR zur Eintragung im Gesellschaftsregister muss Angaben zur Gesellschaft und den Gesellschaftern enthalten. Namen, Sitze und Adressen sind anzugeben, um die Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Rechtsverkehr zu gewährleisten. Die Anmeldung muss in notarieller Form erfolgen, ebenso wie die spätere mögliche Änderung der Firmenbezeichnung oder eines Gesellschafterwechsels.
6. Eintragung als „eGbR“
Eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts werden künftig den Zusatz „eGbR“ führen. Diese Kennzeichnung signalisiert im Rechtsverkehr, dass es sich um eine im Gesellschaftsregister registrierte GbR handelt. Mit der Registrierung der eGbR ist auch die Angabe der wirtschaftlich berechtigten Personen im Transparenzregister vorzunehmen.
7. Veränderungen im Grundbuch
Die Eintragung im Gesellschaftsregister führt dazu, dass nur noch die GbR selbst im Grundbuch einzutragen ist. Dadurch entfällt die Notwendigkeit einer Berichtigung des Grundbuchs bei Wechseln auf Gesellschafterebene, was Zeit und Kosten spart.
8. Rechtsformwechsel der eGbR möglich
Die eGbR lässt sich zukünftig auch nach dem Umwandlungsgesetz in eine andere Rechtsform, etwa eine GmbH umwandeln. Damit beschränkt sie ihre Haftung auf das Firmenvermögen, da die eGbR als umwandlungsfähige Gesellschaftsform anerkannt ist.
9. Was bedeuten die Änderungen für bereits existente GbRs?
Es besteht für bereits gegründete GbRs keine unmittelbare Eintragungspflicht in das Gesellschaftsregister. Erst wenn die GbR Änderungen vornimmt, beispielsweise einen Gesellschafterwechsel einer GbR als Gesellschafterin an einer GmbH, OHG oder KG oder als Eigentümerin eines Grundstücks, besteht eine Eintragungspflicht im Gesellschaftsregister. So will der Gesetzgeber sicherstellen, dass die Register zum 1. Januar 2024 mit Anträgen nicht überhäuft werden.
„Es ist dennoch auch in vielen anderen Fällen aufgrund der Transparenzwirkung im Rechtsverkehr bestehenden GbRs zu empfehlen, sich im Gesellschaftsregister eintragen zu lassen, auch wenn keine zwingende gesetzliche Pflicht dazu besteht“, sagt Littich.
10. Was ändert sich steuerlich?
In steuerlicher Hinsicht sind mit den Neuregelungen des MoPeG für die GbRs und ihre Gesellschafter keine Änderungen verbunden. Die Finanzverwaltung versteuert das betriebliche Ergebnis (Gewinn oder Verlust) der Gesellschaft durch eine gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung und Aufteilung zugunsten der Gesellschafter im Rahmen der persönlichen Einkommensteuerveranlagung der Gesellschafter. Die rechtsfähige GbR ist umsatzsteuerlicher Unternehmer.
„Das MoPeG bringt somit eine grundlegende Modernisierung für die GbR mit sich, die die rechtliche Landschaft für Gesellschaften bürgerlichen Rechts deutlich verändert und den Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens gerechter wird“, kommentiert Ecovis-Rechtsanwalt Alexander Littich.