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Scheinselbstständigkeit: GmbH und GbR schützen nicht

(PresseBox) (Berlin, )
Das Bundessozialgericht verschärft seine Position beim Thema Scheinselbstständigkeit zunehmend. Früher galt noch, dass eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers vorliegen musste, um als abhängige Beschäftigung zu gelten. Nach der „neuen“ Eingliederungstheorie kommt es jedoch fast ausschließlich auf den Tatbestand der Eingliederung im Einsatzunternehmen an, insbesondere bei Drei-Personen-Verhältnissen.

Wann liegt ein Beschäftigungsverhältnis vor?

Ist der Gesellschafter- Geschäftsführer einer Ein-Personen-Gesellschaft für einen Dritten, dem Einsatzunternehmen tätig, dann liegt nach der im Sozialversicherungsrecht herrschenden Eingliederungstheorie ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Einsatzunternehmen und der überlassenen Person vor. Das gilt unabhängig davon, ob die Voraussetzungen eines illegalen Beschäftigungsverhältnisses erfüllt sind oder nicht. Neu ist, dass ein Beschäftigungsverhältnis auch vorliegen kann, wenn kein Anspruch auf Entgelt besteht.

Der verhandelte Fall

Ein Internist betrieb mit anderen Ärzten eine zugelassene vertragsärztliche nephrologische Gemeinschaftspraxis in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Mit einem ebenfalls zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Krankenhaus schloss diese GbR einen Kooperationsvertrag auf unbestimmte Zeit. Das Krankenhaus selbst verfügte nicht über angestellte Ärzte auf dem Fachgebiet der Nephrologie. Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellte fest, dass für den Arzt aufgrund seiner Tätigkeit für das Krankenhaus eine dort abhängige Beschäftigung besteht. Dagegen wehrte sich der Arzt: Laut ihm wäre er im Krankenhaus als Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis tätig und stehe in keinem persönlichen Verhältnis zum Krankenhaus.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Sozialgericht Wiesbaden war in erster Instanz der Auffassung, dass der Arzt sehr wohl auf selbstständiger Basis für das Krankenhaus tätig war, weil die Vertragsbeziehung zwischen der Gemeinschaftspraxis und dem Krankenhaus bestanden und nicht zwischen dem Krankenhaus und dem Arzt selbst. Das Krankenhaus sei nur befugt gewesen, Leistungen bei der Gemeinschaftspraxis abzurufen. Wer diese konkret erbringe, sei allein eine interne Angelegenheit der Gemeinschaftspraxis.

Das sah das Landessozialgericht (LSG) Hessen anders (Urteil vom 28.07.2022, L 8 BA 18/21). Laut diesem handeln Ärzte bei medizinischen Heilbehandlungen und Therapien grundsätzlich frei und eigenverantwortlich. Hieraus kann aber nicht ohne weiteres auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden. Im vorliegenden Fall war der Arzt eingegliedert in die Organisation des Krankenhauses und deshalb dort als abhängig Beschäftigter zu sehen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Kooperationsvertrag im Namen der Gemeinschaftspraxis und damit mit der GbR geschlossen und nicht namentlich der eingesetzte Arzt als Vertragspartei benannt wurde. Es spiele auch keine Rolle, dass der Arzt für diese Tätigkeit nicht selbst entlohnt wurde, sondern sich die Abrechnung im Verhältnis der Klinik zur Gemeinschaftspraxis vollzieht.

Das Verfahren ist nun anhängig beim Bundessozialgericht (BSG) (B 12 BA 29/22 B).

Das sollten Ärztinnen und Ärzte beachten

Das LSG Hessen bestätigt die Rechtsprechung des BSG seit der Entscheidung vom 4. Juli 2019 zu Honorarärzten im Krankenhaus und zur Urteilsserie in Bezug auf Ein-Personen-Gesellschaften (B 12 R 15/21, B 12 BA 4/22 R und B 12 BA 1/23 R). In den Urteilsfällen gründete ein Krankenpfleger eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und eine Pflegefachkraft eine UG  als haftungsbeschränkte Unterform der GmbH. Beide Pflegekräfte waren jeweils alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer ihrer Kapitalgesellschaften und trotzdem scheinselbstständig.

Neu im aktuellen Verfahren ist, dass auch der Gesellschafter einer GbR als sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter angesehen wird, selbst wenn die Gemeinschaftspraxis als Außengesellschaft Rechtsfähigkeit besitzt (nach Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, MoPeG). Ungeachtet dessen bleibe ihr Charakter als Personengesellschaft erhalten. „Die vom BSG entwickelten Grundsätze sind nach dieser Entscheidung auch auf die Gesellschafter der GbR zu übertragen, was den rechtlichen Spielraum weiter einschränkt. Bei der Vertragsgestaltung von Kooperationsverträgen ist dies zukünftig genau zu bedenken“, erklärt Theresa Günther, Steuerberaterin bei Ecovis in München.
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