„Die Maßnahmen im Bereich der Nachwuchsgewinnung beginnen zwar zu wirken, angesichts des Fachkräftemangels suchen unsere Betriebe dennoch händeringend nach motivierten jungen Leuten“, betont Bernd Stockburger, Geschäftsführer bei der Stuttgarter Handwerkskammer für den Bereich Berufliche Bildung. „Es sind noch zwei Monate Zeit bis zum Ausbildungsstart, die Zahl der unbesetzten Lehrstellen für das neue Ausbildungsjahr ist aber noch sehr hoch – es ist offensichtlich schwer, den geeigneten Nachwuchs zu gewinnen.“ Die Nachwuchswerbung laufe auf Hochtouren. Das Handwerk sei vom Kindergarten bis an die Universität präsent und spricht Jugendliche auch mit Migrationshintergrund gezielt an. „Die Aussichten für eine Karriere im Handwerk sind in allen Branchen derzeit wegen der guten Geschäftslage beeindruckend gut“, wirbt Stockburger für den Wirtschaftszweig. Deshalb sei es das Ziel, das Vorjahres-Plus an neuen Ausbildungsverträgen von 3,5 Prozent zu halten.
In der Region sind beispielsweise noch über 100 Lehrstellen für den Beruf des Anlagenmechanikers für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik als offen gemeldet, 40 Maurer- und 21 Augenoptiker-Azubis werden nach wie vor gesucht. Außerdem sind fast 70 Ausbildungsstellen im Kfz-Mechatroniker-Handwerk frei. Auch weniger bekannte, aber ebenso attraktive Berufe wie Fahrzeuglackierer, Zweiradmechatroniker oder Weinbautechologe können im Rahmen der dreijährigen dualen Ausbildung erlernt werden. „Tatsächlich sind aber viel mehr Lehrstellen frei, da nicht alle Stellen der Handwerkskammer gemeldet werden.“
Immer häufiger bauen auch Abiturienten auf eine Karriere mit Lehre. "Die maßgeschneiderten Ausbildungsangebote für die Zielgruppe Abiturienten erweitern sich laufend", erklärt Bernd Stockburger. Der Weg müsse nicht zwangsläufig vom Gymnasium an die Hochschule führen. Wer Talent habe, sei im Handwerk willkommen. Auch die Zusatzqualifikation "Management im Handwerk" und die dualen Studiengänge würden den Wirtschaftszweig Handwerk gerade für die Zielgruppe der Abiturienten interessant machen. Sein Tipp: „Zum Kennenlernen empfehlen wir allen Seiten eine Schnupperlehre oder ein Praktikum im Betrieb – ein paar Tage genügen, um festzustellen, ob es passt.“
Die vielen Flüchtlinge sind in der Ausbildungs- und Beschäftigungsstatistik noch nicht angekommen. Dafür sollen die zahlreichen angelaufenen Projekte sorgen. „Wir wollen möglichst vielen Flüchtlingen durch eine duale Ausbildung eine nachhaltige berufliche Perspektive schaffen. Arbeit fördert Integration,“ sagt Stockburger. „Es fehlt allerdings häufig an Sprachkompetenz, und da brauchen wir Geduld.“ Projekte - beispielsweise mit dem Jobcenter Stuttgart oder die Durchführung von Kompetenzanalysen in der Bildungsakademie der Handwerkskammer in Stuttgart-Weilimdorf - sind Wege in die richtige Richtung, stecken aber noch in der Anfangsphase. „Die Früchte dieser Anstrengungen können alle Beteiligten erst in ein paar Jahren einfahren.“
Berufswahl online
Eine Übersicht über die von den Betrieben gemeldeten freien Ausbildungsstellen ist in der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer zu finden. Bildungsexperte Stockburger weiß aus Erfahrung, wie wichtig und hilfreich eine gründliche Recherche bei der Berufswahl ist. "Schulabgänger, die in den Gesprächen schon eine grobe Vorstellung über ihre Zukunft äußern, haben entscheidende Vorteile." Deshalb empfiehlt Stockburger Jugendlichen neben Gesprächen mit den Eltern und den Lehrern das Lehrstellenradar der Handwerkskammer auszuprobieren. Die kostenlose App können sich alle Besitzer eines iPhones oder eines Android-Smartphones über die Suche im App-Store oder im Google Play-Store herunterladen.
Als wertvoller Tipp gilt die Internetadresse http://www.azubitv.de/. Diese Online-Übersicht der Handwerkskammer über die Tätigkeiten und Ausbildungsprofile der 130 Berufe erschließt mit Videos sehr jugendgerecht die Welt des Handwerks. Hier geht es auch zu den freien Ausbildungsstellen in der Region Stuttgart.