Linux-Einsatz wann und wo?
Diese Frage stellten sich die Karstadt IT-Verantwortlichen bereits in den Jahren 2002/2003. Vorausgegangen war die Feststellung, dass die bestehen-de heterogene Server- und Endgeräte-Landschaft mit 3270 Terminals und Windows Terminal Server auf Grundlage von Windows NT 4 den zukünftigen Anforderungen des Verkaufs nicht mehr genügen würde. Dazu kamen zahlreiche Legacy-Anwendungen auf diversen Plattformen. "Wo wird sich Linux im kommerziellen Bereich etablieren?", formuliert Axel Nientimp, Abteilung IT-Or-ganisation bei der Karstadt Warenhaus GmbH, die zentrale Frage aus der Vorphase des Projekts. "Uns wurde schnell klar, dass der Filialbereich und dabei insbesondere das Kassenumfeld eine ideale Grundlage bot, um unsere Vision optimierter Prozesse, eines einheitlichen 'look and feel' sowie erhöhter Modularität und reduzierter Kosten in die Tat umzusetzen." In der Folgezeit wurden dann die wichtigsten strategischen Entscheidungen getroffen. "Webbasierte Anwendungen für Browserunabhängigkeit, Linux als durchgängiges Betriebssystem, Thin-Client- und Terminal-Server-Technologie als Infrastruktur aufgrund der Kostenvorteile, eine dezentrale Architektur für hohe Verfügbarkeit und eine Stufenplanung für eine sanfte Migration unter Einbeziehung der Mitarbeiter", fasst Axel Nientimp zusammen. "Insbesondere bei der Einbeziehung der Benutzer war uns klar, dass wir sehr gut vorbereitet hatten und behutsam vorgehen mussten. Ein 'big bang' hätte das Projekt sicher negativ beeinflusst."
Brisantes Thema Bürosoftware
Die Einführung einer neuen Client-Plattform in den Karstadt-Filialen stellte die Anforderung, zentrale Anwendungen wie Intranet, SAP-Anbindung und externe Anwendungen wie Lieferanten-Bestellsysteme und Internet sowie dezentrale Anwendungen wie Preis- und Bestands-Pflege zu integrieren. Eine weitere Herausforderung stellte die optimale Unterstützung der Bürokommunikation durch Mail und Office-Lösungen dar. Im Zuge der Linux-Migration war die Entscheidung für StarOffice gefallen, nun ging es darum, diese Umstellung auch gemeinsam mit den Anwendern sanft in die Tat umzusetzen. "Wir waren uns der besonderen Bedeutung des Bereichs Bürokommunikation sehr wohl bewusst. Der Bruch zwischen den beiden Office-Welten sollte schnellstmöglich überwunden werden. Deshalb suchten wir auch nach einem Partner, der uns nicht nur bei der technischen Umsetzung unterstützt, sondern auch über die entsprechende Kompetenz im Bereich Anwenderkommunikation und –schulung verfügt", erklärt Axel Nientimp. Mit der Firma LEAN, einem spezialisierten Systemintegrator und Rechenzentrums-Dienstleister, der über eine mehr als zehnjährige Erfahrung bei der Konzeption und Realisierung von IT-Projekten in mittleren und großen Unternehmen und Organisationen verfügt, wurde der richtige Partner gefunden. Getreu der Vorgehensweise "testen – pilotieren – testen", die sich bereits bei der HardwareEinführung als der richtige Weg herausgestellt hatte, entwickelten Karstadt, EDS ITELLIUM und LEAN nicht nur einen detaillierten Migrations- und Rolloutplan, sondern auch ein umfassendes Schulungskonzept, das den unterschiedlichen Kenntnisstand der Mitarbeiter und mögliche Vorbehalte der "power user" berücksichtigte. "Bei der Hardware-Einführung hatten wir in einem Pilotprojekt drei bis vier typische Karstadt-Filialen nachgestellt, um das Zusammenspiel der Komponenten zu testen, aus den Erfahrungen zu lernen und volle Betriebssicherheit beim offiziellen Rollout gewähren zu können. Wir entschieden uns daher, auch für die Mitarbeiterschulungen einen Piloten aufzusetzen, um die Akzeptanz der Schulungsinhalte bei den Mitarbeitern zu testen. Schnell stellten wir fest, dass der Schulungsumfang über die reine Einführung in die StarOffice-Funktionen ausgedehnt werden musste." LEAN führte dann die Mitarbeiterschulungen in den Pilotfilialen auf Basis eines gemeinsam mit EDS ITELLIUM abgestimmten Schulungskonzeptes durch. Darüber hinaus unterstützte LEAN die komplette Office-Software-Einführung und war für die umfangreiche Anpassung der zahlreichen Vorlagen und Formulare verantwortlich. "Wie bei anderen Unternehmen dieser Größenordnung gibt es natürlich auch bei Karstadt eine umfassende Sammlung von mit der Corporate Identity der Firma abgestimmten Vorlagen und Formularen – vom internen Geschäftsbrief bis zum Urlaubsschein", bestätigt Peter Ebsen, verantwortlicher Projektleiter der EDS ITELLIUM. Innerhalb von nur zwei Monaten gelang es LEAN, die Umstellung der Vorlagen auf StarOffice erfolgreich durchzuführen. Interessanterweise sorgte ein kleiner Teilbereich der Umstellung – das Gestalten und Produzieren der Preisschilder in den Filialen – letztendlich dafür, dass die Akzeptanz für das neue System bei den Karstadt-Mitarbeitern rasch stieg. "Die Preisschilder, die über den einzelnen Warenauslagen angebracht sind, wurden ursprünglich mit einer proprietären Lösung erstellt. LEAN gelang es, diese Lösung nach StarOffice zu portieren, was von den Kollegen in den Filialen äußerst positiv aufgenommen wurde", erinnert sich Axel Nientimp.
Fazit: Projektziele erreicht
Seit Mitte 2007 ist Linux flächendeckend im Filialsystem von Karstadt im Einsatz. Neben 3.800 Terminal- Clients, 120 Linux- Terminal- Servern und 440 Kassenservern sind 2.500 StarOffice-Lizenzen im Einsatz. Neben der Vereinheitlichung der Plattform und der Frontends sowie der Vereinfachung bei der Einführung neuer Software-Lösungen wurde insbesondere das Ziel erreicht, das IT-Budget deutlich zu reduzieren. "Durch geringere Kosten beim Endgeräte-Support und Management sowie bei der Anschaffung von Lizenzen für Betriebssystem und Office-Anwendung gelang es uns, die Betriebskosten im Vergleich zu einer Windows-Umgebung deutlich zu senken", resümiert ein zufriedener Projektleiter Peter Ebsen der EDS ITELLIUM. Und auch die Zukunft steht klar unter dem Zeichen Linux. Neben der Einführung der neuen Version StarOffice 8 gehen die Überlegungen bei Karstadt derzeit in Richtung "Ausweitung des Linux-Konzeptes auf weitere Bereiche im Unternehmen".