Danach ist es möglich, auch Ärzte heimlich abzuhören, ihre Telefone und Computer zu überwachen oder Gespräche zwischen Arzt und Patient zu belauschen. „Der Gesetzgeber schießt mit seinen Plänen zur Überwachung weit über das Ziel hinaus. Hier muss zwischen berechtigtem Interesse der Ermittlungsbehörden und dem wichtigem Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient abgewogen werden“, so Prof. Schulze.
Mit einem Schreiben der Sächsischen Landesärztekammer an den sächsischen Ministerpräsidenten soll erreicht werden, dass Sachsen am 8.Juni 2007 im Bundesrat gegen das Vorhaben stimmt. Denn in einer ärztlichen Behandlung geht es nicht nur um technische Abläufe sondern auch um intime Befindlichkeiten eines Menschen. „Das Vertrauen des Patienten gehört zur unabdingbaren Basis für eine erfolgreiche ärztliche Behandlung“, erklärte Prof. Schulze. „Wer dieses Vertrauen grundsätzlich in Frage stellt, gefährdet den Erfolg einer Behandlung.“ Eine Krankenbehandlung gehöre zur Intimsphäre jedes Menschen, die zu Recht durch das Grundgesetz und Urteile des Bundesverfassungsgerichts vor staatlichen Eingriffen geschützt werde.
Und nicht umsonst habe der 110. Deutsche Ärztetag dieses Gesetz abgelehnt.
Die Novelle der Telekommunikationsüberwachung sieht vor, das Zeugnisverweigerungsrecht von Ärzten, aber auch von Rechtsanwälten, Notaren, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern einzuschränken. Bei diesen Berufen könnten Polizei und Staatsanwalt dann verdeckt ermitteln, um eine schwere Straftat aufzuklären. Zu diesen Straftaten gehören u. a. auch Abgeordnetenbestechung, Geldfälschung, Computerbetrug, Subventions-betrug, Urkundenfälschung und Straftaten gegen den Wettbewerb. Als verdeckte Ermittlungsmaßnahmen sind vorgesehen: Rasterfahndung, Postbeschlagnahme, Telekommunikationsüberwachung, akustische Überwachung innerhalb und außerhalb von Wohnungen („kleiner Lauschangriff“), Verkehrsdatenerhebung, längerfristige Observation, Einsatz verdeckter Ermittler, Schleppnetzfahndung sowie die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung.
Ausgenommen von diesen verdeckten Ermittlungen sind u. a. Geistliche, Mitglieder des Bundes- oder Landtags sowie Strafverteidiger. Wieso Bundestagsabgeordnete ihr Zeugnisverweigerungsrecht behalten, Ärzte aber nicht, ist rechtssystematisch nicht zu erklären.