DHV-Präsident Erwin Taglieber legte sein Hauptaugenmerk auf Handlungsnotwendigkeiten, die sich für den Verband und seine mittlerweile 260 Mitgliedsunternehmen aus der aktuellen Lage der Bauwirtschaft ergeben. „In jeder Krise liegen Chancen! Es ist an uns, sie zu erkennen und gemeinsam zu ergreifen!“, lautete sein Credo.
Ganz in diesem Sinne führte Taglieber aus: „Nahezu die gesamte Baubranche befindet sich derzeit in Wartestellung – wir alle wollen wissen, wie es weitergeht. In dieser Situation bewährt sich der DHV als Kompass, der dem Holzfertigbau die Richtung weist, auf Entscheidungsträger Einfluss nimmt und seinen Mitgliedern echte Perspektiven eröffnet.“
Wächterfunktion wahrnehmen
Gegenwärtig gilt die besondere Aufmerksamkeit der Vorstandschaft des DHV Bestrebungen der BG Bau, Holzhaushersteller in eine äußerst ungünstige Beitragsklasse umzugruppieren. „Das käme bei vielen Betroffenen einer Verzehnfachung der Pflichtbeiträge gleich, wenn nicht gar mehr! Sowas kann und wird von uns nicht hingenommen werden!“, warnte Taglieber und riet den Betrieben, alle Bescheide der BG Bau mit Argusaugen zu prüfen. Dass der DHV gemeinsam mit anderen Verbänden der Holzwirtschaft gegen die willkürlich erscheinende Umgruppierung vorgehen und die BG Bau zur Umkehr bewegen will, fand auf der Herbsttagung die ungeteilte Zustimmung aller anwesenden Verbandsmitglieder.
Den Wald als Rohstofflieferant erhalten
In der Öffentlichkeit wurde in jüngster Zeit verstärkt die Frage diskutiert, ob es in Deutschland überhaupt genügend Holz gibt, um den Naturrohstoff in gleichem Umfang wie bisher als Baumaterial zu verwenden; schließlich gelte es zugleich, den Wald als Naherholungsraum zu erhalten. Erwin Taglieber, der sowohl dem DHV als auch dem Deutschen HolzWirtschaftsRat (DHWR) als Präsident vorsteht, führte hierzu aus: „Deutschland ist das waldreichste Land Europas. Dennoch müssen wir darauf achten, dass wir stets das Nachhaltigkeitsgebot beachten und dem Wald nie mehr Holz entnehmen, als nachwachsen kann. Dadurch bleibt uns der Wald sowohl als Naherholungsraum als auch als Ressourcenquelle erhalten und wir können ihm weiterhin den Baustoff Holz bedarfsgerecht entnehmen.“ Um dies auf Dauer sicherzustellen, haben Verbände der Holzwirtschaft einen runden Tisch ins Leben gerufen, der sich mit allen erdenklichen Problemstellungen rund um die Beschaffung und Verwendung des Naturrohstoffs befasst. In diesem Gremium ziehen Forst- und Holzwirtschaft unter dem Motto 'Holz rettet Klima' an einem Strang, um grundsätzliche Fragen im konstruktiven Dialog einvernehmlich, gemeinwohlorientiert und wirtschaftsfreundlich zugleich zu klären.
Schneller Wohnraum schaffen
Schon wegen des akuten Wohnraummangels – gegenwärtig fehlen in Deutschland mehrere Hunderttausend Wohnungen! – sieht der DHV Bund, Länder und Kommunen in der Pflicht, erheblich mehr Bauland auszuweisen, so dass darauf zeitnah Wohngebäude aller fünf Gebäudeklassen in bedarfsgerechter Vielfalt errichtet werden können. „Ich erwarte in der Baulandfrage von der Politik Weichenstellungen, die zu einer spürbaren Entspannung der Lage am Grundstücksmarkt führen und das Bauen in Deutschland wieder möglich machen.“, betonte DHV-Geschäftsführer Konstantin zu Dohna. Zugleich distanzierte er sich ausdrücklich von dem Vorhaben der Europäischen Union, den Holzeinschlag in ganz Europa von annähernd 500 Mio. Festmetern pro Jahr um die Hälfte reduzieren zu wollen: „Bei der jetzigen Wirtschaftslage wäre das kontraproduktiv und konjunkturschädlich.“ In Deutschland liegt der jährliche Holzeinschlag bei rund 82 Mio. Festmetern; eine Halbierung wäre ein Hemmschuh, der in keinster Weise zur wachsenden Bedeutung des Holzbaus passt.
Politische Gremienarbeit öffnet Türen
Mandatsträger brauchen verlässliche Informationen, um an parlamentarischen Beratungen und Gesetzgebungen vorausschauend und zielführend mitwirken zu können. Deshalb unterhält der DHV zusammen mit anderen holzwirtschaftlichen Verbänden eine Repräsentanz in Berlin. Leiter des DHV-Hauptstadtbüros im Haus des Holzes ist Vorstandsmitglied Ahmed al Samarraie. Er vertritt die Interessen der Holzfertigbaubranche zum Beispiel bei parlamentarischen Empfängen wie auch bei sog. Kamingesprächen mit Abgeordneten aller demokratischen Parteien. Darüber hinaus wirkt er an der Charta Holz mit, die die Weichen für politische Entscheidungsprozesse stellt, und hat stets ein waches Auge auf Gesetzgebungsvorhaben, die das Bauen mit Holz betreffen.
Vorfertigung reduziert Gesamtkosten
Wenn es darum geht, schneller als jemals zuvor qualitätvolle Wohnungen in Häusern aller Größen bereitzustellen, ist der Holzbau die beste erste Wahl: „Serielle Vorfertigung von Boden-, Wand- und Deckenelementen in trockenen Werkshallen ebenso wie die Herstellung anschlussfertiger Raummodule eröffnen uns neue Möglichkeiten, die Realisierung von Baumaßnahmen erheblich zu beschleunigen. Gebäude, für die man früher Monate oder gar Jahre brauchte, können als Holzfertig-, Holzmodul- und Holzhybridbauten oft schon nach wenigen Wochen zur Nutzung bereitstehen. Zudem wirken sich die Vorteile der seriellen Fertigung auch kostendämpfend aus, was dem Gebot sparsamer Mittelverwendung entspricht und der öffentlichen Hand stark entgegenkommen dürfte.“, erläuterte DHV-Vorstandsmitglied Ahmed al Samarraie und fügte hinzu: „Angesichts der aktuellen Bau-Depression wäre es zudem die Pflicht der öffentlichen Hand, ihre Bestandsimmobilien flächendeckend zu sanieren.“ Unternehmen im Deutschen Holzfertigbau-Verband verfügen über die erforderliche Expertise, um an praktikablen Lösungen für betroffene Gebäude beratend, planend und ausführend mitzuwirken.
Modulares Bauen und serielles Sanieren
Der DHV rechnet damit, dass Vorfertigung, Elementierung und das Bauen mit Modulen insbesondere im Gewerbe- sowie im mehrgeschossigen Wohnungsbau in Zukunft noch breiteren Raum einnehmen werden als bisher. Das erfordert neue – gewerkeübergreifende – Planungsmethoden sowie die konsequente Digitalisierung aller Prozessschritte. „Holz ist als Baustoff die Nr. 1 in allen fünf Gebäudeklassen. In GK4 und GK5 darf es jedoch nicht zu uniformen Baukörpern kommen, die auch nur im Entferntesten an den Plattenbau erinnern. Digitalisierung und Robotik können helfen, Gebäude aller Art sowohl budgetschonend zu planen als auch architektonisch ansprechend zu gestalten.“, betonte DHV-Vorstandsmitglied Gerd Prause. In diesem Kontext stellte der Leiter des Arbeitskreises Digitalisierung das Forschungsvorhaben BIM-Wood vor, an dem sich der DHV maßgeblich beteiligt. Dabei geht es um den Einsatz von Robotik und anderweitiger Maschinentechnik in der Fertigung von Holzgebäuden.
Fast 30.000 neue Bäume
Der diesjährige KlimaSchutzTag des DHV war ein voller Erfolg: Die teilnehmenden Mitgliedsfirmen konnten sich über den Besuch mehrerer Tausend Holzbauinteressenten freuen. Der umweltschonende Naturwerkstoff und seine vielfältigen vorteilhaften bauphysikalischen Eigenschaften begeisterten landauf, landab. „Im Rahmen einer vom DHV initiierten großen Aufforstungsaktion wurden am Veranstaltungstag sage und schreibe 28.910 Setzlinge gepflanzt! Ein kleiner neuer Wald wächst da heran.“, freute sich DHV-Pressereferent Peter Mackowiack über den enormen öffentlichen Zuspruch und ergänzte: „Aller Voraussicht nach wird es auch 2024 einen DHV-KlimaSchutzTag geben.“ Über das genaue Datum und die zu erwartenden Highlights des 4. bundesweiten KlimaSchutzTags wird der Deutsche Holzfertigbau-Verband rechtzeitig vorab informieren.
Holz kann mehr
Den thematischen Schwerpunkt bildeten auch bei dieser Herbsttagung Vorträge zu technischen Themen. Den Auftakt machte Wolfgang Schäfer, DHV-Geschäftsführer Technik. Er referierte über die erfreulichen Ergebnisse der Brandprüfung geklebter Plattenstöße. Ziel des Forschungsprojekts unter DHV-Beteiligung ist, die Werksverklebung von Plattenstößen mithilfe eines innovativen Klebers zu ermöglichen. Die Festigkeitsprüfung des Holzverbindungsmittels veranlasst und begleitet das Holzbauunternehmen von Walter Bauer aus Satteldorf in Baden-Württemberg; Walter Bauer ist amtierender Präsident des Holzbau Deutschland Instituts (HDI) mit Sitz in Berlin.
Bauphysiker Wolfgang Schäfer referierte weiterhin über die Muster-Holzbau-Richtlinie 2.0, die am 30. Oktober `23 veröffentlicht wurde. Sein Resümee: „Es hat sich gezeigt, dass Holztafelbau auch in Gebäudeklasse 5 ohne Wenn und Aber möglich ist!“
Aufzugsschächte in Holzbauweise
Über Schallschutz in Aufzugsschächten, die in Holzbauweise errichtet werden, referierte Adrian Blödt. Der selbstständige Schallschutz-Experte und Geschäftsführer der Firma Blödt Holzkomplettbau aus Kohlberg in der Oberpfalz verdeutlichte anhand von Messbeispielen, dass es in der Praxis mehr auf die Technik im Aufzugsschacht ankommt als auf die Bauweise der Umwandung. Das bedeutet, dass Aufzugsschächte aus Holz gefertigt werden können, ohne Konstruktionen aus Beton oder anderen Baustoffen schallschutztechnisch à priori nachzustehen. Taugliche Konstruktionsprinzipien für Aufzugsschächte in Holzbauweise stellte Adrian Blödt in Stuttgart gleichfalls vor. Darüber hinaus erläuterte er verschiedene Möglichkeiten zur Prognose von Schallausbreitungen über den Aufzugsschacht. Sein Fazit: „Der Holzbau ist Innovationstreiber im Aufzugsschachtbau!“
Holz-Architektur im Städtebau
Alexander Gumpp, Geschäftsführer des DHV-Mitgliedsunternehmens Gumpp & Maier Holzbau aus Binswangen im Allgäu, befasste sich in seinem Vortrag mit praktischen Aspekten des seriellen Sanierens von Holzgebäuden. Gumpp ging von der Annahme aus, dass das Bauen im Bestand und zeitgleich stattfindende Sanierungsmaßnahmen viele Unternehmen vor besondere Herausforderungen stellen. „Mit vorgefertigten Fassadenelementen in Holzbauweise (Anm. d. Red.: Dabei handelt es sich im konkreten Fall um vormalig genannte 'TES-Energy Fascades') werden Mieter und Bewohner während der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen nur geringfügig behelligt. Darüber hinaus ermöglicht TES die energetische Sanierung von Bestandsobjekten bis zum Erreichen des Passivhausstandards.“, führte Gumpp aus. In Kombination mit PV-Modulen lässt sich nach seinen Worten sogar der Aktivhaus-Standard erreichen, bei dem ein Gebäude zählbare Energieüberschüsse erzielt.
Noch mehr Holzwissen
Weitere Informationen über die Herbsttagung des DHV, technische Neuerungen für zeitgemäßes Bauen mit Holz sowie die Vorstellung neuer Verbandsmitglieder finden sich im Web auf https://d-h-v.de
Text und Fotos: Achim Dathe, Stuttgart
Über den Deutschen Holzfertigbau-Verband e.V. (DHV):
Mit zusammen weit über 300 Mitgliedsbetrieben bilden der Deutsche Holzfertigbau-Verband e.V. (DHV, Ostfildern; https://d-h-v.de), die Vereinigung ZimmerMeisterHaus (ZMH, Schwäbisch Hall; https://www.zmh.com) und das Netzwerk 81fünf high-tech & holzbau AG (Lüneburg; https://www.81fuenf.de) eine leistungsstarke Gemeinschaft, die übereinstimmende Interessen gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gebündelt artikuliert. Größte Organisation in diesem Verbund ist der DHV, der als zentrales Sprachrohr fungiert. Zu den Mitgliedsunternehmen der drei holzwirtschaftlichen Verbände, die das Bauen in Deutschland nachhaltig mitgestalten, zählen Holzfertigbaubetriebe, Architektur- und Planungsbüros sowie Zulieferfirmen aller baubeteiligten Gewerke. Darüber hinaus gehören Sägewerke, Baumaschinenhersteller sowie Dienstleister aus bauaffinen Branchen wie zum Beispiel Gebäude-Energieberater, Statiker, Softwareentwickler, Vermessungs-ingenieure und Medienvertreter dem holzwirtschaftlichen Interessenverbund an. Das gemeinsame Ziel heißt Holzbau komplett: von der Beratung über die Planung und Vorfertigung bis zur bezugsbereiten Ausführung von Wohnhäusern, Büro-, Gewerbe- und Zweckbauten in allen erdenklichen Formen und Größen.