"Wir hatten einmal ein klassisches Bonusmodell. Aber dann ist uns aufgefallen: Das führt zu falschem Verhalten der Mitarbeiter. Sie haben angefangen, nur noch Dinge zu tun, die gut für ihre Boni sind. So hat sich zum Beispiel kaum einer dafür engagiert, Vorträge zu halten ? was gut für die Firma wäre, aber wofür es eben keine expliziten Boni gab. Und ich bin außerdem fest davon überzeugt, dass es viel besser ist, den Mitarbeitern möglichst viel Freiheit und Verantwortung zu geben", erklärt V&S-Geschäftsführer, Benno Löffler. Und so wurde Anfang des Jahres gemeinschaftlich das neue Modell beschlossen ? und wird seitdem gelebt. "Natürlich ist das für alle ein Gewöhnungsprozess", so Löffler. "Jeder muss lernen, mit der 'neuen Macht' verantwortungsvoll umzu-gehen."
Unternehmerisches Handeln gefordert
Nun ist das Ganze aber kein "Selbstbedienungsladen". Jeder Mitarbeiter hat jederzeit Einsicht in die finanzielle Lage und es wird so auch erwartet, dass jeder in bestem Sinne unternehmerisch handelt. Jeder Mitarbeiter soll sich bei der Gehaltswahl drei Fragen beantworten. Ers-tens: "Was ist mein Beitrag zu V&S, eventuell eben auch im Vergleich zu ande-ren Kollegen?" Zweitens: "Was würde ich am freien Markt verdienen?" Und drittens: "Kann sich V&S das, was ich möchte, leisten?"
Notfalls korrigiert die Organisation
Die Geschäftsführung, deren Gehalt übrigens auf die gleiche Weise bestimmt wird, greift nur im Notfall ein. "Ich müsste natürlich handeln, wenn eine For-derung eine Bedrohung für die Firma wäre. Aber ansonsten regelt sich das von selbst. Bei einer zu hohen Forderung wird es Rebellion geben im Unternehmen, die Organisation wird solche Fälle 'ausschwitzen'. Und man kommt zu der Frage: Ist derjenige ersetzbar, bekommt man jemanden, der günstiger ist? Die entsprechende Person wird früher oder später sagen: 'Ok, Ihr habt Recht', oder sie wird freiwillig gehen", erklärt Löffler den Prozess.
Anonymisierte Gehaltsliste bei Einstellung
"Ich werde oft gefragt, wie das bei der Einstellung neuer Mitarbeiter läuft. Das ist ganz einfach: Am Ende des Bewerbungsprozesses geht der Entwurf des Arbeitsvertrages an den Bewerber. Das Feld 'monatliche Bezüge' ist im Entwurf zum Arbeitsvertrag leer. Zusätzlich bekommt er eine anonymisierte Gehaltsliste aller Mitarbeiter von V&S mit jeweiliger kurzer Kompetenz- und Auf-gabenbeschreibung. Auf Basis der Gehaltsliste und seines V&S-unabhängigen Gehaltswunsches schätzt der Bewerber nun ein, ob und wo er in das Gehalts-gefüge passt. Danach schickt er den Arbeitsvertrag an V&S. Oder auch nicht. Der Gehaltswunsch geht dann an alle V&S-Mitarbeiter, die ein VETO einlegen können.
Menschen können mit Freiheit umgehen
"Die Leute verhalten sich nicht seltsam, wenn man ihnen Freiheit und Verant-wortung überträgt. Eine abschließende Bilanz kann ich vermutlich erst in drei Jahren ziehen, aber es entwickelt sich alles in die richtige Richtung. Und unsere Lohnkosten sind übrigens jetzt auch nicht höher als früher", zieht Löffler ein zufriedenstellendes Fazit.
Weitere Informationen zum Unternehmen finden Sie unter www.v-und-s.de.