Nach einer langen Gewinnstrecke musste der Euro in der letzten Handelswoche wieder Verluste hinnehmen. Ursache waren die Äusserungen Mario Draghis auf der Pressekonferenz nach der EZB-Sitzung, wonach bei weiterer Stärke des Euro der Spielraum für geldpolitische Maßnahmen größer würde. Die Gemeinschaftswährung sackte darauf hin impulsiv ab und verlor in wenigen Minuten ca. 200 pips und durchbrach dabei sogar die wichtige Unterstützung bei 1,3400.
Mit dieser Aussage hat Mario Draghi wieder einmal bewiesen, dass er mit allen Wassern der Finanzmärkte gewaschen ist. Wie schon bei seinem "Schwur" zur Rettung des Euros reicht nun eine verbale Attacke, um den Höhenflug der Gemeinschaftswährung auszubremsen, ohne dass die Notenbank bislang eine konkrete Handlung unternehmen müsste. Der Subtext seiner Aussage lautet: "Wenn ihr abwertet, werden wir dem nicht tatenlos zusehen" - mit Blick auf die Notenbanken der USA, Japans und Großbrittaniens. Das ist noch weit entfernt vom oft bemühten "Währungskrieg" - da wären die Methoden weit ruppiger als derzeit...
Dennoch: Fakt ist und bleibt, dass die Bilanzsumme der EZB derzeit weiter schrumpft, anders als bei den expansiv vorgehenden Notenbanken anderer Währungsräume, die durch Anleihekäufe eben faktisch Geld drucken. Und solange dies so ist, wird der Euro trotz Draghis Verbalintervention wenig Spielraum nach unten haben. Mit anderen Worten: irgendwann werden Worte nicht mehr reichen, und der Markt wird die EZB früher oder später zwingen, den Worten auch Taten folgen zu lassen. Erst dann wird sich zeigen, wie erfolgreich die EZB mit ihrer Geldpolitik wirklich ist.
Dabei kochen derzeit wieder ein paar alte Sorgen hoch: eine mögliche Rückkehr Berlusconis oder das Scheitern der spanischen Regierung Rajoys, mal ganz abgesehen von den nach wie vor extrem schwachen Konjunkturdaten der Peripherieländer. Aber wenn bei den Wahlen in Italien am 25.Februar Berlusconi scheitern sollte, dürfte eine Erleichterungsralley den Euro nach oben katapultieren.
Kurzfristig aber sollte die Korrekturbewegung der Gemeinschaftswährung noch nicht beendet sein. Die entscheidende Unterstützung lokalisieren wir im Bereich 1,3250/60, deren Bruch rasche Abgaben bis 1,3150 bzw. 1,3000 nach sich ziehen sollte. Auf der Oberseite muß der Euro den Kampf mit der 1,34 gewinnen, um wieder Höhenluft zu schnuppern.
Dax:
Auch der Dax verzeichnete eine negative Handelswoche. Dabei entstand der Großteil der Verluste gleich zu Wochenbeginn mit den aufkommenden Sorgen um die Rückkehr Berlusconis sowie die Regierungskrise in Spanien, die den Dax zunächst auf 7700 Punkte drückte. Nach zaghaften Erholungsversuchen an den beiden Folgetagen sorgten die Aussagen Draghis am Donnerstag nur kurz für Freude: die einsetzende Euro-Schwäche aktivierte gewissermaßen den "risk-off-Modus" mit Abgaben im Dax bis 7560 Punkte. Bislang kann sich der Dax nicht nachhaltig von der 7600er-Marke absetzen.
Die letzte Handelswoche entpuppt sich so, zumindest kurzfristig, als "game-changer": der unbeschwerte Optimismus, dass in der Eurozone schon irgendwie alles wieder in Ordnung sei, ist erst einmal ad acta gelegt. Während die US-Märkte entspannt reagierten und beispielsweise der Dow immer noch in der Nähe der 14.000er-Marke handelt, zeigen die Aktienmärkte der Peripherie bei anziehenden Anleiherenditen wieder Schwäche, der sich auch der Dax nicht entziehen kann. Das entscheidende Datum für die nächste Weichenstellung ist nun der 25.Februar mit der Wahl in Italien, von der die Märkte naiverweise lange annahmen, dass sie für Mario Monti ein Selbstläufer würde. Immerhin gibt es bis zum 25.Februar keine neue Umfragen mehr in Italien, sodass "shocking news" erst einmal ausbleiben dürften.
In dieser Woche gibt es kaum relevante Konjunkturdaten, und auch die US-Berichtssaison ist so gut wie gelaufen. Auffällig ist jedoch die hohe Zahl von Insiderverkäufen in den USA, wie zuletzt der CEO von Google, Eric Schmidt. Das muß kurzfristig nicht heißen, dass die Märkte korrigieren, doch sollte man die Entwicklung der Insiderverkäufe ebenso im Auge behalten wie die zuletzt gestiegenen Renditen bei amerikanischen Junk Bonds, die eine gestiegene Risikoaversion signalisieren.
Wir gehen davon aus, dass die Märkte kurzfristig weiter in schwierigem Fahrwasser agieren, ohne jedoch zeitnah eine größere Korrektur einzuleiten. Sollte in Italien Berlusconi nicht an die Macht kommen, könnte eine Erleichterungsralley den Dax auf neue Jahreshochs hieven.
Auf der Unterseite sehen wir die zentrale Unterstützung bei 7440/47. Erst ein Bruch dieses ehemaligen Ausbruchsniveaus wäre mehr als nur ein Warnschuss für die Bullen. Auf der Oberseite halten wir es für unwahrscheinlich, dass der Dax bereits in dieser Woche neue Jahreshochs erreichen wird.