Wohin führt die Apothekenreise? – Zwischen politischen Hürden und Marktveränderungen
Der Life-Science-Markt floriert und verspricht Innovation und Wachstumschancen, während die Apothekenbranche ins Hintertreffen gerät. Die Ursachen für diesen Rückstand sind vielfältig, doch besonders die Blockade bei der Honoraranpassung durch die Politik sorgt für Unmut. Seit Jahren kämpfen Apotheker für eine angemessene Vergütung, die angesichts steigender Betriebskosten und wachsender Anforderungen an ihre Dienstleistungen unerlässlich wäre. Das Festhalten an veralteten Honorarsätzen unterminiert zunehmend die Wirtschaftlichkeit vieler Apotheken und erschwert langfristige Investitionen, die dringend nötig wären, um auf dem modernen Gesundheitsmarkt zu bestehen.
Die Standespolitik verweist immer wieder auf das Argument, dass der Staat die Honorarerhöhung blockiert und Apotheken daher in ihrer Entwicklung bremst. Doch reicht dieses Argument alleine aus, um den Stillstand in der Branche zu erklären? Manche Experten kritisieren, dass sich Apothekenbetreiber zu sehr auf die politische Lösung konzentrieren und zu wenig eigenständige Innovationen vorantreiben. Insbesondere die Digitalisierung und der Wandel im Gesundheitsmarkt bieten sowohl Chancen als auch Herausforderungen, denen sich die Branche stellen muss. Anstatt sich allein auf politische Lösungen zu verlassen, könnten Apotheken durch strategische Neuausrichtungen, etwa im Bereich digitaler Services oder durch Kooperationen mit anderen Gesundheitsanbietern, ihre Position stärken.
Für Apothekenbetreiber ergeben sich in diesem Spannungsfeld zahlreiche Überlegungen. Wie können sie trotz stagnierender Vergütung wirtschaftlich effizient bleiben? Welche neuen Geschäftsmodelle und Dienstleistungen könnten sie ihren Kunden anbieten, um sich von reinen Abgabestellen zu Gesundheitsdienstleistern zu entwickeln? Und wie lässt sich ein modernes Apothekenmanagement umsetzen, das sowohl den Anforderungen des Marktes als auch den wachsenden Bedürfnissen der Kunden gerecht wird? Die Antworten auf diese Fragen sind entscheidend, um den Fortbestand der Apotheken in Deutschland langfristig zu sichern.
Die Rolle der Apotheke in der Gesundheitsversorgung steht auf dem Prüfstand. Zu lange hat die Branche auf die Politik gewartet, die notwendige Anpassungen der Vergütung zu veranlassen, während sie den sich wandelnden Marktanforderungen nur zögerlich begegnet. Dabei ist es dringend erforderlich, dass Apotheken nicht nur als Abgabestellen, sondern als umfassende Gesundheitsdienstleister wahrgenommen werden. Die Abhängigkeit von einer staatlichen Entscheidung, wie hoch die Vergütung ausfallen soll, stellt für viele Apotheken eine existenzielle Bedrohung dar. Um sich in einer Welt zu behaupten, in der der Life-Science-Markt immer neue Innovationsfelder besetzt, müssen Apotheken ihre Rolle selbst definieren und gestalten.
Die Zeit drängt: Eine Umorientierung hin zu einem aktiveren, eigenverantwortlicheren Marktverhalten könnte nicht nur die Bindung zu den Patienten stärken, sondern auch die wirtschaftliche Basis sichern. Klar ist, dass die Zukunft der Apotheken mehr verlangt als eine politische Lösung – sie verlangt eine strategische Neuausrichtung.
Paxlovid-Prozess vor Gericht: Bundesgesundheitsministerium verweigert Preisoffenlegung
Im Paxlovid-Prozess vor dem Landgericht sorgte eine überraschende Entwicklung für Kontroversen: Eine Mitarbeiterin des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), die als Zeugin geladen war, erklärte, dass sie lediglich eine eingeschränkte Aussagegenehmigung erhalten habe und daher keine Angaben zum Einkaufspreis des Corona-Medikaments Paxlovid machen dürfe. Diese Entscheidung stellt einen signifikanten Wendepunkt im Verfahren dar, da der Einkaufspreis eine zentrale Rolle für die Berechnung des mutmaßlichen Schadens spielt, der durch den illegalen Verkauf des Medikaments entstanden sein soll.
Der Fall konzentriert sich auf einen Apotheker, dem vorgeworfen wird, Paxlovid ohne entsprechende Genehmigungen verkauft und damit gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, das Medikament widerrechtlich in Umlauf gebracht und damit möglicherweise erhebliche finanzielle Schäden verursacht zu haben. Doch die genaue Höhe dieses Schadens lässt sich ohne Kenntnis des Einkaufspreises kaum beziffern, wodurch die Verhandlung in eine Grauzone gerät. Für das Gericht und die Verteidigung hätte die Offenlegung des Preises entscheidende Hinweise darüber geben können, ob und in welchem Umfang ein wirtschaftlicher Schaden für den Staat oder andere Akteure tatsächlich entstanden ist.
Die Entscheidung des BMG, diese Information unter Verschluss zu halten, ruft kritische Stimmen hervor und sorgt auch bei den Prozessbeteiligten für Frustration. Der Einkaufspreis von Paxlovid ist nicht nur ein finanzieller Aspekt, sondern spiegelt auch die Transparenz wider, mit der staatliche Institutionen öffentliche Mittel verwalten und die Öffentlichkeit informieren. Viele Beobachter des Prozesses sehen hierin ein Beispiel dafür, wie Geheimhaltungspflichten mitunter die Rechtsfindung erschweren und dem Anspruch auf Aufklärung und Transparenz entgegenstehen können. Gerade im Bereich der öffentlichen Gesundheitsversorgung, wo in den letzten Jahren durch die Pandemie Milliardenbeträge bewegt wurden, nimmt die Forderung nach Einblick in die Vergabepraxis stetig zu.
Mit der eingeschränkten Aussagegenehmigung wird der Prozess nun auf der Grundlage unvollständiger Informationen fortgeführt, was möglicherweise Auswirkungen auf das Urteil und die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes haben könnte. Dieser Fall illustriert auf prägnante Weise die komplexen und häufig intransparenten Mechanismen im deutschen Gesundheitssystem, die zunehmend auf Kritik stoßen.
Der Paxlovid-Prozess ist ein Lehrbeispiel für das Spannungsverhältnis zwischen staatlicher Geheimhaltung und dem Recht der Öffentlichkeit auf Information und Transparenz. Während der Staat immer wieder betont, dass im Gesundheitssektor Vertrauen und Zuverlässigkeit höchste Priorität haben, werfen Vorgänge wie diese berechtigte Fragen nach der Transparenz staatlicher Beschaffungen auf. Es handelt sich hier nicht nur um eine juristische Auseinandersetzung, sondern um einen Grundsatzkonflikt: Wie viel Transparenz darf und sollte der Staat bei der Verwendung von Steuermitteln im Gesundheitsbereich zeigen?
Die eingeschränkte Aussagegenehmigung der BMG-Mitarbeiterin schürt Misstrauen und zeigt, wie die Mechanismen des Staates nicht immer den Ansprüchen an Klarheit und Offenheit entsprechen. Gerade die Beschaffung von Paxlovid, das als strategisch wichtiges Mittel zur Bekämpfung von Covid-19 gilt, wurde mit großem finanziellem Aufwand getätigt. Dass ausgerechnet in einem solchen Prozess die Preisgestaltung unter Verschluss gehalten wird, lässt vermuten, dass auch andere Einflussfaktoren eine Rolle spielen könnten, die das BMG nicht offenlegen will oder kann.
Aus Sicht der Öffentlichkeit besteht ein berechtigtes Interesse daran, nachvollziehen zu können, wie Steuermittel investiert werden, insbesondere in Krisenzeiten, in denen Milliardenbeträge für die Beschaffung von Medikamenten und Impfstoffen fließen. Eine ehrliche und transparente Kommunikation würde nicht nur das Vertrauen in staatliche Institutionen stärken, sondern könnte auch zur Aufklärung des Falls beitragen und ein präziseres Bild des entstandenen Schadens vermitteln. Wenn staatliche Institutionen Transparenz jedoch einschränken, entsteht ein Klima des Misstrauens, das weitreichende Folgen für das Verhältnis zwischen Bürgern und Staat haben kann.
Dass der Einkaufspreis des Medikaments nicht veröffentlicht wird, mag auf gesetzlichen Regelungen basieren, doch der Schaden für das öffentliche Vertrauen ist beträchtlich. Gerade die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass staatliche Akteure im Gesundheitsbereich transparent handeln und keine wichtigen Informationen unter Verschluss halten. In einem Prozess wie diesem, der als Präzedenzfall betrachtet wird, sollte der Staat die Chance nutzen, mit Offenheit und Nachvollziehbarkeit zu agieren und so das Vertrauen in die Institutionen zu stärken. Nur so kann das Bild eines verantwortungsvollen Umgangs mit Steuergeldern nachhaltig verankert werden.
Sichere Daten, sichere Zukunft? – Neues ePA-Sicherheitskonzept auf dem Prüfstand
Am 15. Januar 2025 startet die neue elektronische Patientenakte (ePA) in Deutschland, ein bedeutender Schritt für das Gesundheitswesen. Die ePA verspricht eine zentrale digitale Lösung, in der Patienten ihre Gesundheitsdaten, einschließlich sensibler Informationen wie Diagnosehistorien und Therapiepläne, sicher speichern und mit behandelnden Ärzten teilen können. Angesichts der enormen Verantwortung, diese Daten vor Missbrauch und unbefugtem Zugriff zu schützen, hat die gematik, die Gesellschaft für Telematik im Gesundheitswesen, ein umfassendes Sicherheitskonzept entwickelt. Dieses Konzept wurde vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) eingehend geprüft und als geeignet bewertet, um die strengen Anforderungen an Datenschutz und -sicherheit zu erfüllen.
Für Apothekenbetreiber eröffnet die Einführung der ePA sowohl neue Chancen als auch Herausforderungen. Mit dem Zugang zu patientenrelevanten Daten können Apotheken die Versorgung optimieren, etwa bei der Medikamentenberatung oder beim Management chronischer Erkrankungen. Doch die Verantwortung für den Datenschutz wächst, und Apotheken müssen technische und organisatorische Vorkehrungen treffen, um Datenverluste und Sicherheitslücken zu verhindern. Hier rückt die Frage nach einer eigenen Cyber-Versicherung in den Fokus. Während die ePA selbst durch staatlich geprüfte Sicherheitskonzepte geschützt ist, stehen Apotheken bei potenziellen eigenen Vermögensschäden, etwa durch Cyberangriffe auf interne Systeme, in der Haftung.
Eine Cyber-Versicherung bietet hier wertvollen Schutz, indem sie im Falle eines Sicherheitsvorfalls finanzielle Absicherung gewährt und gleichzeitig technische sowie rechtliche Unterstützung sicherstellt. Gerade in Zeiten wachsender Cyberbedrohungen, in denen Gesundheitsdaten zu den wertvollsten digitalen Informationen gehören, wird eine solche Versicherung für Apothekenbetreiber zur Notwendigkeit. Sie ermöglicht eine schnelle Reaktion auf Angriffe und verhindert, dass Apotheken im Schadensfall wirtschaftlich gefährdet werden. Auch die Priorisierung präventiver Maßnahmen wie regelmäßige IT-Schulungen und technische Updates wird in diesem Zusammenhang immer wichtiger.
Die elektronische Patientenakte stellt das deutsche Gesundheitssystem vor eine zentrale Herausforderung: den Schutz hochsensibler Gesundheitsdaten in einer zunehmend digitalisierten Welt. Die Prüfbescheinigung des Fraunhofer SIT ist ein positives Signal und ein Beweis für die Sorgfalt, mit der an diesem Projekt gearbeitet wurde. Dennoch bleibt die Verantwortung für den Schutz dieser Daten nicht nur bei der gematik, sondern bei allen Akteuren, die im Gesundheitswesen tätig sind. Apotheken müssen ihre eigene IT-Infrastruktur absichern, um Datenverluste oder -missbrauch zu verhindern und die Integrität des digitalen Gesundheitsnetzes zu gewährleisten.
In diesem Kontext ist eine Cyber-Versicherung keine Option, sondern eine betriebliche Notwendigkeit, um Apotheken wirtschaftlich zu schützen und deren Zukunftsfähigkeit zu sichern. In einer Welt, in der Cyberangriffe und Datenverluste gravierende wirtschaftliche und rechtliche Konsequenzen haben können, sollte der Abschluss einer umfassenden Versicherung Teil der Unternehmensstrategie jeder Apotheke sein. Die Cyber-Versicherung bietet zudem im Ernstfall eine unverzichtbare Unterstützung – sowohl finanziell als auch rechtlich. Eine lückenlose Absicherung und eine konsequente Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen werden so zur Basis einer sicheren digitalen Zukunft im Gesundheitswesen.
Cyber-Security in Apotheken: Schutz vor digitalen Bedrohungen ist Pflicht
Die digitale Transformation im Gesundheitswesen bringt Apotheken erhebliche Vorteile, wie die Digitalisierung des Rezeptwesens und die vereinfachte Kommunikation mit Ärzten und Krankenkassen. Doch mit diesen Innovationen steigt die Gefahr von Cyberangriffen. Für Apotheken geht es heute nicht nur darum, technisch auf dem neuesten Stand zu sein, sondern auch einen umfassenden Schutz für sensible Gesundheitsdaten und Betriebsprozesse zu gewährleisten. Hier sind fünf zentrale Grundregeln, die Apothekenbetreiber zur Sicherung ihrer digitalen Infrastruktur beachten sollten:
Erstens muss der Schutz vor Malware und Ransomware höchste Priorität haben. Pharmadaten und Patientendaten sind für Angreifer wertvoll, weshalb Apotheken ein leistungsfähiges Anti-Malware-System einsetzen sollten, das regelmäßig aktualisiert wird. Zweitens ist die Mitarbeiterschulung entscheidend. Angestellte müssen über aktuelle Gefahren informiert sein und den sicheren Umgang mit verdächtigen E-Mails oder Links kennen. Drittens sollten regelmäßige Backups erfolgen, idealerweise auf externen, offline gespeicherten Servern, um Datenverlust zu vermeiden. Viertens sind Zugriffsrechte strikt zu regeln. Nicht jeder Mitarbeitende benötigt vollen Zugriff auf alle IT-Systeme, und ein Minimalprinzip schützt vor internen wie externen Risiken. Fünftens sollte die Infrastruktur durch Firewalls und ein umfassendes Netzwerk-Monitoring gesichert werden, um verdächtige Aktivitäten frühzeitig zu erkennen.
Eine spezielle Cyberversicherung gewinnt zunehmend an Bedeutung, denn Schäden durch Cyberangriffe, etwa Betriebsausfälle oder Datenverluste, können Apotheken teuer zu stehen kommen. Diese Versicherung kann finanzielle Folgen abfangen und bietet oft eine Krisenhotline sowie Unterstützung bei der Schadenbegrenzung. Eine Cyberversicherung sollte daher eine zentrale Rolle im Risikomanagement von Apotheken einnehmen. Sie bietet nicht nur Absicherung, sondern ermöglicht eine strategische Vorbereitung auf mögliche Angriffe.
Die Bedeutung der IT-Sicherheit für Apotheken wächst stetig, doch oft unterschätzen Betreiber die Risiken. Die digitalen Anforderungen sind anspruchsvoll und erfordern ein Konzept, das nicht nur technische Tools, sondern auch organisatorische Maßnahmen integriert. Der Schutz vor Cyberangriffen ist längst keine „Zusatzoption“ mehr, sondern ein Muss. Apothekenbetreiber, die sich nicht um ihre IT-Sicherheit kümmern, riskieren nicht nur finanzielle Einbußen, sondern auch das Vertrauen ihrer Kunden. Eine Cyberversicherung ist keine Lösung für alle Probleme, doch sie schließt eine essenzielle Lücke im Schutzkonzept und hilft, im Ernstfall schnell zu reagieren.
Neue Adipositas-Leitlinie: Hoffnung, Kritik und die Frage nach Interessenkonflikten
Mit Spannung erwartet und viel diskutiert: Die neue Adipositas-Leitlinie, die im Oktober 2024 veröffentlicht wurde, stellt die medikamentöse Therapie bei Übergewicht und Fettleibigkeit in den Fokus und sorgt damit für lebhafte Debatten. Vor allem die Empfehlungen zu GLP-1-Agonisten, wie Semaglutid und Liraglutid, werfen Fragen auf. Während die Leitlinie darauf abzielt, wissenschaftlich fundierte Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, äußert das Transparenzportal „leitlinienwatch.de“ Kritik an einer der zentralen Empfehlungen. Insbesondere die Empfehlung 5.29B wird hinterfragt, da sie den Einsatz von Medikamenten zur langfristigen Gewichtserhaltung vorsieht – eine Entscheidung, die laut Leitlinienwatch auf einer einzigen, von Hersteller Novo Nordisk finanzierten Studie basiert und Langzeitdaten zur Sicherheit und Wirksamkeit vermissen lässt.
Die Leitlinie selbst geht auf Unsicherheiten ein und beschreibt die Empfehlung als Option („Kann-Empfehlung“) ohne zwingenden Charakter. Nach dem GRADE-Ansatz wird die Qualität der Evidenz für diese Empfehlung als hoch eingestuft, basiert jedoch fast ausschließlich auf der STEP-4-Studie von Novo Nordisk. In dieser randomisierten Studie wurde nachgewiesen, dass Patienten durch die fortgesetzte Einnahme von Semaglutid im Vergleich zu einem Placebo nach 48 Wochen signifikant weniger an Gewicht zugenommen haben. Allerdings fehlen umfassende Meta-Analysen zu den Langzeiteffekten, was die Basis für langfristige Empfehlungen einschränkt. Die Leitlinie geht dennoch auf diese Unsicherheiten ein und vermerkt, dass es derzeit an ausreichenden Langzeitdaten mangelt.
Ein weiteres kontroverses Thema ist die Zusammensetzung der Leitliniengruppe. Von den 38 an der Leitlinie beteiligten Autoren haben 17 Interessenkonflikte offengelegt, darunter auch Honorare von Pharmafirmen wie Novo Nordisk, was die Neutralität der Entscheidungsfindung infrage stellt. Leitlinienwatch kritisiert, dass Mitglieder mit Interessenkonflikten in entscheidenden Abstimmungen mitgewirkt haben, auch wenn die Leitlinie Transparenzmaßnahmen wie Doppelabstimmungen eingeführt hat. Nach dem Protokoll der AWMF dürfen Mitglieder mit „moderaten“ Interessenkonflikten an wesentlichen Abstimmungen nicht teilnehmen, dennoch blieb die tatsächliche Zahl der Enthaltungen oft unterhalb der Anzahl der betroffenen Mitglieder.
Leitlinienwatch vergibt für die Bemühungen um Transparenz drei von drei möglichen Bonuspunkten, weist jedoch darauf hin, dass die Adipositas-Leitlinie insgesamt lediglich neun von 18 möglichen Punkten erreicht und damit im Mittelfeld rangiert. Das Fehlen einer externen Beratung und die Transparenzdefizite in der öffentlichen Konsultation werden ebenfalls kritisiert. Trotzdem erkennt das Portal die Arbeit der Leitliniengruppe an und bewertet sie nicht als reformbedürftig, empfiehlt jedoch eine kritische Lektüre für behandelnde Ärzte und Patienten gleichermaßen.
Die neue Adipositas-Leitlinie markiert einen wichtigen Schritt in der Behandlung von Übergewicht, doch die Reaktionen auf ihre Empfehlungen zeigen auch Schwachstellen im System auf. Die Einbindung von Experten, die finanzielle Verbindungen zu Pharmaunternehmen pflegen, wirft Fragen zur Unabhängigkeit auf, obwohl die Leitlinie bemerkenswerte Transparenzmaßnahmen eingeführt hat. Interessenkonflikte in medizinischen Leitlinien sind ein strukturelles Problem, das an das Vertrauen der Öffentlichkeit in evidenzbasierte Empfehlungen rührt. Gleichzeitig zeigt sich, dass die wissenschaftliche Basis für langfristige pharmakologische Therapieansätze bei Adipositas noch lückenhaft ist. Es ist richtig, dass die Leitlinie betont, dass derzeit fundierte Langzeitstudien fehlen. Doch auch ohne diese Kritik bleibt der zentrale Punkt bestehen: Die Behandlung der Adipositas sollte sorgfältig und auf individueller Basis erfolgen, gestützt auf fundierte, unabhängige Daten – die Notwendigkeit für mehr Forschung und unabhängige Studien ist unverkennbar.
Bundestag diskutiert Gesundheitsreform: ABDA-Forderungen bleiben ungehört
Im Gesundheitsausschuss des Bundestags wurde heute der Entwurf des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) erörtert. Trotz des faktischen Endes der Ampelkoalition legten SPD und Grüne kurz vor der Anhörung noch 18 Änderungsanträge vor, die fachfremde Themen betrafen. Die Forderungen der ABDA zur Aufhebung der Skonto-Deckelung blieben jedoch außen vor, was bei der Standesvertretung der Apotheker auf Enttäuschung stößt. Die ABDA drängte in einer am Vortag veröffentlichten Stellungnahme auf eine Korrektur der Arzneimittelpreisverordnung, um handelsübliche Skonti auf den Abgabepreis wieder zuzulassen. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte diese Praxis unterbunden und Apotheken damit finanziell belastet. Ein Eingreifen des Gesetzgebers würde nicht nur Klarheit schaffen, sondern den Apotheken wirtschaftlich dringend notwendige Spielräume zurückgeben. Ferner forderte die ABDA größere Flexibilität bei der Auswahl von Arzneimitteln, um den Apothekenbetrieb in Zeiten zunehmender Versorgungsengpässe zu erleichtern.
Trotz dieser Dringlichkeit fand die Skonto-Frage im Ausschuss keine Beachtung. Auch ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, die als Gast geladen war, erhielt keine Gelegenheit, ihre Forderungen vorzutragen. Stattdessen dominierten die Stellungnahmen von Ärzte- und Kassenvertretern die Diskussion. Der Vorsitzende des Hausärzteverbands, Markus Beier, appellierte an den Bundestag, die mit dem Gesetz geplante Entbudgetierung der Hausarztversorgung rasch umzusetzen. Diese Maßnahme solle Praxisgründungen und den Einstieg junger Ärzte fördern, um den zunehmenden Versorgungsengpässen entgegenzuwirken. Beiers Position wurde von Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), unterstützt, der die Budgetierung als innovationshemmend und für viele Nachwuchsmediziner abschreckend bezeichnete.
Eine andere Perspektive vertrat Markus Grunenberg, der im Namen des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) die geplante Entbudgetierung als kostentreibend kritisierte. Laut Grunenberg würde die Maßnahme Mehrausgaben von rund 400 Millionen Euro jährlich verursachen, ohne die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum wesentlich zu verbessern. Auch Dirk Heinrich vom Spitzenverband der Fachärzte Deutschlands (SpiFa) äußerte sich kritisch. Er bemängelte, dass die Fachärzte im GVSG nicht berücksichtigt wurden, obwohl sie ebenfalls unter Budgetbeschränkungen leiden, die zu langen Wartezeiten führen.
Professor Ferdinand Gerlach, als Einzelsachverständiger geladen, sprach sich für die unverzügliche Umsetzung der GVSG-Maßnahmen aus. Gerlach warnte davor, angesichts der prekären Versorgungslage und zahlreicher Praxis-Schließungen dringende Reformen aufzuschieben. Die Parteien sollten im Interesse der Patienten gemeinsame Lösungen finden, statt die Pläne auf die Zeit nach der Bundestagswahl 2025 zu vertagen.
Der GVSG-Entwurf umfasst wesentliche Reformen, wie die Entbudgetierung der Hausärzte und die Einführung von Versorgungs- und Vorhaltepauschalen. Weitere ursprünglich vorgesehene Maßnahmen, wie Gesundheitskioske, neue Medizinstudienplätze und Primärversorgungszentren, sind allerdings bereits gestrichen worden. Ob die verbleibenden Reformelemente umgesetzt werden, bleibt angesichts der aktuellen politischen Ungewissheiten offen.
Dass die ABDA-Forderungen zur Skonto-Frage bei der heutigen Anhörung erneut übergangen wurden, unterstreicht das Spannungsfeld zwischen politischem Entscheidungsdruck und den wirtschaftlichen Realitäten der Apotheken. Die BGH-Entscheidung zur Skonto-Deckelung hat die Apotheken in eine finanziell prekäre Lage gebracht. Angesichts des Kostendrucks und der immer knapper werdenden finanziellen Spielräume wäre eine Anpassung der Arzneimittelpreisverordnung eine schnelle und wirksame Unterstützung gewesen, die die ABDA nicht zu Unrecht forderte. Doch im Gesundheitswesen kämpfen viele Akteure um Gehör – und die Hausärzte, die im Mittelpunkt der heutigen Diskussion standen, haben ebenfalls nachvollziehbare Anliegen.
Die Budgetierung stellt seit Jahren eine Hürde für Hausarztpraxen dar und erschwert den Berufseinstieg für junge Ärzte. Der Ruf nach einer raschen Entbudgetierung ist deshalb aus ärztlicher Sicht verständlich und notwendig, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Doch während die Hausärzte heute Priorität hatten, bleibt fraglich, wann den Anliegen der Apotheken wieder Gehör geschenkt wird. Wenn die Politik Apotheken als tragenden Bestandteil der Gesundheitsversorgung wirklich stärken möchte, sollten auch ihre Anliegen nicht übergangen werden.
Neue Wege in der Migränetherapie: Triptane, Gepante und Prophylaxe im Fokus
In Deutschland leiden Millionen Menschen unter wiederkehrenden Migräneattacken, die Lebensqualität und Alltagsgestaltung erheblich beeinträchtigen können. Während leichte bis moderate Kopfschmerzen oft mit Analgetika behandelt werden, erfordert die Migräne eine umfassendere Strategie. Dr. Torsten Kraya, Neurologe und Chefarzt am Klinikum St. Georg in Leipzig, betonte beim diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Berlin die drei zentralen Säulen der Migränetherapie: Akutbehandlung, prophylaktische Maßnahmen und die konsequente Führung eines Kopfschmerztagebuchs. Ziel der Akutbehandlung sei es, Migräneattacken schnell und nachhaltig zu unterbrechen und so das Risiko einer Chronifizierung zu reduzieren. Die frühe und ausreichende Dosierung von Medikamenten spiele hierbei eine entscheidende Rolle, erklärte Kraya.
Für leichte bis mittelschwere Attacken eignen sich laut Kraya schmerzstillende Substanzen wie Ibuprofen, Naproxen oder auch Kombinationspräparate, die ASS, Paracetamol und Koffein enthalten. Bei stärkeren Attacken und unzureichender Wirkung von Analgetika kommen Triptane ins Spiel. Diese Wirkstoffgruppe, die gezielt die Serotoninrezeptoren aktiviert, reduziert die Ausschüttung des Botenstoffs CGRP, der maßgeblich an der Entstehung von Migräneschmerzen beteiligt ist. Triptane lassen sich in verschiedenen Formulierungen und Wirkdauern einsetzen: von oralen Tabletten über nasale Applikationen bis hin zu subkutanen Injektionen, die bei schnell einsetzenden und intensiven Attacken bevorzugt werden.
Doch auch Triptane sind nicht für jeden geeignet. Für etwa 13 Prozent der Patienten mit Kontraindikationen oder unzureichender Triptanwirkung bieten neue Substanzen wie die Ditane eine Alternative. Der seit kurzem verfügbare Wirkstoff Lasmiditan wirkt an einem anderen Rezeptor und kommt ohne die gefäßverengende Wirkung der Triptane aus, was ihn auch für Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen geeignet macht. Kraya verwies zudem auf das Potenzial der Gepante, die eine flexible Handhabung erlauben. Diese neuartige Wirkstoffklasse bietet erstmals die Möglichkeit einer situationsangepassten Prophylaxe, insbesondere bei menstrueller Migräne, und eröffnet damit neue Perspektiven in der Therapiegestaltung.
Die prophylaktische Behandlung von Migräne, wie sie Dr. Robert Fleischmann von der Universitätsmedizin Greifswald vorstellte, richtet sich vor allem an Patienten mit vier oder mehr Kopfschmerztagen pro Monat. Eine wirksame Prophylaxe könne die Anzahl der Migränetage signifikant reduzieren und das Risiko einer Chronifizierung senken, so Fleischmann. Die moderne Migräneprophylaxe orientiert sich zunehmend an CGRP-Antikörpern wie Anti-Erenumab (Aimovig®), die sich als wirksamer und verträglicher gegenüber klassischen Antiepileptika erweisen. Dennoch bleiben altbewährte Wirkstoffe wie Amitriptylin, Betablocker und Flunarizin weiterhin wichtige Optionen in der langfristigen Behandlung, insbesondere bei Patienten ohne Zugang zu den neueren Antikörpertherapien.
Eine der spannendsten Entwicklungen in der Migränetherapie ist die Einführung der Gepante. Diese Wirkstoffe, die sowohl in der Akut- als auch in der Prophylaxebehandlung verwendet werden können, bieten erstmals eine flexible Anwendungsoption, die auch auf kurzfristige Bedürfnisse eingehen kann. Sie ermöglichen eine situative Prophylaxe, die besonders bei menstrueller Migräne sinnvoll sein könnte. Damit zeigt sich, dass die Migränebehandlung zunehmend individualisiert und an die Bedürfnisse der Patienten angepasst wird, was langfristig eine spürbare Verbesserung der Lebensqualität verspricht.
Migräne bleibt trotz medizinischer Fortschritte eine große Herausforderung für Betroffene und Ärzte. Die Einführung neuer Wirkstoffklassen wie den Gepanten zeigt jedoch, dass die Forschung sich zunehmend differenzierten Lösungsansätzen zuwendet. Anstatt sich nur auf die Behandlung einzelner Attacken zu konzentrieren, wird die Migränetherapie nun an die individuellen Bedürfnisse der Patienten angepasst, was vielversprechende Erfolge verspricht. Gerade für Betroffene, die auf herkömmliche Triptane nicht ansprechen, eröffnen sich mit den Ditanen und Gepanten innovative Alternativen. Die Möglichkeit, flexibel und je nach Bedarf zwischen Akut- und Prophylaxetherapie zu wechseln, markiert einen wichtigen Fortschritt in der personalisierten Migränebehandlung. Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass diese Entwicklungen nicht nur die Lebensqualität verbessern, sondern auch die Krankheitslast und die Belastung durch Schmerzmittelgebrauch verringern können.
Weltdiabetestag im Talkshow-Format: Ein Blick auf Leben, Therapie und Aufklärung
In einem neuen Talkshow-Format zum Weltdiabetestag bringt Prof. Dr. Thomas Haak, Chefarzt einer Diabetesklinik, Patienten und Experten auf eine Bühne, um das Thema Diabetes aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Die Show „Weltdiabetestag – Das Magazin“ bietet Betroffenen eine Plattform, um über ihren Alltag zu sprechen und gesellschaftliche Vorurteile abzubauen. Gemeinsam mit dem Diabetologen Dr. Jens Kröger, erster Vorsitzender von diabetes.de, eröffnet Haak die Sendung mit einem Überblick über aktuelle Entwicklungen in der Therapie und Versorgung von Diabetes-Patienten.
Als erster Gast tritt der Musiker und Typ-1-Diabetiker Samuel Rösch, Gewinner von „The Voice of Germany“ 2018, auf. Rösch berichtet offen über seine Diagnose, die er zunächst verschwiegen hatte, aus Angst, sie könnte seine Musikkarriere beeinträchtigen. Erst im Verlauf des Wettbewerbs fand er den Mut, offen mit seinem Diabetes umzugehen – ein Schritt, der ihm half, Vorurteile und Missverständnisse, wie die verbreitete Annahme, Diabetes betreffe nur ältere Menschen, zu entkräften. Diese Erfahrungen hat er in seinem Song „Rückwärtsgang“ verarbeitet, der von seinem Umgang mit der Krankheit erzählt.
Im weiteren Verlauf der Sendung spricht Serdar Deniz, Typ-2-Diabetiker und Podcaster, über seine Therapieerfahrungen mit einem GLP-1-Agonisten, einem Wirkstoff, der den Blutzucker reguliert und den Gewichtsverlust fördert. Zunächst führte die Therapie bei Deniz zu einer deutlichen Gewichtsreduktion, doch nach etwa sechs Monaten stagnierte dieser Effekt. Prof. Dr. Stephan Jacob bestätigt, dass dies ein gängiges Muster bei der Behandlung mit GLP-1-Agonisten ist und betont, dass die Ursachen dafür noch erforscht werden müssen.
Zusätzlich stellt die Sendung die Kampagne „Sag es laut, sag es solidarisch“ vor, die Menschen mit Diabetes ermutigt, ihre Anliegen öffentlich zu machen. Unter den „Lautsprecherinnen“ ist Susanne Thiemann, eine Typ-1-Diabetikerin und Betreiberin des Blogs „@diagranny“, die sich für ältere Diabetiker einsetzt und auf die Notwendigkeit spezialisierter Fortbildungen für Pflegekräfte hinweist. Mit ihr diskutiert Annika Ziercke, ebenfalls Diabetikerin und „Sinnfluencerin“, die über ihre Erfahrungen mit Diskriminierung spricht und eine breitere Nutzung moderner Technologien zur Unterstützung von Typ-2-Diabetikern fordert.
Zum Abschluss widmet sich Haak den technologischen Fortschritten in der Diabetesversorgung. Gemeinsam mit Dr. Bernhard Gehr und der Bloggerin Stephanie Haack wird die Bedeutung moderner Diabetes-Technologien wie Insulinpumpen und kontinuierliche Glukosemessgeräte hervorgehoben. Beide Experten betonen, dass der technologische Fortschritt die Lebensqualität von Diabetikern erheblich verbessern kann, auch wenn die Systeme noch nicht perfekt sind und es Raum für Weiterentwicklung gibt.
Die Talkshow „Weltdiabetestag – Das Magazin“ zeigt beispielhaft, wie moderne Gesundheitskommunikation Menschen direkt anspricht. Prof. Dr. Haak gelingt es, ein ernstes Thema in ein unterhaltsames Format zu verpacken, ohne die Dringlichkeit der Problematik zu mindern. Betroffene wie Samuel Rösch und Serdar Deniz machen dabei sichtbar, dass Diabetes jede Altersgruppe betreffen und jeden Alltag beeinflussen kann. Ihre Geschichten verdeutlichen, dass Aufklärung und gegenseitiges Verständnis entscheidend sind, um Vorurteile abzubauen und den gesellschaftlichen Umgang mit Diabetes zu verbessern. Haak und sein Team leisten mit diesem Format einen wertvollen Beitrag, nicht nur zur Aufklärung, sondern auch zur Entstigmatisierung der Krankheit, indem sie Wissen mit persönlichen Geschichten verbinden und so den Zugang zum Thema erleichtern.
Unsichtbares Gemeingut – Die Ausstellung zur Luft im Deutschen Hygiene Museum Dresden
Die Sonderausstellung des Deutschen Hygiene Museums Dresden stellt die Luft, das unsichtbare und allgegenwärtige Element, in den Mittelpunkt und beleuchtet ihre physikalischen, kulturellen und sozialen Dimensionen. Dabei wird Luft als ein globales Gemeingut verstanden, das unter wachsendem Druck durch Umweltverschmutzung und Klimawandel steht. Der Ausstellung gelingt es, ein Thema greifbar zu machen, das sonst so schwer fassbar erscheint. Physikalische Eigenschaften und die Zusammensetzung der Luft werden in der Ausstellung ebenso behandelt wie historische Vorstellungen und wissenschaftliche Fortschritte.
Ein besonderer Fokus liegt auf der sogenannten Miasmentheorie. Diese jahrhundertelang verbreitete Vorstellung beschrieb krankmachende Ausdünstungen, sogenannte Miasmen, die durch Zersetzung in Sümpfen oder auf Friedhöfen entstanden. Man glaubte, sie könnten über die Luft Krankheiten verbreiten. Selbst die Entdeckung des Cholera-Bakteriums im 19. Jahrhundert änderte lange nichts an dieser Überzeugung. Erst Robert Kochs Nachweis des Cholera-Erregers im Jahr 1883 schob die Miasmentheorie zugunsten moderner mikrobiologischer Erklärungen beiseite.
Auch die Bedeutung von Luft im Bergbau wird thematisiert: Früher war das Risiko, giftigen Gasen unter Tage ausgesetzt zu sein, für Bergleute allgegenwärtig. Kanarienvögel dienten als natürliche Frühwarnsysteme für solche Luftgefahren. Wenn der Vogel aufhörte zu singen, war dies ein Zeichen für schädliche Gase – eine Erinnerung an die lebensbedrohliche Rolle der Luftqualität. Dabei wurden spezielle Sauerstoffkäfige entwickelt, um die Tiere bei Vergiftungen notfalls zu retten, was die Wichtigkeit von reiner Luft selbst unter extremen Bedingungen zeigt.
Zusätzlich wirft die Ausstellung einen Blick auf den globalen Mineralstaub, der die Hälfte des troposphärischen Aerosols ausmacht. Ein Großteil dieses Staubs stammt aus der Sahara und trägt zur Streuung des Sonnenlichts und zur Wolkenbildung bei, indem er als Kondensationskeim dient. Diese Rolle der Luft als unsichtbares Verbindungsglied zwischen Natur und Klima wird durch solche globalen Zusammenhänge in den Vordergrund gerückt.
Ergänzend zur Ausstellung erscheint ein begleitender Podcast. Er thematisiert unter anderem Luftverschmutzung, Smog, Algen zur Verbesserung der Luftqualität und die Bedeutung von Luft in der Kulinarik. Themen wie musikalische Darstellungen von Luft und die Vorstellung von Luftschlössern bringen neue Perspektiven auf das Element und zeigen, wie sehr die Luft in allen Lebensbereichen präsent ist.
Mit der Ausstellung im Deutschen Hygiene Museum Dresden wird Luft in vielerlei Hinsicht „sichtbar“ gemacht. Der Blick auf die Geschichte der Miasmen zeigt, wie stark sich die Vorstellung über Luft und ihre Gefahren gewandelt hat – von einem vermeintlich krankmachenden Dunst hin zu einem Medium, das Mikroorganismen transportiert. Auch der historische Einsatz von Kanarienvögeln im Bergbau verdeutlicht, wie kritisch die Luftqualität für das Überleben ist und wie Menschen lange vor wissenschaftlichen Messinstrumenten auf natürliche Frühwarnsysteme angewiesen waren. Besonders beeindruckend ist der Blick auf globale Phänomene wie den Mineralstaub, der zeigt, wie eng die Luftverschmutzung in einem Kontinent mit klimatischen Prozessen auf anderen Kontinenten verknüpft ist. Die Ausstellung macht deutlich, dass Luft nicht nur ein unsichtbares Element ist, sondern ein hochwirksames Bindeglied zwischen Mensch und Umwelt, das geschützt und bewahrt werden muss.
Pflegekosten und Altersvorsorge: Warum Apotheker jetzt auf private Absicherung setzen sollten
Steigende Pflegekosten und die Belastungen für Senioren werfen Fragen auf, die auch für Apotheker von großer Bedeutung sind. Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag des PKV-Verbandes zeigt, dass mehr als 70 Prozent der Rentnerhaushalte in der Lage sind, Pflegekosten über Jahre hinweg zu tragen. Doch die Autoren warnen, dass eine Ausweitung der Leistungen in der gesetzlichen Pflegeversicherung, wie sie oft diskutiert wird, nicht nur teuer, sondern auch ineffizient und verteilungspolitisch problematisch wäre. Diese Erkenntnisse verdeutlichen die Bedeutung der privaten Vorsorge.
Für Apotheker, die sich häufig als Selbstständige auf die eigene wirtschaftliche Sicherheit verlassen müssen, sind diese Entwicklungen ein Weckruf, um die eigene Altersvorsorge zu überprüfen. Die gesetzliche Pflegeversicherung deckt lediglich Grundbedarfe ab und lässt erhebliche finanzielle Lücken für den Fall einer langjährigen Pflegebedürftigkeit. Hier setzt die private Pflegezusatzversicherung an, die gezielt für zusätzliche Absicherung sorgt. Apotheker, die sich frühzeitig für eine solche Zusatzversicherung entscheiden, können sich besser gegen das Risiko hoher Eigenanteile wappnen und vermeiden so, im Alter von hohen Pflegekosten überrascht zu werden.
In Anbetracht der eigenen Verantwortung, die oft auch die Absicherung von Mitarbeitern umfasst, ergibt sich für Apotheker eine doppelte Priorität: Neben der finanziellen Sicherstellung des eigenen Lebensabends und des Fortbestands der Apotheke kann eine private Pflegezusatzversicherung ein entscheidendes Sicherheitsnetz bieten. Die Investition in eine Zusatzversicherung ist insbesondere für Selbstständige sinnvoll, da sie tendenziell weniger durch staatliche Absicherungen gedeckt sind und eine größere Eigenverantwortung für die eigene Altersvorsorge tragen.
Die Frage nach der Pflegevorsorge gewinnt gerade für Apotheker, die oft in ihrer unternehmerischen Rolle stark eingebunden sind, zunehmend an Gewicht. Auch wenn die Studie des IW zeigt, dass viele Rentner die Kosten für die Pflege aufbringen können, ist dies keine Garantie für die Zukunft. Ein stark belastetes staatliches Gesundheitssystem und die Unsicherheiten bei der Finanzierung erfordern zunehmend private Vorsorge.
Apotheker stehen vor der Herausforderung, eine umfassende Vorsorge für sich selbst und, soweit es die Arbeitsverhältnisse betreffen könnte, auch für ihr Team zu gewährleisten. Die private Pflegezusatzversicherung bietet in dieser Hinsicht eine finanzielle Entlastung und kann langfristig auch helfen, die Apotheke selbst in schwierigen Zeiten abzusichern. So wird das Risiko, von einer plötzlichen Kostenlast überrascht zu werden, verringert – ein wichtiger Schritt, um sowohl den eigenen Lebensabend als auch die betriebliche Zukunft sicherzustellen.
Von Engin Günder, Fachjournalist