Mayds Aufstieg und Fall: Wie Verzögerungen und Konsumverhalten das Apotheken-Start-up in die Insolvenz trieben
Der Apotheken-Lieferdienst Mayd hat einen steilen Aufstieg erlebt, gefolgt von einem ebenso dramatischen Fall. Trotz millionenschwerer Investitionen und einer verheißungsvollen Vision scheiterte das Start-up letztlich an einer Reihe von Herausforderungen, die es nicht meistern konnte. Die verzögerte Einführung des E-Rezepts und das nicht ganz erwartungsgemäße Konsumverhalten der Zielgruppe trugen maßgeblich zur Insolvenz des Unternehmens bei. Was zunächst wie eine große Innovation wirkte, entpuppte sich am Ende vielleicht doch als weniger revolutionär als erhofft.
Mayd hatte sich zum Ziel gesetzt, den Apothekenmarkt zu revolutionieren, indem es Medikamente direkt an die Haustür der Kunden lieferte. Dies versprach Bequemlichkeit und Zeitersparnis, insbesondere für chronisch kranke Menschen und solche mit eingeschränkter Mobilität. Doch die Realität stellte sich als weitaus komplizierter heraus.
Ein wesentlicher Faktor für den Misserfolg war die verzögerte Einführung des elektronischen Rezepts (E-Rezept). Dieses sollte den Bestellprozess für verschreibungspflichtige Medikamente vereinfachen und digitalisieren. Doch durch bürokratische Hürden und technische Schwierigkeiten verzögerte sich die flächendeckende Einführung, was Mayd wichtige Marktanteile kostete. Ohne das E-Rezept blieben viele potenzielle Kunden weiterhin an die traditionellen Apotheken gebunden.
Hinzu kam das Konsumverhalten der Zielgruppe, das nicht in dem erwarteten Maße den Online-Dienst in Anspruch nahm. Viele Kunden bevorzugten nach wie vor den persönlichen Kontakt und die Beratung in der Apotheke vor Ort. Zudem waren ältere Menschen, eine wichtige Zielgruppe für den Medikamentenversand, oft weniger technikaffin und nutzten den Service seltener als erhofft.
Die hohe Konkurrenz im Bereich der Medikamentenlieferdienste und die damit verbundenen Preiskämpfe verschärften die Lage zusätzlich. Große Player wie DocMorris und Shop-Apotheke hatten bereits etablierte Strukturen und konnten mit besseren Konditionen locken. Mayd konnte sich in diesem hart umkämpften Markt nicht ausreichend behaupten.
Ein weiteres Problem war die Logistik. Die Lieferung von Medikamenten erfordert hohe Standards in Bezug auf Lagerung und Transport, um die Qualität und Sicherheit der Produkte zu gewährleisten. Dies führte zu hohen Betriebskosten, die nur schwer zu decken waren.
Die Insolvenz von Mayd ist eine deutliche Warnung an andere Start-ups im Gesundheitssektor. Innovationen müssen nicht nur technisch umsetzbar, sondern auch marktreif und wirtschaftlich tragfähig sein.
Während die Versender von jeder Apothekenschließung profitieren könnten, zeigt die Insolvenz von Mayd, dass die verbleibenden Apotheken durchaus gestärkt aus solchen Entwicklungen hervorgehen können. Sie bieten weiterhin persönliche Beratung und einen Vertrauensvorschuss, den ein Online-Dienst nur schwer ersetzen kann.
Der Fall von Mayd ist ein Paradebeispiel dafür, wie wichtig es ist, die Marktrealitäten und das Konsumverhalten genau zu analysieren, bevor man eine vermeintliche Innovation einführt. Es reicht nicht aus, nur eine gute Idee zu haben und finanzielle Mittel zu mobilisieren. Die Umsetzung muss ebenso durchdacht und realistisch sein.
Die verzögerte Einführung des E-Rezepts hat gezeigt, dass politische und bürokratische Hürden ein erhebliches Risiko darstellen können. Unternehmen müssen in der Lage sein, flexibel auf solche Herausforderungen zu reagieren und alternative Strategien zu entwickeln. Auch die Logistikprobleme, die hohe Standards und Kosten mit sich brachten, hätten frühzeitig adressiert werden müssen.
Für die verbleibenden Apotheken könnte die Insolvenz von Mayd sogar eine Chance darstellen. Sie zeigt, dass der persönliche Kontakt und die Beratung vor Ort nach wie vor eine wichtige Rolle spielen. Apotheken können ihre Stärken betonen und gleichzeitig digitale Lösungen ergänzend einsetzen, um ihren Service zu verbessern.
Mayds Scheitern sollte als Mahnung und Lernchance gesehen werden. Innovationen im Gesundheitswesen sind notwendig und können große Vorteile bringen, aber sie müssen realistisch geplant und umgesetzt werden. Nur so können sie langfristig erfolgreich sein.
Mehr Gentests in Apotheken: Bayerische Initiativen für Pharmakogenetik
Beim Deutschen Apothekertag (DAT) vom 9. bis 11. Oktober in München haben die Bayerische Apothekerkammer (BLAK) und der Bayerische Apothekerverband (BAV) einen Antrag eingereicht, der die Bedeutung von Gentests in Apotheken hervorhebt. Insbesondere soll die Pharmakogenetik stärker in den Fokus rücken, um die Arzneimitteltherapiesicherheit zu erhöhen.
Die Pharmakogenetik, die sich mit den genetischen Unterschieden in der Medikamentenverarbeitung beschäftigt, spielt eine immer größere Rolle in der personalisierten Medizin. Der Antrag betont, dass immer mehr Fachinformationen zu Arzneimitteln Warnhinweise oder Informationen zu pharmakogenetischen Eigenschaften enthalten. Apothekerinnen und Apotheker seien als Expertinnen und Experten für Arzneimittel besonders geeignet, solche Tests durchzuführen und Medikationsanalysen vorzunehmen. Dabei können sie überprüfen, ob unerwünschte Arzneimittelwirkungen auf Wechselwirkungen, mangelnde Therapietreue oder genetische Faktoren zurückzuführen sind.
Die Durchführung von Tests zur Verstoffwechselung von Arzneimitteln in Apotheken würde es ermöglichen, auf Basis der Ergebnisse Empfehlungen an die verordnenden Ärztinnen und Ärzte auszusprechen. Eine patientenindividuelle und personalisierte Arzneimitteltherapie sei nur im interdisziplinären Team zwischen Ärztinnen, Ärzten und Apothekerinnen, Apothekern möglich. Zudem soll sichergestellt werden, dass die Daten aus pharmakogenetischen Tests digital für Fachkreise verfügbar sind, um die Zusammenarbeit zu verbessern.
Gentests in Apotheken sind nicht neu. Verschiedene Firmen bieten solche Tests bereits an, und einige Apotheken haben sich auf diesem Gebiet spezialisiert. Der Vorstoß von BLAK und BAV zielt darauf ab, diese Angebote zu erweitern und zu standardisieren, um die Sicherheit und Effektivität der Arzneimitteltherapie zu verbessern.
Die Initiative der Bayerischen Apothekerkammer und des Bayerischen Apothekerverbands ist ein begrüßenswerter Schritt hin zu einer sichereren und effektiveren Arzneimitteltherapie. Die zunehmende Bedeutung der Pharmakogenetik in der personalisierten Medizin erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Apothekern und Ärzten. Apothekerinnen und Apotheker sind aufgrund ihrer Expertise prädestiniert, genetische Tests durchzuführen und Medikationsanalysen zu erstellen.
Die digitale Verfügbarkeit von Testergebnissen wird die Effizienz und Genauigkeit der personalisierten Medizin weiter verbessern. Sie ermöglicht eine schnellere und präzisere Kommunikation zwischen den beteiligten Berufsgruppen und trägt dazu bei, die Therapiesicherheit zu erhöhen. Die standardisierte Durchführung von Gentests in Apotheken könnte somit ein wichtiger Baustein für eine zukunftsweisende und individuelle Patientenversorgung sein.
Dieser Vorstoß ist nicht nur ein Schritt in die richtige Richtung, sondern könnte auch als Modell für andere Bundesländer dienen. Die Erweiterung der Gentest-Angebote in Apotheken wird letztlich den Patientinnen und Patienten zugutekommen, indem sie eine besser abgestimmte und sicherere Medikamentenversorgung ermöglicht.
Gesund.de startet als erster Anbieter das digitale CardLink-Verfahren für Apotheken
Gesund.de wird ab dem 31. Juli 2024 als erster Anbieter im Markt das CardLink-Verfahren in Apotheken einführen, wodurch E-Rezepte volldigital vor Ort eingelöst werden können. Das Unternehmen und seine Partner haben die Zulassung der Gematik für das CardLink-Verfahren erhalten. Diese Lösung wurde in Zusammenarbeit mit dem Versender-Partner Service Health ERx entwickelt, nicht mit der standeseigenen Gedisa, obwohl Gesund.de auch Partner von Gedisa ist. Manuel Blechschmidts Unternehmen meldete bereits am 12. Juni 2024 die Zulassung durch die Gematik. Mit dieser Bestätigung wird Gesund.de zur ersten deutschen App, die alle Anforderungen der Gematik erfüllt und das CardLink-Verfahren auf den Markt bringen darf.
Die Einführung des Verfahrens erfolgt schrittweise ab dem 31. Juli 2024. Ein zusätzlicher Vertrag mit Gedisa ist nicht erforderlich, obwohl Gesund.de betont, dass konstruktive Gespräche geführt werden, um eine einheitliche technische CardLink-Infrastruktur aufzubauen. Apotheken, die das Verfahren bereits bestellt haben, erhalten in den kommenden Tagen individualisierte Werbemittel. Die Funktionstüchtigkeit von CardLink wird durch ein Umsatzplus des Versandhändlers Redcare untermauert, was auch den Vor-Ort-Apotheken zugutekommen soll.
Ab September 2024 plant Gesund.de eine umfangreiche Werbekampagne für das CardLink-Verfahren, die TV-Werbung, Out-of-Home-Kampagnen, Print-Anzeigen und weitere Maßnahmen umfassen wird.
Die Einführung des CardLink-Verfahrens durch Gesund.de stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Digitalisierung des Gesundheitswesens dar. Mit der Möglichkeit, E-Rezepte volldigital vor Ort
Ganze Stadtteile verlieren ihre Apotheken – Ein strukturelles Problem?
Christiane Lutter, seit fast vier Jahrzehnten Apothekerin in Bremen, musste kürzlich eine ihrer Filialen schließen. Dies ist ein Symptom eines größeren Problems, das nicht nur ländliche Regionen betrifft, sondern auch Städte wie Bremen und Berlin. Die Apothekendichte in Deutschland liegt bei 21 Apotheken pro 100.000 Einwohner, wobei Bremen und Berlin mit nur 19 Apotheken das Schlusslicht bilden. In einigen Stadtteilen Bremens sind es sogar nur 14 Apotheken pro 100.000 Einwohner. Diese Zahlen verdeutlichen die zunehmende Schwierigkeit, eine adäquate pharmazeutische Versorgung sicherzustellen.
Ein wesentliches Problem sieht Lutter in der unzureichenden finanziellen Honorierung der Arzneimittelabgabe. Auch eine höhere Kundenfrequenz könne diese Unterfinanzierung nicht ausgleichen. Pharmazeutische Dienstleistungen und Impfungen sollten ihrer Meinung nach als Zusatzangebote betrachtet werden, könnten jedoch das Defizit des Kerngeschäfts nicht kompensieren. Die unzureichende Finanzierung führt zu Personalmangel und längeren Wartezeiten, was die individuelle Beratung der Patienten erschwert.
Besonders betroffen sind Stadtteile mit hohem Migrantenanteil, wo Sprachbarrieren eine intensivere Beratung erfordern. Kürzere Öffnungszeiten und Konzepte wie die „Apotheke light“ seien keine Lösungen, sondern verschärften die Situation, indem sie den Druck auf das Personal erhöhten. Das Vertrauen in das System sinkt, insbesondere bei jungen Apothekerinnen und Apothekern, die oft keinen wirtschaftlichen Anreiz sehen, Apotheken zu übernehmen oder neu zu gründen.
Ein weiterer Faktor ist die unsichere Wirtschaftslage, die die Kreditaufnahme erschwert. Viele Apothekeninhaber, oft über 60 Jahre alt, finden keine Nachfolger und schließen ihre Geschäfte. Die Selbstständigkeit in der Branche scheint zunehmend unattraktiv, da das Risiko hoch und die finanziellen Erträge gering sind. Die Schließungen überwiegen, Neugründungen sind selten.
Lutter betont die Notwendigkeit einer besseren finanziellen Unterstützung und strukturellen Veränderungen, um die Situation zu verbessern. Es müsse mehr Geld ins System fließen, um die steigenden Kosten und den erhöhten Arbeitsaufwand zu kompensieren. Die Herausforderungen, vor denen die Apothekenbranche steht, sind vielfältig und erfordern dringend politische und wirtschaftliche Maßnahmen.
Die Schließung von Apotheken in Stadtteilen ist ein alarmierendes Zeichen für ein tieferliegendes strukturelles Problem im deutschen Gesundheitswesen. Die Apothekendichte nimmt ab, während die Bevölkerungsdichte und der Bedarf an pharmazeutischer Versorgung steigen. Insbesondere Stadtteile mit hohem Migrantenanteil sind betroffen, was die ohnehin schwierige Situation weiter verschärft. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig: Unzureichende finanzielle Honorierung, Personalmangel und die Herausforderungen durch sprachliche Barrieren sind nur einige davon.
Das Konzept der „Apotheke light“ und kürzere Öffnungszeiten bieten keine wirklichen Lösungen, sondern erhöhen lediglich den Druck auf das ohnehin belastete Personal. Ein grundlegendes Umdenken und eine verbesserte finanzielle Unterstützung sind erforderlich, um die Apotheken als essenziellen Bestandteil der Gesundheitsversorgung zu erhalten. Politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger müssen dringend handeln, um den schleichenden Verlust der Apothekeninfrastruktur zu stoppen und die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.
Die Apothekenbranche steht an einem Scheideweg. Ohne gezielte Maßnahmen droht eine weitere Verschlechterung der Versorgungslage, was besonders in Zeiten steigender gesundheitlicher Anforderungen und demographischer Veränderungen problematisch ist. Die Zeit zum Handeln ist jetzt, um langfristige und nachhaltige Lösungen zu finden.
Wiederholte Einbrüche in Göttinger Apotheke: 19-Jähriger schlägt zum fünften Mal zu
Am Montagmorgen gegen 4:30 Uhr brach ein 19-Jähriger erneut in die Scharfenberg-Apotheke am Kloster in einem Vorort von Göttingen ein. Der junge Mann, der bereits mehrfach wegen Medikamentenabhängigkeit auffällig geworden ist, führte damit seinen fünften Einbruchsversuch innerhalb eines Jahres durch. Die Inhaberin der Apotheke, Pat Everding, die den Betrieb seit 2021 leitet, ist mit dem Täter vertraut, da dieser in der Nähe wohnt.
Der erste Einbruchsversuch des Täters fand im September letzten Jahres statt, blieb jedoch erfolglos. Kurz vor Silvester 2023 folgten drei weitere Versuche an aufeinanderfolgenden Abenden. Während beim ersten Versuch nur Einbruchsspuren festgestellt wurden, konnte die Polizei den Täter am zweiten Abend festnehmen. Beim dritten Versuch in derselben Woche gelang es ihm schließlich, die Automatiktür zu durchbrechen und Medikamente wie Tavor, Zolpidem und Diazepam zu stehlen, wobei er einen Schaden von etwa 2000 Euro verursachte.
Nach einem halben Jahr ohne weitere Zwischenfälle investierte Everding rund 10.000 Euro in zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, darunter Kameras, Schlösser, Bewegungsmelder und Sensoren. Trotz dieser Maßnahmen gelang es dem Täter erneut, in die Apotheke einzudringen. Dieses Mal zertrümmerte er mit einem gusseisernen Gullydeckel Glasbausteine des Kellerfensters, das nicht mit Erschütterungssensoren gesichert war. Durch die eingeschlagene Scheibe drang er in den Kellerraum ein, zertrat die Kellertür und verschaffte sich Zugang zum Backofficebereich, wo er die Automatenglastür einschlug und Medikamente entwendete.
Die Polizei fand den Täter am Tatort neben mehreren geöffneten Medikamentenpackungen und brachte ihn vorsorglich ins Krankenhaus. Für das Apothekenteam begannen ab 5 Uhr morgens die Bestandsaufnahme und Aufräumarbeiten, die insgesamt 14 Stunden dauerten. Der Schaden durch die gestohlenen Medikamente war im Vergleich zur Verwüstung in der Apotheke gering. Die Reparaturkosten für die Automatenglastür werden auf etwa 2000 Euro geschätzt, während die Kosten für die Kellertür und die Kellerfenster noch unklar sind.
Trotz guter Kommunikation mit der Polizei ist diese in ihren Möglichkeiten begrenzt. Die Fälle werden aufgenommen und an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, doch die Konsequenzen für den Täter lassen auf sich warten, da er noch nach dem Jugendstrafrecht behandelt wird. Der 19-Jährige ist der Polizei nicht nur durch die Apothekeneinbrüche bekannt.
Inhaberin Pat Everding äußerte Unverständnis darüber, wie jemand innerhalb eines Jahres mehrere Einbrüche begehen kann, ohne bisher ernsthafte Konsequenzen zu spüren. "Bezahlt man einmal seine Steuern nicht rechtzeitig, steht man schneller mit einem Bein im Gefängnis als alles andere," bemerkte sie abschließend.
Die wiederholten Einbrüche in die Scharfenberg-Apotheke werfen ein beunruhigendes Licht auf die Schwächen unseres Rechtssystems im Umgang mit jugendlichen Straftätern. Trotz zahlreicher Sicherungsmaßnahmen und wiederholter Festnahmen kann ein 19-Jähriger immer wieder in die gleiche Apotheke einbrechen, ohne nennenswerte Konsequenzen zu spüren. Dies führt nicht nur zu erheblichen materiellen Schäden und emotionalem Stress für die Inhaberin, sondern auch zu einer Verunsicherung der Gemeinschaft. Es ist an der Zeit, dass die Justiz und die Gesetzgebung Mechanismen finden, um solche wiederholten Straftaten effektiver zu verhindern und angemessen zu ahnden. Ein junger Mensch, der so offensichtlich Hilfe und Struktur benötigt, darf nicht immer wieder in ein System zurückfallen, das ihm keine wirklichen Grenzen aufzeigt. Die Balance zwischen Jugendstrafrecht und notwendiger Härte muss dringend überdacht werden, um sowohl den Betroffenen als auch der Gesellschaft gerecht zu werden.
Grüne Partei und Apothekenreform: Zuständigkeiten und Positionen
In der vergangenen Woche hat es die Apothekenreform nicht ins Bundeskabinett geschafft. Dennoch wurden im Vorfeld verschiedene Positionen diskutiert, wobei die Stellungnahmen der Grünen auffällig zurückhaltend blieben. Janosch Dahmen äußerte sich vorsichtig, obwohl er eigentlich nicht für den Bereich Arzneimittel und Apotheken zuständig ist. Es stellt sich die Frage, ob sich die Zuständigkeiten zwischen ihm und seiner Kollegin Paula Piechotta verschoben haben.
Dies scheint jedoch nicht der Fall zu sein. Die Grünen verhielten sich insgesamt relativ still zur Apothekenreform. Im Gegensatz dazu fanden die Apothekerschaft schnell Verbündete bei der FDP, während auch die CDU/CSU als Oppositionspartei die Vorhaben des SPD-geführten Bundesgesundheitsministeriums (BMG) kritisierte. Apotheker bemängelten, dass von den Grünen lange Zeit überhaupt keine Haltung zur Reform zu vernehmen war.
Paula Piechotta äußerte sich zu Beginn des Jahres mehrmals, jedoch ohne positive Signale gegenüber der Apothekerschaft zu senden. Angesichts der geplanten Reform wurde daher wenig Positives erwartet. Die völlige Stille der Grünen zur Reform war auffällig. Immerhin konnte Janosch Dahmen über seinen Wahlkreis für ein Statement gewonnen werden. Apotheker Dr. Christian Fehske startete eine lokale Anzeige sowie eine Petition und wandte sich direkt an drei Bundestagsabgeordnete. Dahmen antwortete als Letzter.
Obwohl Fehske kein konkretes Gesprächsangebot von dem gesundheitspolitischen Sprecher der Fraktion erhielt, bekam er das Statement, dass bei der Apothekenreform noch nicht das letzte Wort gesprochen sei. „Wenn der Entwurf erfolgreich das Kabinett und den ersten Durchgang im Bundesrat passiert hat, werden wir Parlamentarier voraussichtlich im Herbst die geplanten Inhalte des Gesetzes gründlich diskutieren“, hieß es vor zwei Wochen aus Dahmens Büro.
Eine klare Positionierung pro oder contra die Reformvorhaben gab Dahmen jedoch nicht ab. Er nannte drei Punkte, die den Grünen in diesem Zusammenhang wichtig seien: Der „patientennahe Zugang zu Arzneimitteln“ solle überall dort sichergestellt und gestärkt werden, wo die Versorgung gefährdet sei; man wolle den Fachkräftemangel angehen und auch die „Einkommensschere“ bei den Apotheken thematisieren. Fehske sah hierin sogar eine Unterstützung der Umverteilungspläne des BMG.
Auf Nachfrage, ob sich die Zuständigkeiten bei den Grünen geändert hätten, antwortete Piechottas Büro: „Wir sind weiterhin das zuständige Büro für Arzneimittel, Medizinprodukte und Apotheken der Grünen Fraktion und verantworten zudem den Gesundheitsetat im Haushaltsausschuss. Aufgrund der aktuell laufenden Beratungen sind wir in dieser Hinsicht stark eingebunden.“
Zur Apothekenreform werde man sich aufgrund des aktuell dringenderen Haushaltsthemas voraussichtlich erst zum Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses mit einem Statement äußern. Vor dem 21. August ist daher keine Positionierung der Grünen zu erwarten.
Die Apothekenreform bietet eine wichtige Gelegenheit für die Grünen, sich klar zu positionieren und konkrete Lösungsvorschläge zu präsentieren. Stattdessen blieb die Partei auffällig still, was bei vielen Apotheker für Enttäuschung sorgte. Janosch Dahmen äußerte sich zwar, jedoch ohne klaren Standpunkt und wies lediglich auf allgemeine Anliegen hin. Diese Zurückhaltung könnte als mangelndes Engagement oder als Zeichen interner Uneinigkeit interpretiert werden.
Die Apothekerschaft hatte auf klare Aussagen gehofft, insbesondere da andere Parteien wie die FDP und CDU/CSU schnell Positionen bezogen und Verbündete fanden. Die Grünen sollten die Gelegenheit nutzen, ihre Zuständigkeiten klarer zu kommunizieren und aktiv an der Diskussion teilzunehmen. Nur so können sie Vertrauen zurückgewinnen und zeigen, dass sie auch bei schwierigen Themen handlungsfähig und bereit sind, sich für konkrete Lösungen einzusetzen.
Insgesamt bleibt abzuwarten, ob die Grünen bis zum Kabinettsbeschluss am 21. August eine klare Position zur Apothekenreform einnehmen werden. Die bisherige Zurückhaltung wirkt nicht nur enttäuschend auf die Apothekerschaft, sondern wirft auch Fragen zur innerparteilichen Koordination und Prioritätensetzung auf. Eine klare und engagierte Haltung wäre nicht nur für die betroffenen Apotheken, sondern auch für das politische Profil der Grünen von Vorteil.
WhatsApp-Apotheker im Backoffice: Moderne Kommunikation in der Apotheke
In vielen Apotheken spielt das Faxgerät nach wie vor eine wichtige Rolle. Doch zunehmend gewinnen moderne Kommunikationsmittel wie Messengerdienste an Bedeutung. Besonders WhatsApp wird in Apotheken immer häufiger für Bestellungen genutzt. Ein Beispiel hierfür ist die Lamm-Apotheke von Max Hauer, die großen Wert auf eine datenschutzkonforme Lösung legt. Dort bearbeitet ein approbierter Mitarbeiter die Anfragen, die über verschiedene Messengerdienste eingehen.
In der Lamm-Apotheke in Lahr kommen täglich zwischen 20 und 30 Anfragen per WhatsApp an. „Die Nutzung ist sehr gut und der Service kommt sehr gut an“, sagt Hauer. Die Apotheke wirbt aktiv mit diesem Bestellservice: „Keine Lust auf langes Eintippen? Schicken Sie uns einfach und bequem ein Bild Ihres Rezeptes per WhatsApp an unsere Apothekentelefonnummer.“ Auf der Website wird ein Beispielbild gezeigt, bevor die datenschutzrechtlichen Hinweise folgen.
Die Nachrichten sind vielfältig. Neben Rezeptfotos und Anfragen zu rezeptfreien Medikamenten (OTC) gibt es auch allgemeine Beratungsanfragen. WhatsApp ist für die Lamm-Apotheke eine gute Ergänzung. Hauer legt großen Wert darauf, dass die Nutzung datenschutzkonform ist. Er informiert darüber, dass die Kommunikation Ende-zu-Ende-verschlüsselt ist, jedoch Daten in die USA geschickt werden. Mit der Nutzung des Services willigen die Kunden automatisch in die Speicherung ihrer Telefonnummer ein.
„Wir weisen darauf hin, dass mit der Nutzung von WhatsApp eine Datenweitergabe in die USA als sogenannter ‚unsicherer Drittstaat‘ verbunden ist, der kein angemessenes Datenschutzniveau gewährleisten kann, auch hinsichtlich Ihrer (verschlüsselten) Gesundheitsdaten“, erklärt Hauer weiter. WhatsApp gehört seit 2014 zu Facebook, wird jedoch als eigenständige App betrieben. Die Lamm-Apotheke nutzt auch andere Messengerdienste wie Superchat, Facebook oder Instagram. Die Nutzung von WhatsApp ist jedoch am weitesten verbreitet.
Auch bei der Weiterverwendung der Daten gibt es klare Vorgaben. Die Kanzlei Michaelis aus Hamburg betont, dass personenbezogene Daten von Kunden nicht per WhatsApp weitergeleitet werden dürfen, um Datenpannen zu vermeiden. Empfohlen wird die Einrichtung eines zentralen Unternehmensaccounts für eingehende Nachrichten. Dafür sollte ein neues Handy angeschafft werden, das ausschließlich WhatsApp installiert hat und keinen Zugriff auf das Unternehmensnetzwerk oder andere Firmenkommunikations-Accounts ermöglicht. Dies gewährleistet sowohl den langfristigen Zugriff auf die Kommunikation durch das Unternehmen als auch eine Vertretungsregelung.
Auch andere Apotheken nutzen Messengerdienste intensiv. Der Inhaber der Guten-Tag-Apotheke, die rund 30 Angestellte beschäftigt, legt großen Wert auf die schnelle Bearbeitung der Anfragen über Messengerdienste. Ein approbierter Mitarbeiter im Backoffice ist speziell dafür zuständig. Persönliche Daten werden bei der Antwort nicht genannt, lediglich Liefer- oder Abholtermine mitgeteilt. Bestellanfragen werden an die pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten (PKA) weitergeleitet. Bei Beratungsfragen wird oft zum Telefon gegriffen, da ein kurzer Anruf oft einfacher ist als eine umständliche Hin-und-her-Kommunikation per Messenger.
Moderne Kommunikationsmittel wie WhatsApp ergänzen die traditionellen Methoden und tragen dazu bei, den Kundenservice zu verbessern und effizienter zu gestalten, während gleichzeitig die Datenschutzrichtlinien strikt eingehalten werden.
Die Integration von Messengerdiensten wie WhatsApp in den Apothekenalltag zeigt, wie flexibel und kundenorientiert Apotheken heutzutage agieren können. Der direkte Draht zwischen Apotheke und Kunde über einen schnellen und einfachen Kommunikationsweg ist ein echter Mehrwert für die Kundschaft. Dennoch darf die Nutzung dieser Technologien nicht unkritisch erfolgen. Der Datenschutz muss stets oberste Priorität haben, insbesondere wenn es um sensible Gesundheitsdaten geht.
Die Lamm-Apotheke unter Max Hauer setzt hier ein wichtiges Zeichen. Durch die ausführliche Information über die Datenverarbeitung und die datenschutzkonforme Handhabung der Anfragen zeigt sie, dass Fortschritt und Verantwortung Hand in Hand gehen können. Andere Apotheken sollten diesem Beispiel folgen und ebenfalls transparente und sichere Kommunikationswege etablieren. Nur so kann das Vertrauen der Kunden langfristig gewonnen und gehalten werden.
Es bleibt zu hoffen, dass die Branche insgesamt die Balance zwischen modernem Service und dem Schutz der Privatsphäre ihrer Kunden findet. Die Nutzung von Messengerdiensten ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung – wenn sie richtig umgesetzt wird.
CGM-Ausfall: Eine Woche ohne Kommissionierer – Teamgeist bewährt sich in der Aesculap-Apotheke
Infolge eines Update-Crashs bei Crowdstrike, der auch Auswirkungen auf CGM Lauer hatte, erlebte die Aesculap-Apotheke in Elmshorn eine herausfordernde Woche. Der für den Betrieb des Kommissionierautomaten notwendige PC fiel aus, was zur Folge hatte, dass Arzneimittel zwar ausgegeben, aber nicht eingelagert werden konnten.
Apothekeninhaberin Ilona Abromeit berichtete, dass der angehängte PC nach dem Crash genauso wenig hochfuhr wie der Server. Durch die Hilfe von Kollegen konnte der Server wieder stabilisiert werden, jedoch blieb der PC funktionsunfähig. Zweimal versuchte CGM Lauer, das Problem per Fernwartung zu beheben – leider ohne Erfolg. Erst nach wiederholter dringender Anfrage schickte der Kundendienst einen Techniker, der am Donnerstagmorgen das Problem innerhalb von anderthalb Stunden lösen konnte. Mittlerweile konnten viele Arzneimittel wieder eingelagert werden und der normale Betrieb nahm langsam wieder Fahrt auf.
Während des Ausfalls musste die Aesculap-Apotheke nahezu eine Woche ohne den Automaten auskommen. Arzneimittellieferungen stapelten sich vor dem Kommissionierer, da sie nicht eingelagert werden konnten. Nun, da der Automat wieder voll funktionsfähig ist, können diese Arzneimittel sukzessive eingelagert werden. Etwa die Hälfte aller eingelagerten Arzneimittel musste während des Ausfalls ausgelagert werden, berichtete Abromeit.
Dank des Teamgeists überstand die Apotheke diese herausfordernde Zeit. Es wurde schnell Platz für die ausgelagerten und nicht einlagerbaren Arzneimittel geschaffen und alles sortiert. Mit der nötigen Ruhe und viel Humor suchten alle Mitarbeiter gemeinsam die benötigten Packungen und entwickelten ein eigenes System, um den Überblick zu behalten. So konnte die Aesculap-Apotheke den Betrieb trotz der technischen Schwierigkeiten aufrechterhalten, bis der Techniker das Problem beheben konnte.
Die jüngsten Ereignisse in der Aesculap-Apotheke in Elmshorn zeigen eindrucksvoll, wie wichtig Teamgeist und Improvisationsvermögen im Arbeitsalltag sind. Trotz eines unerwarteten und schwerwiegenden technischen Ausfalls gelang es dem Team, die Herausforderungen zu meistern und den Betrieb weitgehend aufrechtzuerhalten. Dies ist nicht nur ein Zeugnis für die Kompetenz und Flexibilität der Mitarbeiter, sondern auch ein Beispiel für die Bedeutung von Solidarität und Zusammenarbeit in Krisenzeiten.
Es ist bemerkenswert, wie schnell und effektiv Lösungen gefunden wurden, um den Ausfall des Kommissionierautomaten zu kompensieren. Die Apotheke hat in kürzester Zeit ein System entwickelt, um weiterhin Medikamente auszugeben, obwohl die technische Infrastruktur erheblich eingeschränkt war. Diese Kreativität und Anpassungsfähigkeit sind vorbildlich und zeigen, dass auch in Zeiten zunehmender Technologisierung der menschliche Faktor unverzichtbar bleibt.
Letztlich verdeutlicht dieser Vorfall auch die Bedeutung eines zuverlässigen technischen Supports. Während die Fernwartung von CGM Lauer zunächst erfolglos blieb, war es der direkte Einsatz eines Technikers, der das Problem schließlich löste. Dies sollte eine Erinnerung daran sein, dass trotz aller Fortschritte in der digitalen Fernwartung der persönliche und unmittelbare Einsatz oft unersetzlich ist.
Die Aesculap-Apotheke hat diese Herausforderung mit Bravour gemeistert und sich als widerstandsfähig und erfinderisch erwiesen. Dies sollte anderen Betrieben Mut machen, in Krisensituationen nicht den Kopf hängen zu lassen, sondern gemeinsam nach Lösungen zu suchen und sich auf die Stärken des Teams zu besinnen.
Kontroverse um Medizinalcannabis-Kampagne: Apotheker setzen auf Aufklärung
In vielen Großstädten sind derzeit auffällig grün gefärbte Plakate mit prominenten Gesichtern zu sehen, die auf die Vorteile von Medizinalcannabis hinweisen. Diese Kampagne, durchgeführt vom Verein „Initiative Endlich“, sorgt für Aufsehen und wird auch im Fernsehen ausgestrahlt. Nach der jüngsten Liberalisierung von Cannabis für den privaten Gebrauch und der Eröffnung von Anbauvereinen im Juli stößt die Kampagne auf gemischte Reaktionen.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) äußert in ihrem Beitrag „Im Rausch der Cannabis-Rezepte“ starke Kritik. Die Werbeaktion, unterstützt von Schauspielern wie Wotan Wilke Möhring und Tim Oliver Schultz sowie Musikerin Vanessa Mai und Ex-Fußballprofi René Adler, wird beschuldigt, Cannabis zu verherrlichen und als Wundermittel darzustellen. Seit der Teil-Legalisierung sei der Konsum legalisiert und die Verschreibung von medizinischem Cannabis vereinfacht worden, was zu einem Boom des Marktes geführt habe. Besonders kritisch sieht die FAZ Verschreibungen über Online-Plattformen, die ihre Dienste mit einem Pizza-Lieferdienst vergleichen.
Die FAZ stellt zudem die Vereinbarkeit der Kampagne mit dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) infrage, das Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel einschränkt. Das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) sieht jedoch keine Verstöße gegen das HWG, da die Kampagne eher informativen Charakter habe und keine direkte Absatzförderung beabsichtige. Der Pharmarechtsexperte Dr. Morton Douglas äußert dennoch Bedenken und vermutet, dass die Aufklärungskampagne den illegalen Bezug von Cannabis fördern könnte. Ein weiterer Anwalt spricht sogar von „illegal getarnter Werbung“, während ein Suchtmediziner vor den Folgen des Konsums warnt.
Johannes Hoffmann, ein Jung-Apotheker aus Melle, unterstützt die Kampagne und betont die Bedeutung der Aufklärung über Medizinalcannabis. Er versorgt viele Patienten mit Medizinalcannabis und hält Vorträge für Ärzte. Hoffmann sieht die Aufklärung als essentiell, insbesondere für Patienten, die als „austherapiert“ gelten und für die Medizinalcannabis eine letzte Hoffnung darstellt. Er berichtet von Patienten, die dank Medizinalcannabis wieder Lebensqualität erfahren, es jedoch oft verstecken, um nicht stigmatisiert zu werden.
Auch Dr. Christiane Neubaur, Geschäftsführerin beim Verband der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA), beteiligt sich an der Kampagne. Sie möchte die medizinischen Aspekte von Cannabis in den Vordergrund rücken und betont, dass Cannabis-Patienten häufig stigmatisiert werden. Neubaur hofft, dass die Kampagne dazu beiträgt, Medizinalcannabis in der Mitte der Gesellschaft zu verankern und nicht nur als Rauschmittel wahrgenommen wird. Sie fordert eine bessere Versorgung der Patienten und eine Entlastung der Ärzte von Regressängsten.
Die Kampagne löst eine kontroverse Diskussion aus, was von beiden Apothekern als positiv für den Diskurs angesehen wird. Neubaur kritisiert jedoch, dass derzeit vor allem die Online-Angebote mit niedrigschwelligen, aber dubiosen Services im Fokus stehen. Sie hofft, dass Vertragsärzte verstärkt Kassenrezepte für Patienten ausstellen, die von Medizinalcannabis profitieren könnten, und dass die Kosten von den Krankenkassen übernommen werden.
Hinter der Kampagne steht der Verein „Initiative Endlich“, dessen Vorstand Philipp Preuss ist. Berichten zufolge stammt die Initiative von Matthias von Bechtolsheim von der Agentur Heimat, und das Cannabis-Unternehmen Sanity Group sowie Four20 Pharma aus Paderborn engagieren sich ebenfalls.
Parallel dazu führt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine eigene Kampagne zur Legalisierung durch, die sich auf die Folgen des unkontrollierten Konsums konzentriert. Diese Kampagne „Cannabis: Legal, aber...“ hat bisher rund 3,3 Millionen Euro gekostet und soll die Öffentlichkeit über die Risiken und rechtlichen Aspekte des Cannabiskonsums aufklären.
Die Debatte um die „Initiative Endlich“-Kampagne zeigt, wie polarisiert das Thema Cannabis in der Gesellschaft ist. Die Aufklärung über die medizinischen Anwendungen von Cannabis bleibt ein zentrales Anliegen für viele Apotheker und Mediziner, die sich eine differenzierte Diskussion und eine bessere Versorgung der Patienten wünschen.
Die „Initiative Endlich“-Kampagne hat eine wichtige Diskussion über den Einsatz von Medizinalcannabis angestoßen. In einem Land, das lange Zeit eine restriktive Haltung gegenüber Cannabis eingenommen hat, sind solche Debatten unerlässlich, um Vorurteile abzubauen und die medizinischen Vorteile dieser Pflanze zu beleuchten. Es ist bedauerlich, dass die Kampagne von einigen Medien als Verherrlichung von Cannabis dargestellt wird, ohne die dringend benötigte Aufklärungsarbeit zu würdigen.
Apotheker wie Johannes Hoffmann und Dr. Christiane Neubaur leisten wertvolle Arbeit, indem sie Patienten über die therapeutischen Möglichkeiten von Medizinalcannabis informieren. Ihre Erfahrungen zeigen, dass viele Patienten erst durch den Einsatz von Cannabis eine Verbesserung ihrer Lebensqualität erfahren. Diese Geschichten verdienen Gehör und Respekt, anstatt in einer generellen Kritik an der Legalisierung und ihren Begleiterscheinungen unterzugehen.
Es ist verständlich, dass die FAZ und andere Kritiker Bedenken hinsichtlich der Kommerzialisierung und möglicher Missbräuche haben. Die rasche Expansion von Online-Plattformen, die Medizinalcannabis verschreiben, muss sorgfältig überwacht werden, um sicherzustellen, dass die Patientenversorgung im Vordergrund steht und nicht kommerzielle Interessen. Dennoch sollte dies nicht dazu führen, dass die gesamte Kampagne in ein negatives Licht gerückt wird.
Die aktuelle Diskussion bietet die Chance, eine ausgewogenere und fundiertere Sichtweise auf Medizinalcannabis zu entwickeln. Anstatt sich auf die Kritik an der Kampagne zu konzentrieren, sollten wir die Gelegenheit nutzen, um über die tatsächlichen medizinischen Vorteile von Cannabis zu sprechen und wie wir sicherstellen können, dass alle Patienten, die davon profitieren könnten, Zugang zu dieser Therapieform erhalten. Die „Initiative Endlich“-Kampagne ist ein Schritt in die richtige Richtung, um Medizinalcannabis aus der Schmuddelecke herauszuholen und als legitime Therapieoption zu etablieren.
KBV fordert radikalen Kurswechsel: Vertrauen in Gesundheitssystem stark gesunken
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat einen dringenden Kurswechsel in der deutschen Gesundheitspolitik gefordert. Eine aktuelle Allensbach-Umfrage zeigt, dass das Vertrauen der Bevölkerung in das Gesundheitssystem in den letzten zwei Jahren deutlich gesunken ist. Während das Vertrauen in Ärzte und Psychotherapeuten weiterhin hoch bleibt, ist der allgemeine Zufriedenheitsgrad mit dem Gesundheitssystem von 81 Prozent auf 67 Prozent gesunken.
Dr. Andreas Gassen, Vorsitzender der KBV, äußerte sich besorgt über die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung. Er betonte, dass die KBV seit Jahren vor einem Kollaps des Systems warnt und konkrete Maßnahmen zur Rettung der Praxen fordert, jedoch ohne Gehör in der Politik. Gassen erklärte, es sei alarmierend, dass die Zufriedenheit der Bevölkerung in so kurzer Zeit so stark gesunken sei.
KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister kritisierte die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Gesetze und warnte davor, dass diese den Abwärtstrend beschleunigen könnten. Hofmeister betonte, dass Bürgerinnen und Bürger künftig mit ihren gesundheitlichen Beschwerden auf Gesundheitskioske oder ambulante Behandlungen im Krankenhaus angewiesen sein könnten, was auf wenig Akzeptanz stoße und die Unzufriedenheit weiter steigern werde.
Historische Befragungen der Versicherten zeigen eine hohe Zufriedenheit mit der ambulanten Versorgung durch niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten. Hofmeister äußerte Unverständnis darüber, warum der Minister Geld in neue Strukturen investieren wolle, anstatt die bestehenden Praxen zu stärken.
Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner betonte, dass die KBV bereits seit langem konkrete Forderungen und Lösungsvorschläge vorgelegt habe, die sich weitgehend mit den Erwartungen der Bevölkerung decken. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehören die Entlastung der Ärzte durch den Abbau von Bürokratie und Dokumentationspflichten, die Schaffung zusätzlicher Medizinstudienplätze und die gezielte Verbesserung der medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen.
Der KBV-Vorstand forderte die Politik auf, die Probleme im Sinne der Bevölkerung anzugehen und das Gesundheitssystem nicht im Alleingang umzubauen. Die KBV sei bereit für einen „echten Dialog“, um gemeinsam Lösungen zu finden.
Die alarmierenden Ergebnisse der Allensbach-Umfrage sollten ein Weckruf für die Gesundheitspolitik in Deutschland sein. Ein Vertrauensverlust von 14 Prozentpunkten innerhalb von nur zwei Jahren ist ein deutliches Signal, dass grundlegende Veränderungen notwendig sind. Die Forderungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sind nicht neu, doch ihre Dringlichkeit war nie so offensichtlich wie heute.
Die Kritik an den geplanten Gesetzen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist nachvollziehbar. Die Bevölkerung wünscht sich eine Stärkung der bewährten ambulanten Versorgung durch niedergelassene Ärzte und nicht den Aufbau neuer, unbewährter Strukturen. Es ist unverständlich, warum die Politik nicht stärker auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger eingeht und die vorhandenen Ressourcen effektiver nutzt.
Der Abbau von Bürokratie, die Schaffung zusätzlicher Medizinstudienplätze und die Verbesserung der medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen sind längst überfällige Maßnahmen. Die KBV hat bereits konkrete Vorschläge auf den Tisch gelegt, die nun endlich ernsthaft geprüft und umgesetzt werden sollten.
Ein echter Dialog zwischen Politik und Fachleuten ist unerlässlich, um die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung zu stoppen und das Vertrauen in das Gesundheitssystem wiederherzustellen. Es ist an der Zeit, die Warnungen der Experten ernst zu nehmen und gemeinsam an nachhaltigen Lösungen zu arbeiten.
Neue Warnhinweise für Racecadotril: EMA verschärft Sicherheitsinformationen für Durchfallmedikament
Seit 2004 ist Racecadotril, bekannt unter dem Handelsnamen Vaprino, auf dem Markt und seit 2013 rezeptfrei erhältlich. Das Medikament wird zur symptomatischen Behandlung von akutem Durchfall eingesetzt. Nun wird die Produktinformation für Racecadotril-haltige Arzneimittel angepasst, um auf schwerwiegende kutane Nebenwirkungen (SCAR) hinzuweisen.
Die Koordinierungsgruppe (CMDh) hat auf Empfehlung des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) beschlossen, dass die Fach- und Gebrauchsinformationen entsprechend erweitert werden müssen. Diese Entscheidung basiert auf Spontanberichten und Literaturdaten, die einen kausalen Zusammenhang zwischen Racecadotril und schwerwiegenden Arzneimittelreaktionen wie dem Arzneimittelreaktionssyndrom mit Eosinophilie und systemischen Symptomen (DRESS) sowie anaphylaktischem Schock nahelegen.
In Zukunft wird ein Warnhinweis in der Packungsbeilage explizit auf das Risiko schwerwiegender kutaner Nebenwirkungen hinweisen. Patienten sollen über Anzeichen und Symptome informiert und engmaschig auf Hautreaktionen überwacht werden. Bei ersten Symptomen soll die Behandlung sofort abgebrochen werden. Zu den Symptomen, bei denen die Behandlung sofort abzubrechen ist, zählen großflächiger Hautausschlag, hohe Körpertemperatur und vergrößerte Lymphknoten (DRESS-Syndrom) sowie Atembeschwerden, Schwellungen, Benommenheit, Herzrasen, Schweißausbrüche und das Gefühl des Bewusstseinsverlusts (schwere allergische Reaktionen).
Sollten unter der Anwendung von Racecadotril schwere Hautausschläge, Hautabschälungen, Blasenbildung oder wunde Stellen im Mund auftreten, sind Racecadotril-haltige Arzneimittel kontraindiziert. Die Liste der Nebenwirkungen wird um DRESS und anaphylaktischen Schock mit der Angabe „nicht bekannte Häufigkeit“ erweitert.
Racecadotril ist ein Prodrug, das zum aktiven Metaboliten Thiorphan metabolisiert wird. Thiorphan hemmt die Enkephalinase und verhindert den Abbau von Enkephalinen. Dadurch vermindert Racecadotril eine Hypersekretion im Darm, ohne die basale Sekretion zu beeinflussen. Der Wirkstoff wirkt ausschließlich im Darm antisekretorisch und beeinflusst weder die Darmpassage noch verursacht er Blähungen.
Diese neuen Warnhinweise und Anpassungen sollen das Bewusstsein für potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen schärfen und die Patientensicherheit erhöhen.
Die Entscheidung der EMA, die Warnhinweise für Racecadotril zu verschärfen, ist ein notwendiger Schritt, um die Patientensicherheit zu gewährleisten. Obwohl das Medikament seit Jahren auf dem Markt ist, zeigen neue Erkenntnisse, dass eine umfassende Information über mögliche Risiken unerlässlich ist. Patienten müssen über schwerwiegende Nebenwirkungen informiert werden, um rechtzeitig reagieren zu können. Dies unterstreicht die Bedeutung einer kontinuierlichen Überwachung und Anpassung von Arzneimittelinformationen auf Basis neuer Daten.
Anerkennung und faire Bezahlung: PTA fordern mehr Wertschätzung im Zuge der Apothekenreform
Inmitten der Diskussionen um das Apothekenreformgesetz (ApoRG) hat Christina Schwartz, eine erfahrene Pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA), ihre Unzufriedenheit über die derzeitige Abwertung ihres Berufsstandes zum Ausdruck gebracht. Schwartz, die seit 1990 in der öffentlichen Apotheke arbeitet, kritisierte die weit verbreitete Ansicht, dass PTA lediglich als „kleine Apotheker“ fungieren und nicht in der Lage seien, eine Apotheke eigenständig zu leiten. Sie fordert mehr Anerkennung und eine höhere Vergütung für die Leistungen der PTA.
Schwartz betont, dass PTA eine Vielzahl von Aufgaben übernehmen, die für den reibungslosen Ablauf in Apotheken entscheidend sind. Dazu gehören die Herstellung von Rezepturen, das Messen von Kompressionsstrümpfen, die Beratung am Handverkauf (HV) und das Auffüllen der Sichtwahl. Diese Aufgaben erfordern hohe Fachkompetenz und werden oft von PTA ausgeführt, selbst wenn ein Apotheker anwesend ist.
Mit ihrer 33-jährigen Berufserfahrung fühlt sich Schwartz durchaus in der Lage, die Leitung einer Apotheke zu übernehmen. Sie erkennt jedoch an, dass viele ihrer jüngeren Kolleginnen nicht bereit sind, diese Verantwortung zu übernehmen, wenn die Bedingungen nicht klar definiert und die Vergütung nicht entsprechend angepasst wird. Schwartz sieht die Notwendigkeit, den PTA-Beruf durch konkrete Maßnahmen und angemessene Honorierung aufzuwerten.
Schwartz zeigt sich frustriert darüber, dass der PTA-Beruf im Zuge der Reformdiskussionen herabgewürdigt wird. Sie hebt hervor, dass sie stets bestrebt war, ihre Fähigkeiten durch Fortbildungen und Seminare zu verbessern. Trotz ihrer Leidenschaft für den Beruf und der positiven Rückmeldungen von Patienten empfindet sie das Gehalt als unzureichend und dem Umfang ihrer Leistungen nicht angemessen.
Die Abwanderung von PTA in die Industrie, die Schwartz in ihrer Apotheke erlebt hat, unterstreicht die Notwendigkeit, den Beruf attraktiver zu gestalten. Sie wünscht sich, dass sich die finanzielle Situation in den Apotheken verbessert, damit auch die Mitarbeiter entsprechend profitieren können. Anerkennung sei nicht nur durch gute Worte, sondern vor allem durch eine angemessene Bezahlung zu erreichen. „Für das, was wir täglich leisten, brauchen wir dringend einen höheren Lohn“, schließt Schwartz.
Der Apothekenreformdiskurs hat einmal mehr die herausragende Rolle von Pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) ins Licht gerückt, und es ist höchste Zeit, dass ihre Leistungen angemessen gewürdigt werden. Christina Schwartz hat mit ihrer Kritik einen wichtigen Punkt angesprochen: PTA sind keine „kleinen Apotheker“, sondern eigenständige Fachkräfte, die eine Vielzahl kritischer Aufgaben in Apotheken übernehmen. Ihre Arbeit erfordert nicht nur Fachwissen, sondern auch hohe Verantwortungsbereitschaft und Engagement.
Die Abwertung des PTA-Berufs ist ein bedauerlicher Trend, der dringend gestoppt werden muss. Es bedarf klar definierter Rahmenbedingungen und einer gerechten Vergütung, um den Beruf attraktiv zu halten und weitere Abwanderungen in andere Branchen zu verhindern. Die Forderung nach mehr Anerkennung und besserer Bezahlung ist nicht nur gerecht, sondern auch notwendig, um die Qualität der Patientenversorgung in Apotheken sicherzustellen.
Die Erfahrungen und das Engagement von langjährigen PTA wie Christina Schwartz zeigen, dass diese Fachkräfte bereit sind, mehr Verantwortung zu übernehmen, wenn die Bedingungen stimmen. Es liegt nun an den Entscheidungsträgern, die Weichen richtig zu stellen und den PTA-Beruf aus der Schattendasein herauszuholen. Nur so kann sichergestellt werden, dass Apotheken auch künftig auf qualifizierte und motivierte Mitarbeiter zählen können, die einen unverzichtbaren Beitrag zur Gesundheitsversorgung leisten.
78-Jährige übernimmt Central Apotheke und sichert Familientradition
Die Zukunft der Central Apotheke in Pforzheim ist gesichert. Die 78-jährige Christl Kraus hat die Apotheke übernommen und damit das Lebenswerk ihres Vaters gerettet. Unterstützt wird sie von ihrem Sohn, der bereits vier Apotheken in der Region betreibt. Die Central Apotheke wurde zuletzt von einem Vertreter geführt, da der bisherige Inhaber, Jens Tonne, 2023 gesundheitlich ausfiel. Tonne, der ein Verwandter von Kraus ist, konnte die Apotheke nicht weiterführen, sodass eine langfristige Lösung notwendig wurde. Christl Kraus, die bis dato bei ihrem Sohn angestellt war, übernahm schließlich die Pacht und führt die Apotheke seit Juni 2024.
Die Verpachtung der Apotheke ist nach dem Apothekengesetz (ApoG) zulässig, wenn der Verpächter die Erlaubnis besitzt und die Apotheke aus einem wichtigen persönlichen Grund nicht selbst betreiben kann. Damit gehört die Central Apotheke nun zu den rund 500 Pachtapotheken in Deutschland.
Die Apotheke wurde 1956 von Kraus’ Vater, Walter Reiser, gegründet. Kraus erinnert sich gerne an ihre Zeit in der Apotheke zurück, wo sie in den 1960er Jahren ihr Vorexamen absolvierte und nach dem Studium einstieg. Nach ihrer Heirat führte ihr Weg sie und ihren Mann nach Benediktbeuern, wo sie die Apotheke ihres Schwiegervaters übernahmen. Vier Jahre später kehrten sie nach Pforzheim zurück und übernahmen dort die Apotheke am Markt. 1985 kam die Einhorn-Apotheke hinzu, die Kraus leitete, bevor ihr Sohn die Apotheken in vierter Generation übernahm.
Für Christl Kraus ist die Übernahme der Central Apotheke keine Übergangslösung. „Ich habe dort begonnen und beende dort mein Leben“, sagt sie. „Ich bin Apothekerin mit Leib und Seele, in der Apotheke hängt viel Herzblut von mir.“ Die Pacht der Apotheke sei auch für die elf Angestellten ein wichtiges Signal, dass Kontinuität und Sicherheit gewährleistet seien. Nach der krankheitsbedingten Unsicherheit sei es wichtig, dass die Apotheke in der Familie bleibe.
Die Kundschaft begrüßt es, die 78-Jährige wieder hinter dem HV-Tisch zu sehen. „Die Beratung ist mein Bereich. Ich bin hauptsächlich vorne“, betont Kraus. Unterstützt wird sie von ihren Kindern und drei angestellten Approbierten, die bei technischen Fragen und der Dienstbereitschaft helfen. Nachtdienste übernimmt Kraus allerdings nicht mehr. Ein Vorteil ihres Alters sei, dass sie viele Kunden persönlich kenne und wertvolle, kostenfreie Ratschläge geben könne. Zudem teilt sie ihre langjährige Erfahrung gerne mit den jüngeren Angestellten und vermittelt ihnen das Wissen, wie eine Apotheke erfolgreich betrieben wird.
Die Geschichte von Christl Kraus und der Central Apotheke in Pforzheim ist ein beeindruckendes Beispiel für Engagement, Familiensinn und die Kraft der Tradition. In einer Zeit, in der viele Betriebe aufgrund von Nachfolgeproblemen schließen müssen, zeigt Kraus, dass es auch anders geht. Mit 78 Jahren übernimmt sie die Verantwortung für eine Apotheke, die seit fast sieben Jahrzehnten in Familienbesitz ist. Ihre Entscheidung ist nicht nur ein Zeichen des Respekts gegenüber dem Erbe ihres Vaters, sondern auch ein starkes Signal an die Belegschaft und die Kundschaft.
Besonders bemerkenswert ist, wie Kraus ihre umfangreiche Erfahrung einbringt und gleichzeitig die jüngere Generation unterstützt. Ihre Präsenz hinter dem HV-Tisch und ihre Beratungen sind für viele Kunden vertraut und wertvoll. In einer Branche, die stark von Vertrauen und persönlichen Beziehungen lebt, ist dies von unschätzbarem Wert.
Die Unterstützung durch ihren Sohn und die angestellten Approbierten zeigt, dass die Familie Kraus den Betrieb zukunftssicher aufstellt. Indem sie technische und dienstbezogene Aufgaben delegiert, kann sich Christl Kraus auf das konzentrieren, was sie am besten kann: die persönliche Beratung und Betreuung der Kunden.
Insgesamt ist die Übernahme der Central Apotheke durch Christl Kraus ein inspirierendes Beispiel dafür, wie familiäre Werte und professionelles Engagement Hand in Hand gehen können. Es bleibt zu hoffen, dass ihre Geschichte anderen als Vorbild dient und zeigt, dass Tradition und Innovation in der Apothekenbranche erfolgreich vereint werden können.
Bundesweiter Protest gegen Apothekenreform: Großdemonstrationen in Erfurt und Dresden geplant
Ende August formiert sich in Sachsen und Thüringen ein breiter Protest gegen die geplante Apothekenreform. Der Thüringer Apothekerverband (THV) und der Sächsische Apothekerverband (SAV) haben für den 28. August zeitgleich ab 15 Uhr Kundgebungen in Erfurt und Dresden organisiert, die virtuell miteinander vernetzt werden sollen. Ziel der Proteste ist es, eine klare Botschaft für die Stärkung der wohnortnahen Arzneimittelversorgung durch öffentliche Apotheken zu senden und die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zu stoppen.
Unterstützung kommt auch aus anderen Bundesländern. Der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) ruft alle Apothekenmitarbeiter auf, sich nach Möglichkeit an der Demonstration in Erfurt zu beteiligen. Präsidentin Tatjana Zambo betonte die Notwendigkeit, gemeinsam ein deutliches Zeichen gegen die geplante Reform zu setzen. Parallelaktionen in Baden-Württemberg sind für diesen Tag nicht vorgesehen.
Um die Teilnahme an der Kundgebung zu erleichtern, organisiert der LAV kostenlose Shuttle-Busse ab Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe und Ulm. Interessierte müssen sich bis zum 5. August anmelden. Sollten sich in weiteren Städten genügend Interessenten finden, wird der LAV zusätzliche Transfers organisieren. Aufgrund der Entfernung starten die Busse bereits gegen 9 Uhr von den jeweiligen Hauptbahnhöfen. Die Rückfahrt erfolgt unmittelbar nach Ende der Kundgebung zwischen 17.30 und 18 Uhr, sodass die Rückkehr nicht vor 22 Uhr zu erwarten ist.
Zambo räumte ein, dass die Unterstützung der Erfurter Demo während der Ferienzeit eine Herausforderung darstellt, da die Personaldecke in den Apotheken Ende August dünn sein könnte und die langen Fahrzeiten eine zusätzliche Belastung darstellen. Dennoch betonte sie die Bedeutung, nichts unversucht zu lassen, um dem Reformvorhaben des BMG entgegenzutreten.
Die Aktion ist eine Initiative des LAV und nicht mit der ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) abgestimmt. Ein Sprecher des LAV erklärte, dass die Unterstützung der Demonstration als wichtig erachtet wird. Auch Vertreter des LAV werden an der Demo teilnehmen, obwohl es aufgrund der Ferienzeit möglicherweise schwierig sein könnte, ausreichend Personal für die Teilnahme freizustellen.
Die geplante Apothekenreform stößt auf breite Ablehnung innerhalb der Branche, und das aus gutem Grund. Die wohnortnahe Arzneimittelversorgung ist ein Eckpfeiler des Gesundheitssystems, besonders in ländlichen Gebieten. Die Protestaktionen in Erfurt und Dresden senden ein starkes Signal an die Politik: Die Apotheken vor Ort sind unverzichtbar und dürfen nicht durch unverhältnismäßige Reformen gefährdet werden.
Die Unterstützung durch den Landesapothekerverband Baden-Württemberg zeigt, dass der Widerstand gegen die Reform bundesweit ist. Die Bereitschaft, weite Strecken zu fahren und persönliche Belastungen auf sich zu nehmen, unterstreicht die Ernsthaftigkeit der Situation. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik diese Proteste ernst nimmt und die Bedenken der Apotheker in ihre Entscheidungen einfließen lässt.
Die Reformpläne des BMG müssen kritisch hinterfragt werden. Die Sicherstellung einer flächendeckenden und zuverlässigen Arzneimittelversorgung sollte oberste Priorität haben. Es ist wichtig, dass die Stimmen der Apotheker gehört werden und dass ihre Rolle als unersetzliche Gesundheitsdienstleister anerkannt wird. Die Kundgebungen in Erfurt und Dresden sind ein notwendiger Schritt, um dies zu erreichen.
Neue Vergütung für Grippeimpfungen: Apotheken erhalten 10 Euro bis Jahresende
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband haben keine Einigung über die Vergütung von Grippeimpfungen in Apotheken erzielen können. Daher musste die Schiedsstelle eine Entscheidung treffen, die nun rückwirkend zum 1. Juli 2024 in Kraft tritt. Laut dieser Entscheidung erhalten Apotheken bis zum Jahresende 10 Euro für die Durchführung und Dokumentation jeder Grippeimpfung. Ab dem 1. Januar 2025 erhöht sich dieser Betrag auf 10,40 Euro.
Seit Oktober 2022 dürfen Apotheken im Rahmen der Regelversorgung gegen Grippe impfen. Zuvor betrug die Vergütung für die Durchführung und Dokumentation einer Impfung 7,60 Euro. Zusätzlich gab es 2,40 Euro für Nebenleistungen wie Verbrauchsmaterialien und 1 Euro für die Beschaffung der Impfdosis. Diese Vergütung wurde vom DAV als unzureichend bewertet, was zur Kündigung des Vertrags im Herbst letzten Jahres führte.
Die Schiedsstelle legte neben der Vergütung für die Impfung auch die Verwurfspauschale fest. Diese beträgt bis zum 31. März 2025 1 Euro und wird ab dem 1. April 2025 auf 0,30 Euro gesenkt. Diese Senkung ist möglich, da ab der nächsten Impfsaison Impfstoffe aus Einzelpackungen bezogen werden dürfen, um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Für Nebenleistungen wie Verbrauchsmaterialien erhalten die Apotheken künftig nur noch 0,40 Euro.
Die neuen Vergütungssätze gelten bis zur Impfsaison 2026/2027, danach können sie jährlich neu verhandelt werden. Sollte erneut keine Einigung erzielt werden, entscheidet wiederum die Schiedsstelle. Diese Regelung soll die Durchführung der Grippeimpfungen in Apotheken finanziell tragbarer gestalten und eine effizientere Nutzung der Impfstoffe sicherstellen.
Die Entscheidung der Schiedsstelle zur neuen Vergütung von Grippeimpfungen in Apotheken ist ein längst überfälliger Schritt. Die bisherige Vergütung von 7,60 Euro pro Impfung war angesichts des Aufwands und der Kosten, die den Apotheken entstehen, nicht ausreichend. Die Erhöhung auf 10 Euro bzw. 10,40 Euro ab 2025 ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und anerkennt die wichtige Rolle, die Apotheken in der Gesundheitsversorgung spielen.
Jedoch wirft die drastische Reduzierung der Verwurfspauschale auf 0,30 Euro ab April 2025 Fragen auf. Zwar soll der Bezug von Einzelpackungen die Wirtschaftlichkeit erhöhen, doch bleibt abzuwarten, ob dies in der Praxis reibungslos funktioniert und die Apotheken nicht auf den zusätzlichen Kosten sitzen bleiben.
Auch die geringere Aufwandsentschädigung für Nebenleistungen von nur noch 0,40 Euro könnte zu einer finanziellen Belastung für die Apotheken führen, insbesondere wenn man bedenkt, dass diese Materialien weiterhin notwendig sind und deren Preise variieren können.
Insgesamt zeigt diese Entscheidung jedoch, dass es möglich ist, die Vergütung für Grippeimpfungen anzupassen und zu verbessern. Es bleibt zu hoffen, dass zukünftige Verhandlungen zwischen DAV und GKV zu einer noch gerechteren und praktikableren Lösung führen werden, die sowohl die Apotheken als auch die Patienten in den Mittelpunkt stellt.
Long Covid: Erkältungsviren als mögliche Auslöser von Rückfällen
Neue Beobachtungen und Berichte deuten darauf hin, dass Menschen, die von Long Covid genesen sind, durch Infektionen mit Erkältungsviren Rückfälle erleiden könnten. Diese Annahme basiert hauptsächlich auf den Erfahrungen von Ärzten und Patienten und wird nun vermehrt diskutiert.
Long Covid-Patienten erleben oft schubweise auftretende Symptome. Eine umfassende Beobachtungsstudie ergab, dass körperliche Aktivität und Stress häufige Auslöser für diese Rückfälle sind. Besonders bei Frauen spielt auch der Menstruationszyklus eine Rolle. Mehr als ein Drittel der menstruierenden Frauen berichteten von Rückfällen während oder vor ihrer Periode.
Ein aktueller Artikel auf der Nachrichtenseite „Medscape“ wirft nun die Frage auf, ob auch Erkältungs- und Grippeviren Long-Covid-Schübe auslösen können. Obwohl diese Vermutung nicht durch publizierte Studien belegt ist, erscheint sie nicht unplausibel. Das Phänomen der viralen Interferenz, bei dem eine Virusinfektion die Infektion mit einem anderen Virus beeinflussen kann, ist bekannt. Es wird angenommen, dass Immunreaktionen auf eine neue Virusinfektion möglicherweise Long-Covid-Symptome reaktivieren könnten.
Professor Dr. Alba Azola vom Johns Hopkins Hospital in Baltimore berichtet, dass solche Schübe insbesondere bei Long-Covid-Patienten mit autonomer Dysfunktion auftreten. Diese Patienten leiden häufig unter starkem Schwindel und Symptomen, die typisch für Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Erschöpfungssyndrom (ME/CFS) sind. Auch Dr. David Putrino vom Mount Sinai Health System in New York City bestätigt, dass Patienten nach erneuten viralen Infekten ihre Long-Covid-Symptome wieder verspüren.
Ein Bericht der US-amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaften deutet darauf hin, dass Long Covid viele Merkmale mit komplexen chronischen Multisystem-Erkrankungen teilt, darunter ME/CFS und persistierende Epstein-Barr-Virus-Infektionen. Die Hinweise verdichten sich, dass Long Covid als chronische Erkrankung betrachtet werden muss, bei der nur wenige Patienten eine vollständige Remission erreichen. Häufig erreicht die Genesung nach sechs bis zwölf Monaten ein Plateau, und für viele Betroffene dauert der Leidensweg deutlich länger.
Die Möglichkeit, dass Erkältungs- und Grippeviren Long-Covid-Rückfälle auslösen können, erfordert weitere Untersuchungen. Dennoch bieten diese Beobachtungen wertvolle Hinweise für zukünftige Forschung und die Entwicklung gezielter Behandlungsstrategien.
Die Diskussion um Long Covid und mögliche Rückfälle durch Erkältungsviren wirft ein Schlaglicht auf die Komplexität dieser Erkrankung. Long Covid zeigt uns, wie tiefgreifend und langanhaltend die Auswirkungen einer COVID-19-Infektion sein können. Die Berichte von Betroffenen und die Beobachtungen von Fachleuten unterstreichen die Notwendigkeit weiterer Forschung, um die Mechanismen dieser Rückfälle zu verstehen und wirksame Therapien zu entwickeln.
Die Möglichkeit, dass alltägliche virale Infekte wie eine Erkältung Long-Covid-Symptome reaktivieren können, macht deutlich, wie fragil die Genesung sein kann. Dies sollte sowohl in der medizinischen Gemeinschaft als auch in der allgemeinen Öffentlichkeit für ein größeres Bewusstsein und mehr Unterstützung für Betroffene sorgen. Es ist entscheidend, dass wir diese Berichte ernst nehmen und die notwendigen Ressourcen in die Erforschung und Behandlung von Long Covid investieren. Nur so können wir den Betroffenen eine bessere Lebensqualität und eine echte Perspektive auf Genesung bieten.
Von Engin Günder, Fachjournalist