Fachkräfteabwanderung als Herausforderung für deutsche Apotheken: Warum Integration mehr als Anwerbung erfordert
Die deutsche Wirtschaft ist auf qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen – doch immer mehr dieser dringend benötigten Arbeitnehmer verlassen das Land nach kurzer Zeit wieder. Insbesondere im Gesundheitssektor, zu dem auch die Apothekenbranche zählt, ist dieser Trend besonders alarmierend. Experten betonen, dass die Ursachen vielschichtig sind und häufig auf strukturelle Versäumnisse zurückzuführen sind. Der Staat investiert jährlich Millionen in Anwerbekampagnen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, doch ohne umfassende Integrationsstrategien, die auch langfristige Perspektiven bieten, bleiben diese Bemühungen unzureichend.
Für Apotheken, die zunehmend auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen sind, etwa als pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) oder als Apotheker, stellt die Fachkräfteabwanderung eine wachsende Herausforderung dar. Viele Apothekenbetriebe, besonders in ländlichen Regionen, können ihre offenen Stellen oft nur durch Mitarbeiter aus dem Ausland besetzen. Doch ohne zusätzliche Maßnahmen, die diese Mitarbeitenden auch über längere Zeit an den Standort binden, bleibt die personelle Stabilität eine Illusion. Neben dem Einstellungsprozess selbst müssen Apothekenbetreiber deshalb auch eine aktive Rolle in der sozialen und beruflichen Integration übernehmen, um ihre internationalen Fachkräfte nicht an andere Länder zu verlieren.
Ein wesentlicher Faktor, der zur Abwanderung beiträgt, ist die hohe bürokratische Hürde bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Viele Fachkräfte durchlaufen langwierige Prozesse, die oft von Unsicherheiten begleitet werden. Dies gilt auch für Apothekenmitarbeiter, die eine spezifische und umfassende Ausbildung benötigen, um ihre Tätigkeit in Deutschland offiziell aufnehmen zu dürfen. Der Prozess der Berufsanerkennung ist nicht nur kostenintensiv, sondern auch zeitaufwendig und stellt für viele Arbeitgeber eine große Herausforderung dar, da sie ihre neuen Mitarbeiter meist über lange Zeiträume hinweg schulen und begleiten müssen, bevor diese uneingeschränkt einsetzbar sind.
Hinzu kommt, dass die Sprachbarriere oft eine unterschätzte Herausforderung darstellt. Viele Apotheken betreiben zwar mittlerweile eigene Programme zur sprachlichen Förderung ihrer ausländischen Mitarbeiter, aber eine fließende Kommunikation mit den Patienten erfordert Zeit und intensive Unterstützung. Ohne geeignete Sprachkurse und kulturelle Eingliederungsmaßnahmen, die den Arbeitsalltag erleichtern und ein Gefühl der Zugehörigkeit schaffen, fühlen sich viele ausländische Mitarbeiter nicht ausreichend integriert. Die Folge: Sie entscheiden sich häufig dafür, in ein anderes Land zu wechseln, das bessere Integrationsmöglichkeiten und Aufstiegsperspektiven bietet.
Auch die kulturellen und sozialen Unterschiede dürfen nicht unterschätzt werden. Zahlreiche Fachkräfte geben an, sich im deutschen Arbeitsumfeld oft isoliert oder missverstanden zu fühlen. Hier ist ein gesellschaftlicher Wandel gefragt, der nicht nur von der Politik, sondern auch von Arbeitgebern unterstützt werden muss. Apotheken können durch eine wertschätzende Unternehmenskultur und durch gezielte Integrationsangebote, wie Teamevents und gemeinsame Schulungen, einen entscheidenden Beitrag leisten. Ein positives Arbeitsklima, das Verständnis für kulturelle Unterschiede zeigt, trägt maßgeblich dazu bei, dass ausländische Mitarbeiter eine langfristige Bindung aufbauen können.
Auch wirtschaftliche Faktoren spielen eine große Rolle. Deutschland hat im internationalen Vergleich hohe Lebenshaltungskosten, die gerade für Fachkräfte, die aus niedrigeren Einkommensländern kommen, oft eine Belastung darstellen. Höhere Löhne und zusätzliche Sozialleistungen könnten hierbei einen Anreiz schaffen. Doch auch gezielte Maßnahmen der Politik sind gefragt, um die Lebensbedingungen für ausländische Fachkräfte zu verbessern, wie etwa durch den Ausbau von bezahlbarem Wohnraum und den erleichterten Zugang zu sozialer Unterstützung.
Insgesamt zeigt sich, dass die Herausforderung, Fachkräfte im Land zu halten, eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft erfordert. Für Apotheken ist die langfristige Bindung ausländischer Fachkräfte nicht nur eine Frage der Mitarbeitergewinnung, sondern auch der Qualität und Beständigkeit im Gesundheitswesen. Ohne grundlegende Änderungen im Integrationssystem und in der Unternehmenskultur droht Deutschland, den Anschluss an den internationalen Arbeitsmarkt zu verlieren – und Apotheken könnten einen zunehmenden Fachkräftemangel erleben.
Die Abwanderung qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland ist ein schleichendes Problem, das jedoch weitreichende Konsequenzen hat – gerade für den Gesundheitssektor. Deutschland läuft Gefahr, sich in einem Teufelskreis der Fachkräftekrise zu verfangen: Während enorme Summen in Anwerbekampagnen fließen, verfehlen die Maßnahmen zur Integration und langfristigen Bindung das Ziel. Insbesondere Apotheken, die als Schnittstelle zwischen Patient und Gesundheitssystem eine zentrale Rolle einnehmen, sind auf eine konstante Personaldecke angewiesen. Doch ohne das richtige Umfeld und die passenden Rahmenbedingungen ist es illusorisch zu glauben, dass gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland dauerhaft in Deutschland bleiben.
Die Verantwortung, diese Problematik zu lösen, liegt bei allen Beteiligten. Auf der einen Seite ist die Politik gefordert, die bürokratischen Hürden deutlich zu reduzieren und durch gezielte Förderprogramme die Integration ausländischer Mitarbeiter zu unterstützen. Maßnahmen wie die Vereinfachung der Berufsanerkennung, der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum und gezielte soziale Unterstützungsangebote sind hier entscheidend. Eine offene Einwanderungspolitik allein reicht nicht aus – das Land muss auch die Lebensrealität und Bedürfnisse derjenigen berücksichtigen, die es langfristig halten möchte.
Auf der anderen Seite sind auch die Apotheken selbst in der Pflicht, das Thema langfristige Bindung ernst zu nehmen. Attraktive Arbeitsbedingungen, eine positive Unternehmenskultur und gezielte Weiterbildungsangebote können dazu beitragen, dass internationale Fachkräfte nicht nur kommen, sondern auch bleiben. Zudem sollte der Aspekt der sozialen Integration nicht unterschätzt werden. Hier sind Maßnahmen gefragt, die den neuen Mitarbeitern helfen, sich im deutschen Alltag wohlzufühlen und beruflich wie privat anzukommen. Denn nur wer sich auch als Teil der Gemeinschaft sieht, wird sich entscheiden, langfristig zu bleiben.
Zusammengefasst liegt die Lösung in einem Balanceakt zwischen Anwerbung und Integration. Deutschland muss aufhören, den Fokus ausschließlich auf die Gewinnung neuer Fachkräfte zu richten, und stattdessen in Systeme investieren, die den Verbleib dieser wertvollen Arbeitskräfte ermöglichen. Die Apothekenbranche kann hierbei eine Vorreiterrolle einnehmen, indem sie als Modell für erfolgreiche Integrationsarbeit vorangeht und damit nicht nur den eigenen Fachkräftemangel bewältigt, sondern auch ein Signal an andere Branchen sendet.
Kündigung des Mietvertrags: Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern
Die Kündigung eines Mietvertrags stellt oft eine bürokratische Herausforderung dar, die von Mietern und Vermietern mit Sorgfalt angegangen werden muss. Während Mieter grundsätzlich das Recht haben, den Vertrag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von meist drei Monaten zu beenden, gelten für Vermieter deutlich strengere Vorgaben. Hier greift der gesetzliche Mieterschutz, der eine Kündigung durch den Vermieter nur unter bestimmten, im Gesetz festgelegten Bedingungen erlaubt.
Für Mieter ist die Kündigung verhältnismäßig unkompliziert. Die sogenannte ordentliche Kündigung erfordert in der Regel keine besondere Begründung, sofern die Fristen eingehalten werden. Eine einfache schriftliche Erklärung reicht aus. Zudem ist es Mieterinnen und Mietern möglich, bei nachweisbar wichtigen Gründen, wie etwa einer beruflichen Versetzung, um eine verkürzte Kündigungsfrist zu bitten.
Anders gestaltet sich die Situation für Vermieter. Um eine ordentliche Kündigung auszusprechen, muss ein berechtigtes Interesse vorliegen. Die häufigsten Kündigungsgründe sind Eigenbedarf, beispielsweise wenn der Vermieter oder nahe Angehörige die Wohnung selbst benötigen, oder die wirtschaftliche Verwertung des Gebäudes. Doch auch in diesen Fällen schützt das Mietrecht die Mieter: Wer eine Wohnung länger als fünf Jahre bewohnt hat, kann von einem Kündigungsschutz profitieren, der eine Verlängerung der Kündigungsfrist vorsieht.
Zusätzlich hat der Gesetzgeber die Anforderungen an die Begründung für eine Kündigung durch den Vermieter hoch angesetzt. Ein Eigenbedarf muss ausführlich und nachvollziehbar dargelegt werden. Erfolgt dies nicht ausreichend, ist die Kündigung anfechtbar und im Streitfall möglicherweise vor Gericht nicht haltbar. Vermieter sollten daher jeden Kündigungsgrund sorgfältig prüfen und dokumentieren, um mögliche rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Eine Sonderform stellt die fristlose Kündigung dar, die sowohl Mieter als auch Vermieter aussprechen können, wenn schwerwiegende Pflichtverletzungen vorliegen. Mieter können unter Umständen ohne Einhaltung der Kündigungsfrist ausziehen, wenn die Wohnung aufgrund von Mängeln nicht bewohnbar ist oder die Gesundheit gefährdet. Vermieter wiederum können die fristlose Kündigung aussprechen, wenn der Mieter wiederholt die Miete nicht zahlt oder andere schwere Vertragsverstöße begeht. In solchen Fällen kann der Prozess jedoch langwierig und kostenintensiv werden, insbesondere wenn sich der Mieter gegen die Kündigung wehrt.
Das Mietrecht in Deutschland betont den Schutz des Mieters, was sich auch in den Kündigungsregelungen widerspiegelt. Für Vermieter bedeutet dies, dass eine Kündigung mit Bedacht und rechtlicher Absicherung erfolgen sollte. Ein rechtlicher Beistand ist bei Unsicherheiten in der Regel empfehlenswert, um die Rechte und Pflichten in der Kündigungsfrist korrekt umzusetzen und unnötige Konflikte zu vermeiden.
Die Kündigung eines Mietverhältnisses zeigt, wie stark das deutsche Mietrecht auf den Schutz der Mieter ausgerichtet ist. Auch wenn dies in den meisten Fällen gerechtfertigt ist, stellt es Vermieter vor erhebliche Hürden. Der Kündigungsschutz gibt Mietern die Sicherheit, dass sie nicht willkürlich ihre Wohnung verlieren. Doch die strengen Vorgaben erschweren es Vermietern, ihre Immobilien flexibel zu nutzen, was gerade bei Eigenbedarf oder finanziellen Engpässen zur Herausforderung wird.
Hier wäre eine ausgewogenere Regelung wünschenswert, die den Interessen beider Parteien gerecht wird. Mieterschutz sollte selbstverständlich Priorität haben, doch auch Vermieter sollten in die Lage versetzt werden, ihre Rechte einfacher durchzusetzen. Eine zeitgemäße Anpassung der Kündigungsbedingungen könnte helfen, Missverständnisse und Konflikte zu minimieren und die Harmonie im Mietverhältnis langfristig zu stärken.
Übertriebener Glaube an den Markt: Ökonomische Empfehlungen an die Politik in der Kritik
In der aktuellen wirtschaftlichen Lage geraten vereinfachte Marktmodelle und Empfehlungen führender Ökonomen zunehmend unter Beschuss. Kritiker bemängeln, dass der Glaube an die Selbstregulierung des Marktes viele politische Entscheidungen beeinflusst und dabei oft zentrale Realitäten und langfristige Risiken ausblendet. Dieser "naive Marktglaube", wie ihn Kritiker nennen, präge zahlreiche wirtschaftspolitische Empfehlungen und habe sich in der Vergangenheit als einseitig und teils unzuverlässig erwiesen.
Im Kern der Kritik steht die Tatsache, dass viele wirtschaftspolitische Ratschläge der vereinfachten Vorstellung eines idealen, fehlerfreien Marktes folgen. Dieser Ansatz setze voraus, dass wirtschaftliche Akteure stets rational handeln und sich Märkte auf natürliche Weise immer in ein Gleichgewicht bringen – Annahmen, die in der Praxis selten zutreffen. In Wirklichkeit sind Märkte durch Machtkonzentration, soziale Ungleichheiten und politische Einflüsse geprägt, die die theoretischen Modelle häufig unterlaufen und zu unerwünschten sozialen und wirtschaftlichen Folgen führen können.
Besonders in Krisenzeiten, wie sie aktuell durch geopolitische Spannungen und wirtschaftliche Unsicherheiten ausgelöst werden, zeigen sich die Schwächen dieses Ansatzes. Zahlreiche Beispiele, von der Finanzkrise über die Energieversorgung bis hin zu den Herausforderungen der Digitalisierung, verdeutlichen, dass blindes Vertrauen in den Markt komplexe Probleme nicht lösen kann. Im Gegenteil: Die Annahme, dass der Markt alle Probleme regeln wird, kann zu einem gefährlichen Stillstand führen, da staatliche Eingriffe und Regulierungen in Bereichen wie Umweltschutz, sozialer Gerechtigkeit und öffentlicher Gesundheit unterbleiben könnten.
In der politischen Praxis hat dieser Glaube an den Markt dennoch großen Einfluss. Zahlreiche Reformen und Deregulierungen, die sich in den letzten Jahrzehnten durchgesetzt haben, beruhen auf der Idee, dass der Markt besser als der Staat weiß, was nötig ist. Dieser Ansatz hat nicht selten zu kurzfristigen Erfolgen geführt, langfristig jedoch zu Instabilitäten, die nach Eingriffen rufen. Angesichts dieser Erfahrungen fordern immer mehr Stimmen in Politik und Wissenschaft eine Neuausrichtung der wirtschaftlichen Beratung und eine Abkehr von reiner Marktgläubigkeit. Ökonomische Empfehlungen sollten stärker an der Realität und den konkreten sozialen und ökologischen Herausforderungen orientiert sein.
Die vereinfachte Vorstellung eines perfekten Marktes, der durch unsichtbare Kräfte alle Probleme löst, ist eine gefährliche Illusion. Wirtschaftspolitik muss sich an der Realität orientieren und anerkennen, dass Märkte ohne Regulierung oft die Schwächsten benachteiligen und ökologische Schäden ignorieren. Die Herausforderung besteht darin, den Markt sinnvoll zu lenken, ohne seine Dynamik zu ersticken. Ein blindes Vertrauen auf marktgetriebene Lösungen führt jedoch zu einem gesellschaftlichen und ökologischen Schuldenberg, der künftige Generationen belasten wird. Nur ein realistischer, umfassender Ansatz, der den Markt als Teil einer komplexen Gesellschaft betrachtet, kann wirtschaftliche Stabilität und sozialen Frieden langfristig sichern.
Apothekenreform gestoppt, aber Herausforderungen bleiben: ABDA fordert langfristige Lösungen für die Arzneimittelversorgung
Die jüngste politische Wende in Deutschland hat das Apothekenwesen in ein neues Licht gerückt. Mit dem überraschenden Ende der Ampel-Koalition scheint die von der ABDA scharf kritisierte Apothekenreform „klinisch tot“. Claudia Korf, Geschäftsführerin für Ökonomie der ABDA, zeigte sich dennoch nur verhalten optimistisch. Die strukturellen Herausforderungen für Apotheken bestehen fort, und insbesondere die angespannte finanzielle Lage bleibt ein gravierendes Problem.
Das Ende der Ampelkoalition hat die Standesvertretung der Apotheker aufgerüttelt. Noch wenige Tage zuvor hatte sich die ABDA klar gegen Reformpläne des Gesundheitsministeriums unter Minister Karl Lauterbach gestellt. In einem Gastvortrag beim Apothekerforum Brandenburg erklärte Korf, dass die ABDA in den letzten Monaten hart um Positionen gerungen habe. Ihre Skepsis gegenüber den geplanten Änderungen, vor allem im Bereich Notfallversorgung und finanzieller Entlastung, sei dabei klar zur Sprache gekommen. Sie gab an, dass der ABDA vielfach mangelnde Kompromissbereitschaft vorgeworfen worden sei, jedoch sei die Strategie – besonders im Hinblick auf die strukturellen Reformteile – durchaus erfolgreich gewesen. Die ABDA habe die FDP von den Reformkritiken überzeugt, was dazu beitrug, dass die Ministerinnen Bettina Stark-Watzinger und Marco Buschmann ein Veto gegen die Apothekenreform einlegten.
Dennoch bleibt Korfs Freude über die politische Veränderung gedämpft. „Die Probleme bleiben ja die gleichen. Es ist immer noch kein Geld da“, betonte sie. Aktuell fehlten jedoch konkrete Soforthilfemaßnahmen, um den Apotheken finanziell unter die Arme zu greifen.
In Erwartung möglicher Neuwahlen strebt die ABDA nun Gespräche mit Vertretern der bisherigen Opposition an. Ziel ist es, auf die Herausforderungen aufmerksam zu machen, mit denen Apotheken täglich konfrontiert sind, und zukunftsorientierte Lösungen zu skizzieren. Korf zeigte sich dabei jedoch auch skeptisch, dass die nächste Wahl notwendige Verbesserungen bringen wird. Die Bildung stabiler Mehrheiten ohne extreme Ränder wird schwierig, und eine mögliche neue Koalition zwischen Union und SPD ist für die ABDA kein Garant für einen Richtungswechsel.
Ungeachtet der Unsicherheiten sieht die ABDA ihre zentrale Aufgabe darin, ein zukunftsfähiges Modell für Apotheken zu entwickeln. Ein Konzept wurde bereits erarbeitet, das nun mit veränderter Priorität an Bedeutung gewinnt. Ziel ist eine stärkere Integration der Apotheken in die Primärversorgung. Angesichts des massiven Ärztemangels, der sich in den kommenden Jahren noch verschärfen dürfte, sollen Apotheken Aufgaben übernehmen, die bisher allein in ärztliche Zuständigkeit fielen. Dies umfasst die Betreuung von Patienten mit leichten, akuten Erkrankungen, das Ausstellen von Verordnungen bei unkomplizierten Diagnosen wie Harnwegsinfektionen oder Bindehautentzündungen und auch die Ausgabe von Wiederholungsverordnungen für chronisch Erkrankte. Die ABDA sieht in der Telemedizin zudem ein Zukunftsfeld, in dem Apotheken als erste Anlaufstelle fungieren könnten, um den Zugang zu ärztlicher Versorgung zu erleichtern.
„Es wird nie wieder so, wie es mal war,“ kommentierte Korf die Entwicklung. Die Apothekenbranche müsse sich auf die Veränderungen einstellen und flexibler werden. Von dem traditionellen „One-fits-all“-Modell rückt die ABDA ab; künftig soll es Apotheken frei stehen, welche Zusatzdienste sie anbieten möchten. Fest bleibt nur die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung, alles andere könne von Apotheken individuell entschieden werden.
Die Vision für die „Apotheke der Zukunft“ umfasst auch eine stärkere Beteiligung an der Gesundheitsprävention und Kompetenzsteigerung der Patienten. Der Ausbau digitaler Dienstleistungen, darunter die elektronische Patientenakte und der Medikationsplan, ist ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil. Zusätzlich denkt die ABDA darüber nach, in Notfällen eine Art Triage-System in Apotheken einzuführen, das zu einer effizienten Steuerung von Patientenströmen beitragen könnte.
Letztlich bleibt für Korf und die ABDA jedoch klar, dass Investitionen in Apotheken weitaus sinnvoller sind, als an ihnen zu sparen. Die wachsende Bedeutung der Apotheken als Stützpfeiler des Gesundheitswesens muss sich auch in der politischen und finanziellen Unterstützung widerspiegeln, so die Geschäftsführerin. Für Apotheken ist dies die entscheidende Forderung an die Politik, wenn sie die strukturellen Probleme langfristig lösen will.
Die ABDA und ihre Geschäftsführerin Claudia Korf zeigen eine realistische Sicht auf die neue politische Lage. Obwohl die Apothekenreform nun blockiert ist, sind die bestehenden Herausforderungen längst nicht gelöst. Korf erkennt die Notwendigkeit, Apotheken als integralen Bestandteil der Primärversorgung zu etablieren. Der Vorstoß, Apotheken stärker in die Erstversorgung und digitale Dienstleistungen einzubinden, ist nicht nur zeitgemäß, sondern notwendig, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Der Mangel an Hausärzten und die wachsenden Versorgungsengpässe erfordern eine Neuausrichtung der Apotheken. Die Forderung, verstärkt in Apotheken zu investieren, statt an ihnen zu sparen, ist in diesem Kontext vollkommen berechtigt und muss auch die zukünftigen politischen Debatten prägen. Die ABDA ist auf dem richtigen Weg, bleibt aber gefordert, ihre strategischen Ziele in die politische Agenda einzubringen.
Kontinuität an der Spitze der ABDA: Overwiening tritt erneut an
Im Wahljahr 2024 bereitet sich die Standesvertretung der deutschen Apotheker auf einen wichtigen Personalwechsel vor, auch wenn sich im Kern wenig ändern dürfte. Die Bundesapothekerkammer (BAK), der Deutsche Apothekerverband (DAV) und die ABDA selbst wählen ihre Spitzen neu – eine Reihe von Entscheidungen, die im Rahmen der neu gestalteten Satzung an Bedeutung gewonnen hat. Bereits am 27. November beginnt die Wahlrunde mit der Bundesapothekerkammer, gefolgt vom DAV am 4. Dezember, bevor schließlich am 11. Dezember die ABDA selbst ihren Vorstand neu bestimmt. Die Amtszeit wird jeweils vier Jahre betragen, und mit dem Inkrafttreten der neuen Satzung 2025 wird die Struktur der Führungsebenen modernisiert und gestrafft.
Die künftige Struktur der ABDA sieht vor, dass anstelle des bisherigen geschäftsführenden Vorstands nun ein siebenköpfiges Gremium, bestehend aus Vorstand, Gesamtvorstand und Mitgliederversammlung, die Leitung übernimmt. Dies führt zu einer Reduzierung der bisherigen 13 Vorstandsmitglieder auf sieben Personen. Die Kandidaten für die neue Führungsriege stehen fest: Die amtierende Präsidentin Gabriele Regina Overwiening (AK Westfalen-Lippe), der derzeitige Vizepräsident Mathias Arnold (LAV Sachsen-Anhalt) und Silke Laubscher (LAK Baden-Württemberg), die die angestellten Apotheker*innen repräsentiert, stellen sich erneut zur Wahl.
Im Sinne der neu festgelegten Aufgabenteilung der Satzung wird Overwiening bei einer Wiederwahl weiterhin als Präsidentin fungieren, während Arnold als Vizepräsident gesetzt wäre. Die Satzung schreibt vor, dass die Präsidentin und ihr Stellvertreter aus den verschiedenen Lagern – Kammer und Verband – stammen müssen, was die Interessensvielfalt innerhalb des Vorstands gewährleisten soll. Ergänzt wird die Führungsriege durch den Präsidenten der Bundesapothekerkammer und den Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbandes sowie deren jeweilige Stellvertreter.
Die Wahl birgt somit kaum Überraschungen, da sich die Amtsinhaber um die Weiterführung ihrer bisherigen Positionen bemühen. Overwiening, die sich bereits im Rahmen des Deutschen Apothekertages im September in München zur Wiederwahl bekannt hat, wird von Arnold als vertrautem Stellvertreter unterstützt. Laubscher bleibt als Kandidatin für die angestellten Apotheker*innen die einzige Nominierte für diesen Posten, was auf eine Bestätigung ihres Amtes schließen lässt.
Während die Wahlen in der ABDA voraussichtlich eine Fortführung der bisherigen Führungsstrukturen mit sich bringen, bieten die Wahlprozesse bei der BAK und dem DAV etwas mehr Spannung: Beim DAV treten sechs Kandidat*innen für fünf Plätze an, sodass es zu einer echten Konkurrenzwahl kommen könnte. In der Bundesapothekerkammer kandidieren dagegen fünf Personen für fünf Positionen. Auch hier scheinen die Entscheidungen recht eindeutig: Armin Hoffmann aus Nordrhein gilt als Favorit für das Präsidentenamt, während Hannes Müller als Vize vorgesehen ist.
Für Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland signalisiert die bevorstehende Wahlphase daher eine Fortsetzung der bisherigen Leitung, die sich voraussichtlich weiter auf die zentralen Anliegen der Berufsgruppe konzentrieren wird – darunter die fortlaufende Anpassung an die Herausforderungen des Gesundheitsmarktes und der Erhalt der Apothekerstellen in der Fläche.
Die erneute Kandidatur von Gabriele Regina Overwiening und die voraussichtliche Wahl ihres Teams zur neuen ABDA-Spitze zeigen: In Zeiten stetiger Veränderungen im Gesundheitswesen setzt die Standesvertretung auf Kontinuität. Dies bietet den Vorteil, dass zentrale Themen wie die Zukunft der Vor-Ort-Apotheke und die Herausforderungen durch den wachsenden Online-Handel weiterhin mit der Erfahrung und dem Netzwerk der etablierten Führungspersönlichkeiten angegangen werden können. Auch die gestiegene Arbeitslast durch den administrativen Aufwand und die gesetzlichen Anforderungen bleibt ein Schwerpunkt, den die bewährten Kräfte besser denn je verstehen und vertreten können.
Doch während die bekannten Gesichter in der ABDA-Spitze Stabilität versprechen, sind auch neue Impulse dringend gefragt. Die Herausforderungen für Apothekerinnen und Apotheker wachsen stetig, und die Zukunft der Branche ist stark von der Bereitschaft zur Anpassung an digitale Neuerungen, veränderte Versorgungsbedarfe und ein stärker vernetztes Gesundheitssystem geprägt. Der Ruf nach einer innovativen, flexiblen Standesvertretung wird lauter, und die kommenden Jahre zeigen, ob die bewährte Führung dies auch gewährleisten kann oder ob die Standesvertretung hinter den Erwartungen der Basis zurückbleibt.
Securpharm-Kosten steigen: Neue Belastungen für Apotheken ab 2025
Ab dem 1. Januar 2025 sehen sich Apotheken in Deutschland mit steigenden Kosten für das Securpharm-System konfrontiert, das seit 2019 als Schutz vor Arzneimittelfälschungen in Kraft ist. Künftig erhöht sich die monatliche Nutzungsgebühr des Apothekenservers, bereitgestellt von der Netzgesellschaft Deutscher Apotheker (NGDA), um einen Euro und steigt damit auf 12,90 Euro. Hochgerechnet summieren sich die Kosten pro Jahr auf 154,80 Euro, zuzüglich Umsatzsteuer. Die NGDA begründet diese Preisanpassung mit den wachsenden IT-Betriebskosten, die notwendig sind, um die Stabilität und Sicherheit des Systems weiterhin zu gewährleisten. Für Apothekenbetreiber bedeutet das eine weitere finanzielle Herausforderung, in einer ohnehin angespannten Kostenstruktur.
Securpharm, eingeführt zur Umsetzung der europäischen Fälschungsschutzrichtlinie, verpflichtet Apotheken dazu, jede Packung verschreibungspflichtiger Medikamente auf ihre Echtheit zu überprüfen. Dieser Prozess ist für das Apothekenpersonal bereits zur Routine geworden, allerdings bleibt der Nutzen umstritten. Kritische Stimmen verweisen auf die geringen Erkennungszahlen von Fälschungen im legalen Markt. Im Februar 2024 berichtete Securpharm-Geschäftsführer Martin Bergen, dass im fünften Betriebsjahr des Systems nur drei Fälschungen in der legalen Lieferkette entdeckt wurden. Diese Zahl wirkt im Verhältnis zu den laufenden und nun erhöhten Kosten gering, doch Bergen betont die Bedeutung der Prävention und verweist auf die zahlreichen Fälschungen, die außerhalb des Systems auftreten und von Securpharm nicht erfasst werden.
Neben der Kostensteigerung könnten Apotheken weitere Systemanpassungen ins Haus stehen. Für 2025 sind laut NGDA Änderungen an der Systemstruktur geplant, die sowohl Sicherheitsverbesserungen als auch Anpassungen an technologische Standards beinhalten sollen. Apotheken müssen daher sicherstellen, dass ihre internen Systeme auf dem neuesten Stand sind und dass ihre Mitarbeiter mit eventuellen Neuerungen vertraut gemacht werden.
Für viele Betreiber wirft diese Preissteigerung Fragen auf. Angesichts stagnierender Apothekenerlöse und steigender Betriebskosten wird es zunehmend schwieriger, neue Ausgaben zu rechtfertigen. Die Diskussion um die Effizienz und Notwendigkeit von Securpharm könnte durch die Preiserhöhung neu entfacht werden und den Fokus auf die langfristigen Kosten und Nutzen des Systems lenken.
Mit der Preisanpassung für Securpharm wird ein weiteres Mal deutlich, wie Apotheken im Rahmen von gesetzlichen Vorgaben stetig steigenden Kosten ausgesetzt sind. Die Sicherheit in der Arzneimittelabgabe bleibt ohne Frage ein zentrales Anliegen. Doch bei den vergleichsweise niedrigen Erkennungszahlen von Fälschungen stellt sich die Frage, ob das Kosten-Nutzen-Verhältnis für Apotheken auf Dauer tragbar ist. Der Schutz vor Arzneimittelfälschungen ist ohne Zweifel wichtig, doch die hohen Betriebskosten, die Apotheken ohnehin schultern müssen, erschweren ihre finanzielle Situation.
Die neue Gebührenerhöhung ist daher nicht nur eine Frage der IT-Kosten, sondern auch eine Belastungsprobe für die Resilienz der Apothekenlandschaft. In Zeiten zunehmender wirtschaftlicher Unsicherheiten und wachsender Konkurrenz durch Online-Versandapotheken bleibt offen, wie lange stationäre Apotheken solche Zusatzkosten schultern können, ohne die Versorgungssicherheit vor Ort zu gefährden.
„Frag die Apotheke“: Neues Chat-Angebot für individuelle Gesundheitsberatung
Aponet.de bietet mit „Frag die Apotheke“ ab sofort einen rund um die Uhr verfügbaren Chat-Service an, der Nutzer direkt mit Apothekerinnen und Apothekern in Kontakt bringt. Anders als bei herkömmlichen Online-Angeboten oder KI-gestützten Gesundheitsportalen erfolgt die Beratung hier ausschließlich durch Fachpersonal. Dieser neue Service, der in Zusammenarbeit mit der FDA FragDieApotheke GmbH entstand, verspricht eine persönliche, zuverlässige und auf die Bedürfnisse der Nutzer abgestimmte Unterstützung bei Gesundheitsfragen. Laut Rüdiger Freund, Chefredakteur von aponet.de, soll der Chat als niedrigschwellige Anlaufstelle für dringende Fragen dienen – insbesondere in den Abendstunden und an Wochenenden, wenn der Informationsbedarf besonders hoch ist.
Der Zugang zum Chat ist denkbar einfach: Ein dauerhaft auf der Webseite eingeblendeter Button ermöglicht den schnellen Start der Beratung. Binnen weniger Augenblicke erhalten die Nutzer eine Antwort, die nicht nur fachlich fundiert ist, sondern auf die spezifische Anfrage eingeht. Apothekenleiter Steffen Kuhnert, der zugleich Geschäftsführer der FDA FragDieApotheke GmbH ist, betont den hohen Nutzen dieser direkten Kommunikationsmöglichkeit. „Dieses Angebot schließt eine Versorgungslücke, die insbesondere dann auftritt, wenn Apotheken und Arztpraxen geschlossen sind,“ so Kuhnert.
Die Beratung umfasst unter anderem Fragen zur sicheren Anwendung von Medikamenten, möglichen Wechselwirkungen und allgemeinen Gesundheitsfragen. Dabei verweisen die beratenden Apothekerinnen und Apotheker, wo sinnvoll, auf die Vor-Ort-Apotheke oder empfehlen einen Arztbesuch. „Frag die Apotheke“ ergänzt so das bestehende Notdienstangebot und bringt eine zusätzliche Erleichterung für Nutzer, die Unterstützung in Gesundheitsfragen suchen.
Aponet.de als offizielles Portal der deutschen Apothekerschaft hat sich dem Ziel verschrieben, medizinische Informationen patientengerecht und vertrauensvoll aufzubereiten. 2024 wurde das Portal von Verbrauchern als bestes Gesundheitsportal Deutschlands ausgezeichnet. Die FDA FragDieApotheke GmbH, die sich 2021 gründete, verfolgt mit diesem Projekt die Vision, lokale Apotheken in Zeiten der Digitalisierung zu stärken. Neben dem direkten Austausch im Chat liegt der Fokus auf der Entwicklung digitaler Strategien, die es Apotheken ermöglichen, auch online eine persönliche und kompetente Beratungsqualität anzubieten.
Mit dem Chat „Frag die Apotheke“ geht aponet.de einen Schritt auf die digitale Zukunft zu, ohne dabei die persönliche Komponente aus den Augen zu verlieren. In einer Zeit, in der künstliche Intelligenz zunehmend die direkte Kommunikation verdrängt, stellt dieser Service eine wohltuende Rückkehr zu einem menschlichen Austausch dar – ein Faktor, der besonders in Gesundheitsfragen von unschätzbarem Wert ist. Für viele Nutzer ist es beruhigend zu wissen, dass eine echte Person hinter der Beratung steht und fachliche wie ethische Standards eingehalten werden.
Der Chat-Service stellt auch eine sinnvolle Ergänzung zu den traditionellen Notdiensten dar, die oftmals nur im Akutfall Hilfe leisten können. Apothekerinnen und Apotheker, die diesen Dienst nutzen, erhalten die Möglichkeit, ihre Expertise zu erweitern und direkt mit Patienten in Kontakt zu bleiben – eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.
Deutlicher Anstieg der FSME-Infektionen in Deutschland – Impfquoten bleiben niedrig
Die Zahl der FSME-Infektionen in Deutschland ist in diesem Jahr stark gestiegen. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) mitteilt, wurden bis Ende Oktober 582 Fälle der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) registriert, das sind 145 Fälle mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Diese Infektionskrankheit, die durch das FSME-Virus ausgelöst und durch Zeckenstiche übertragen wird, kann zu schweren neurologischen Erkrankungen führen. Vor allem die Hirnhaut, das Gehirn und das Rückenmark können bei einer Infektion betroffen sein.
Besonders problematisch ist, dass in 99 Prozent der Fälle der FSME-Betroffenen kein Impfschutz vorhanden war. Das RKI weist darauf hin, dass die Impfquoten in den als Risikogebieten ausgewiesenen Regionen – darunter Bayern, Baden-Württemberg, Teile Hessens, Thüringens und Sachsens sowie neuerdings auch Brandenburg – vergleichsweise niedrig sind. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt für Menschen in diesen Regionen, die möglicherweise Zeckenkontakt haben, eine FSME-Impfung. Dennoch lag die bundesweite Impfquote im Jahr 2020 bei nur 19 Prozent.
Die Zahl der FSME-Fälle schwankt von Jahr zu Jahr und wird unter anderem durch klimatische Faktoren beeinflusst, welche die Aktivität der Zecken beeinflussen. Bereits ab Temperaturen von etwa sechs Grad Celsius sind Zecken aktiv, weshalb das Infektionsrisiko auch in wärmeren Herbst- und Wintermonaten bestehen kann. Das Freizeitverhalten der Menschen, insbesondere in der Natur, trägt ebenfalls zur erhöhten Infektionsgefahr bei.
Neben FSME haben Zecken in diesem Jahr auch die Bakterien-Infektion Lyme-Borreliose häufiger übertragen. Bundesweit wurden 9.730 Borreliose-Fälle gemeldet, während im gesamten Vorjahr insgesamt 9.601 Fälle dokumentiert wurden. Anders als FSME kommt Borreliose in ganz Deutschland vor und unterliegt keiner bundesweiten Meldepflicht. Die Krankheit kann unbehandelt zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen wie Gelenk-, Herzmuskel- und Nervenentzündungen führen. Bislang gibt es jedoch keine Schutzimpfung gegen Borreliose, weshalb Prävention durch geeignete Kleidung und das Meiden zeckenreicher Gebiete besonders wichtig ist.
Der aktuelle Anstieg der FSME-Fälle zeigt deutlich, wie stark die Gesundheitsrisiken durch Zeckenstiche weiterhin bestehen. Dabei bleibt die unzureichende Impfquote in Deutschland ein zentrales Problem: Trotz der klaren Empfehlungen der Ständigen Impfkommission ist die Bereitschaft zur Impfung gering. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von mangelnder Sensibilisierung über die Gefährlichkeit von FSME bis hin zu Zugangshürden zur Impfung in den Risikoregionen.
Ein weiterer Aspekt, der oft übersehen wird, ist die wachsende Verbreitung von Borreliose, für die derzeit kein Impfstoff zur Verfügung steht. Die Bevölkerung scheint hier besonders auf präventive Verhaltensweisen angewiesen zu sein, etwa durch das Tragen schützender Kleidung und die sofortige Entfernung von Zecken nach dem Aufenthalt im Freien.
Die Entwicklung zeigt, dass ein umfassender Ansatz nötig ist, um das Bewusstsein für die Risiken von Zeckenbissen zu schärfen. Besonders in Risikogebieten sollte die Gesundheitsaufklärung gestärkt werden, um mehr Menschen zur FSME-Impfung zu motivieren und Präventionsmaßnahmen gegen Borreliose zu fördern. Die aktuelle Datenlage fordert ein Umdenken im Umgang mit der Zeckengefahr und eine stärkere Einbindung der öffentlichen Gesundheit in die Aufklärung und Prävention von FSME und Borreliose.
Genetik und das Geschlechterverhältnis: Seltene Mutation zeigt kaum Einfluss auf Geburten
Die Frage, ob werdende Eltern einen Jungen oder ein Mädchen erwarten, wird oft als reines Glücksspiel betrachtet – mit einer Wahrscheinlichkeit von nahezu 50:50. Tatsächlich hängt diese Chance vom Zufall ab: Wenn ein Spermium die Eizelle befruchtet, entscheidet dessen Chromosom (X oder Y) über das Geschlecht des Kindes. Wissenschaftlerinnen der University of Michigan haben jedoch kürzlich eine genetische Besonderheit entdeckt, die dieses Verhältnis minimal beeinflusst.
Durch die Analyse der Daten der britischen UK Biobank, welche DNA-Informationen von etwa einer halben Million Menschen umfasst, fanden die Forscherinnen eine Genvariante, die die Wahrscheinlichkeit, ein Mädchen zu gebären, von 50 auf rund 60 Prozent erhöht. Die genetische Variante bleibt jedoch selten und beeinflusst das Geschlechterverhältnis nur unwesentlich. Das Ergebnis steht im Einklang mit der Theorie des britischen Biologen Ronald Fisher, die seit fast einem Jahrhundert als „Fishers Regel“ bekannt ist. Fisher formulierte, dass in einer stabilen Population langfristig ein Gleichgewicht im Geschlechterverhältnis herrscht: Jede Abweichung wird evolutionär ausgeglichen, da das weniger häufige Geschlecht einen Vorteil in der Fortpflanzung erhält und sich so das Verhältnis stabilisiert.
Für eine signifikante Veränderung des Geschlechterverhältnisses müssten genetische Faktoren langfristig und deutlich stärker wirken. Die US-Forscherinnen gehen jedoch davon aus, dass genetische Veränderungen mit Einfluss auf das Geschlechterverhältnis äußerst selten auftreten und bislang keine nennenswerte Rolle spielen. Der Mensch scheint darauf programmiert zu sein, ein ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen beizubehalten.
Die Wissenschaftlerinnen empfehlen, ihre Erkenntnisse eher in der Landwirtschaft einzusetzen, wo etwa in der Hühnerzucht eine leichte genetische Bevorzugung weiblicher Nachkommen zu einer Steigerung der Erträge führen könnte. Für werdende Eltern hingegen bleibt es beim Zufall, ob sie einen Sohn oder eine Tochter erwarten.
Die Entdeckung einer Genvariante, die das Geschlechterverhältnis minimal beeinflusst, ist ein bemerkenswerter Fortschritt für die Genforschung – auch wenn sie die natürlichen Gesetzmäßigkeiten kaum verändert. Fishers Theorie über die Stabilität des Geschlechterverhältnisses erhält erneut Bestätigung. Die genetische „Balance“ scheint evolutionär fest verankert, eine Art Naturgesetz, das jede Population stabilisiert und Vielfalt erhält.
Für werdende Eltern bleibt die Gender-Frage eine der wohl spannendsten, doch genetisch kaum steuerbaren Unwägbarkeiten. Das Forschungsergebnis ist ein Hinweis darauf, dass Natur und Evolution einen starken Schutzmechanismus eingebaut haben, der Geschlechterverhältnisse stabilisiert. So können Menschen weiterhin darauf vertrauen, dass die Verteilung von Jungen und Mädchen in der Gesellschaft ein sich selbst ausgleichendes Naturgesetz bleibt.
Impfungen als Schlüssel zur Krankheitsprävention: Neue Impfoffensive gegen Grippe, RSV und Pneumokokken gefordert
Der Infektiologe Professor Dr. Thomas Weinke warnt eindringlich vor den gesundheitlichen Gefahren einer zu geringen Impfbereitschaft in Deutschland. Weinke, ehemaliger Chefarzt des Ernst-von-Bergmann-Klinikums in Potsdam und früheres Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO), appelliert an die Öffentlichkeit und die Gesundheitsakteure, die Vorteile von Impfungen besser zu kommunizieren. Der Immunisierung gegen Influenza, das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) und Pneumokokken komme dabei eine zentrale Rolle zu. Die niedrigen Impfquoten, besonders bei gefährdeten Personengruppen, seien aus medizinischer Sicht alarmierend, so der Experte.
Deutschland erreicht derzeit nur eine Impfquote von 43 Prozent bei Risikogruppen gegen Grippe und 23 Prozent bei Pneumokokken. Im Vergleich dazu schaffen Länder wie Dänemark, Portugal oder Irland eine Durchimpfungsrate von 75 Prozent, dem Zielwert der Weltgesundheitsorganisation. Besonders in Anbetracht der potenziell schweren Krankheitsverläufe mahnt Weinke, dass hierzulande noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden müsse. Er sieht Apotheken als wichtige Anlaufstellen, um die Bevölkerung zur Impfung zu motivieren. "Das Impfen in Apotheken gegen Grippe und Covid-19 ist ein Schritt in die richtige Richtung, um Impfhürden zu senken", betont er.
Weinke hebt hervor, dass die Grippe-Impfung in der EU jährlich bis zu 37.000 Todesfälle verhindern könnte. Die Impfungen schützen nicht nur vor der Grippe selbst, sondern auch vor gefährlichen Folgeerkrankungen. So verdreifachen sich etwa bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder COPD das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Grippe sei keineswegs nur eine Atemwegserkrankung, sondern könne das gesamte Körpersystem beeinträchtigen, erklärt Weinke. Er plädiert daher für mehr Aufklärung über die Risiken der „echten Grippe“, die in der Gesellschaft oft verharmlost werde.
Erstmals wird in dieser Saison auch eine Impfung gegen das RSV-Virus für ältere Menschen angeboten. Die STIKO empfiehlt diese für alle Personen ab 75 Jahren sowie für Menschen ab 60 Jahren mit bestimmten Vorerkrankungen oder in Pflegeeinrichtungen. Trotz der häufigeren RSV-Erkrankungen bei Kleinkindern zeigt sich laut Weinke, dass ältere Erwachsene besonders gefährdet sind. Jährlich führt RSV zu 34.400 Krankenhauseinweisungen und etwa 2500 Todesfällen bei Senioren, während es bei Kindern unter zwei Jahren mit 26.000 Hospitalisierungen und drei Todesfällen vergleichsweise mild verläuft.
Auch die Impfung gegen Pneumokokken sei ein bedeutender Faktor für den Gesundheitsschutz, so Weinke. Der Konjugatimpfstoff Prevenar® 20 ist seit diesem Jahr Standard für alle Personen ab 60 Jahren und schützt wirksam gegen die bakterielle Pneumokokken-Pneumonie, die vor allem bei Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes und Herzleiden ein erhöhtes Risiko darstellt.
Apotheken, die sich zur Impfung bereiterklären, könnten dabei helfen, die Impfbereitschaft zu steigern. Doch sie tragen auch eine hohe Verantwortung, alle rechtlichen und organisatorischen Anforderungen zu erfüllen, damit der Ablauf reibungslos funktioniert und höchste Qualitätsstandards eingehalten werden.
Der Ruf nach einer gestärkten Impfbereitschaft in Deutschland ist nicht neu, erhält jedoch in der aktuellen Debatte um Influenza, RSV und Pneumokokken neuen Nachdruck. Professor Weinkes Aussagen machen deutlich, dass der Bedarf an Aufklärung über den Nutzen von Impfungen gerade bei älteren Menschen und chronisch Kranken dringend ist. Apotheken könnten hier eine bedeutende Rolle einnehmen, denn sie bieten niedrigschwelligen Zugang und Beratung auf Augenhöhe.
Dennoch ist der Weg zur Steigerung der Impfquoten kein leichter. Es braucht intensive Aufklärung und eine klare Kommunikation der gesundheitlichen Vorteile – nicht nur durch Apotheken, sondern auch durch die gesamte Gesundheitsbranche. Hohe Hygienestandards und geschultes Personal sind die Grundvoraussetzungen, um Vertrauen aufzubauen und den medizinischen Nutzen einer umfassenden Impfung zu verdeutlichen.
Cybersicherheit in Apotheken – Eine unterschätzte Gefahr
Mit der fortschreitenden Digitalisierung des Gesundheitswesens wächst auch die Bedrohung durch Cyberangriffe auf Apotheken. Immer mehr Apotheker setzen auf digitale Systeme zur Verwaltung von Rezepten, Lagerbeständen und Kundendaten. Doch während diese Technologien die Effizienz und den Service verbessern, steigen die Risiken für die IT-Sicherheit. Cyberkriminelle haben zunehmend Apotheken im Visier, da diese über große Mengen sensibler Daten verfügen – von persönlichen Patienteninformationen bis hin zu Verschreibungsdaten, die für die Gesundheitsversorgung von zentraler Bedeutung sind.
Der jüngste Anstieg von Ransomware-Angriffen, bei denen Hacker die Systeme von Unternehmen verschlüsseln und ein Lösegeld für die Freigabe verlangen, hat auch vor der Apothekenbranche nicht haltgemacht. Dabei sind es oft nicht die großen Ketten, sondern kleinere, unabhängige Apotheken, die besonders gefährdet sind. Viele von ihnen verfügen nicht über die notwendigen IT-Ressourcen oder das Fachwissen, um sich gegen komplexe Cyberangriffe zu schützen. Ein einziger erfolgreicher Angriff kann den Betrieb lahmlegen, den Zugang zu wichtigen Daten blockieren und nicht zuletzt das Vertrauen der Patienten nachhaltig erschüttern.
Eine der größten Herausforderungen für Apothekenbetreiber ist es, ein hohes Maß an IT-Sicherheit zu gewährleisten, ohne den täglichen Betrieb zu beeinträchtigen. Veraltete Softwaresysteme, mangelnde Sicherheitsprotokolle und fehlende Schulungen für Mitarbeiter tragen häufig zu einem erhöhten Risiko bei. Darüber hinaus sind Apotheken oft auf externe Dienstleister angewiesen, um ihre IT-Infrastruktur zu warten, was zusätzliche Schwachstellen schafft, wenn diese Dienstleister selbst nicht ausreichend abgesichert sind.
Ein wirksamer Schutz beginnt mit der Implementierung einer umfassenden Cybersicherheitsstrategie. Dazu gehört, dass Apothekenbetreiber regelmäßig Software-Updates durchführen und auf moderne Sicherheitslösungen setzen, die vor Angriffen schützen. Besonders wichtig ist auch das regelmäßige Backup sensibler Daten, um im Falle eines Cyberangriffs auf eine gesicherte Version zugreifen zu können. Solche Maßnahmen reduzieren das Risiko eines vollständigen Datenverlusts und ermöglichen eine schnellere Wiederherstellung der Systeme.
Doch Technik allein reicht nicht aus. Eine zentrale Rolle spielt auch die Schulung der Mitarbeiter. Viele Cyberangriffe beginnen mit menschlichen Fehlern, wie etwa dem unachtsamen Öffnen von Phishing-Mails oder dem Verwenden unsicherer Passwörter. Apotheker und ihre Angestellten müssen regelmäßig über die aktuellen Bedrohungen informiert und im sicheren Umgang mit digitalen Tools geschult werden. Nur so kann das Risiko von Cyberattacken minimiert werden.
In diesem Zusammenhang lohnt es sich auch, über den Abschluss einer speziellen Cyberversicherung nachzudenken. Diese deckt nicht nur die unmittelbaren Kosten eines Angriffs ab, wie etwa die Wiederherstellung der Systeme, sondern auch mögliche Schadenersatzforderungen, die durch Datenschutzverletzungen entstehen könnten. Angesichts der sensiblen Daten, die Apotheken täglich verarbeiten, kann eine solche Versicherung eine wichtige Ergänzung zum bestehenden Risikomanagement sein.
Letztlich zeigt sich, dass Cybersicherheit für Apotheken kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit ist. Die Digitalisierung bringt zahlreiche Vorteile mit sich, aber sie erfordert auch ein hohes Maß an Verantwortung. Wer sich nicht ausreichend gegen Cyberangriffe absichert, riskiert nicht nur finanzielle Verluste, sondern auch den Verlust des Vertrauens seiner Patienten. Es liegt in der Verantwortung jedes Apothekenbetreibers, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und die Sicherheit der digitalen Systeme zu gewährleisten.
Die Cybersicherheit in Apotheken ist ein Thema, das immer noch zu wenig Beachtung findet. In einer Zeit, in der Daten das neue Gold sind, müssen Apothekenbetreiber sich der Gefahr bewusst sein, die von Cyberkriminalität ausgeht. Die Angriffe auf die Gesundheitssysteme nehmen weltweit zu, und Apotheken stehen dabei an vorderster Front. Sie verwalten nicht nur sensible Daten, sondern auch kritische Informationen, die für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung unerlässlich sind.
Es ist an der Zeit, dass Apothekenbetreiber das Thema Cybersicherheit ernst nehmen und in entsprechende Schutzmaßnahmen investieren. Dies erfordert jedoch nicht nur technologische Lösungen, sondern auch einen Kulturwandel im Umgang mit IT-Systemen. Mitarbeiter müssen sensibilisiert, Systeme regelmäßig aktualisiert und Sicherheitsstrategien proaktiv weiterentwickelt werden. Nur so kann verhindert werden, dass Apotheken zu einfachen Zielen für Cyberkriminelle werden.
Die Folgen eines Angriffs sind oft gravierender, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Der finanzielle Schaden, der durch die Wiederherstellung von Systemen entsteht, kann enorm sein. Hinzu kommen mögliche Bußgelder wegen Verstößen gegen die DSGVO, die das Überleben kleinerer Apotheken ernsthaft gefährden können. Nicht zuletzt geht es aber auch um das Vertrauen der Patienten – und dieses Vertrauen zu verlieren, kann langfristig schwerwiegende Folgen für jede Apotheke haben.
Von Engin Günder, Fachjournalist