In Apotheken bleibt die Kommunikation im Team häufig hinter dem zurück, was für einen stabilen, wirtschaftlich erfolgreichen Betrieb notwendig wäre. Während regulatorische Anforderungen, Personalengpässe und Digitalisierung den Alltag komplexer machen, fehlt es vielerorts an klaren Strukturen für den internen Austausch. Die Folge ist eine Betriebsorganisation, die zunehmend anfällig für Reibungsverluste, Missverständnisse und Ineffizienz wird – mit konkreten Auswirkungen auf Produktivität, Mitarbeitermotivation und Kundenservice.
Besonders deutlich treten die Schwächen in mehrgliedrigen Apothekenstrukturen zutage. Wo mehrere Standorte koordiniert werden müssen, genügt ein einziger Informationsbruch, um Arbeitsabläufe ins Stocken zu bringen. Ohne klar definierte Kommunikationswege bleibt vieles dem Zufall überlassen: Informationen werden unvollständig weitergegeben, Aufgaben doppelt erledigt oder gar nicht, wichtige Rückmeldungen gehen unter. Der Eindruck mangelnder Führung entsteht, obwohl die Probleme tiefer liegen – nämlich im nicht institutionalisierten Wissensfluss.
Ein strukturelles Problem ist auch die sogenannte Wissensasymmetrie. In vielen Apotheken hängt kritisches Wissen – etwa zur Bedienung von Software, zur Organisation von Lieferprozessen oder zur Anwendung interner Standards – an wenigen Schlüsselpersonen. Diese informellen Wissensmonopole führen zu personellen Abhängigkeiten und gefährden im Fall von Krankheit, Urlaub oder Personalwechsel die Handlungsfähigkeit des Betriebs. Ein belastbares, dokumentiertes und für alle zugängliches Wissensmanagement fehlt oft oder ist unzureichend gepflegt.
Hinzu kommt, dass in zahlreichen Betrieben keine verbindlichen Kommunikationsroutinen etabliert wurden. Teams treffen sich nicht regelmäßig zu kurzen Abstimmungen, es existieren weder feste Tagesbesprechungen noch strukturierte Wochenrückblicke. Stattdessen wird im laufenden Betrieb kommuniziert – häufig unvollständig, überlastet oder konfliktvermeidend. Die Konsequenz ist ein Klima der Unsicherheit: Mitarbeitende wissen nicht, woran sie sind, was von ihnen erwartet wird oder wie sie eigene Anliegen adressieren können. Das erschwert nicht nur die Zusammenarbeit, sondern untergräbt langfristig die Identifikation mit dem Betrieb.
Auch auf der Führungsebene zeigt sich ein Defizit an Kommunikationskompetenz. Häufig fehlt die bewusste Auseinandersetzung mit der Frage, wie Kommunikation als Führungsinstrument genutzt werden kann. Anweisungen werden gegeben, ohne deren Hintergründe zu erläutern, Erwartungen bleiben implizit, Konflikte werden vermieden statt geklärt. Dabei wäre gerade in angespannten Zeiten eine klare, transparente und kontinuierliche Kommunikation das zentrale Mittel, um Orientierung zu geben und Bindung zu schaffen.
Zudem erschwert der digitale Rückstand vieler Apotheken die Etablierung effizienter Kommunikations- und Wissenssysteme. Während andere Branchen längst auf cloudbasierte Tools, transparente Aufgabenverwaltung und zentrale Plattformen zur Dokumentation setzen, dominieren in vielen Apotheken noch Notizzettel, persönliche Absprachen und nicht nachvollziehbare Ablagestrukturen. Die Skepsis gegenüber digitalen Lösungen bremst nicht nur die interne Kommunikation, sondern auch das Innovationspotenzial der gesamten Organisation.
Letztlich bleibt festzuhalten: Die interne Kommunikation ist kein technisches Nebenprodukt, sondern ein zentraler Stabilitätsfaktor. Apotheken, die sich strukturell und kulturell nicht um sie kümmern, riskieren mehr als nur betriebliche Reibungsverluste – sie gefährden die Handlungsfähigkeit ihrer Organisation im Kern.
Kommentar:
Die Bedeutung interner Kommunikation wird in Apotheken systematisch unterschätzt – ein Versäumnis mit weitreichenden Folgen. Wer glaubt, ein Betrieb könne dauerhaft erfolgreich funktionieren, ohne dass Informationen verlässlich fließen, Zuständigkeiten klar geregelt sind und Wissen strukturiert geteilt wird, verkennt die Realität moderner Arbeitsorganisation. Besonders in einem Umfeld, das durch Fachkräftemangel, komplexe Abrechnungsstrukturen und zunehmende Bürokratie ohnehin unter Druck steht, ist Kommunikation keine Kür, sondern Pflicht.
Auffällig ist, dass viele Apothekenleitungen den Zustand ihrer internen Kommunikation entweder gar nicht wahrnehmen oder ihn als nebensächlich abtun. Dabei müsste längst klar sein: Missverständnisse, unklare Aufgabenverteilungen und fehlender Austausch sind nicht nur Reizthemen für das Personal, sondern ganz konkret betriebswirtschaftliche Risiken. Wenn etwa Aufgaben doppelt bearbeitet, Informationen übersehen oder Entscheidungen nicht nachvollzogen werden, entstehen Verzögerungen, Fehler und Frust – allesamt Faktoren, die den Betrieb unnötig belasten.
Hinzu kommt, dass das Fehlen strukturierter Kommunikation langfristig die Unternehmenskultur aushöhlt. Wer nicht gehört wird, zieht sich zurück. Wer nicht informiert ist, trifft schlechtere Entscheidungen. Wer nicht eingebunden wird, verliert die Bindung zum Betrieb. In einer Branche, in der Teamzusammenhalt und Fachwissen entscheidend für die Qualität der Versorgung sind, kann sich eine solche Entwicklung niemand leisten.
Es ist deshalb höchste Zeit, interne Kommunikation als das zu behandeln, was sie ist: ein strategisches Führungsinstrument. Dazu gehört nicht nur, technische Lösungen zu implementieren, sondern auch, als Leitung Verantwortung für den kommunikativen Rahmen zu übernehmen. Teams brauchen Klarheit, Struktur, Feedback – und das regelmäßig. Gute Kommunikation kostet Zeit, aber schlechte kostet den Betrieb. Wer sie systematisch vernachlässigt, riskiert nicht nur Unruhe, sondern strukturellen Schaden. Die Funkstille in Apotheken ist keine Nebensache. Sie ist ein Alarmsignal.
Von Engin Günder, Fachjournalist