In vielen Apotheken ist die interne Kommunikation ein unterschätzter Risikofaktor – mit direkten Auswirkungen auf Arbeitsabläufe, Mitarbeitermotivation und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Während sich der Markt zunehmend digitalisiert und der Druck auf inhabergeführte Betriebe wächst, bleibt die Kommunikation im Team oft auf einem rudimentären Niveau. Die Folgen sind strukturelle Reibungsverluste, ineffiziente Prozesse und eine schleichende Erosion des kollegialen Zusammenhalts.
Ein zentrales Problem liegt in der fehlenden Systematik. Kommunikation findet häufig punktuell statt – wenn überhaupt. Viele Betriebe verzichten auf regelmäßige Abstimmungsformate, stattdessen dominieren spontane Zurufe im hektischen Alltag. Dadurch entstehen Lücken: Aufgaben werden doppelt bearbeitet oder gar nicht, Zuständigkeiten sind unklar, Verantwortungsbewusstsein wird untergraben. In der Folge stagniert die Produktivität, während gleichzeitig Unzufriedenheit im Team wächst.
Hinzu kommt eine geringe Bereitschaft zur digitalen Dokumentation und zum gezielten Wissensmanagement. Noch immer sind Informationen über Prozesse, technische Abläufe oder organisatorische Standards oft nur mündlich oder in Einzeldokumenten verfügbar – ohne Systematik, ohne Redundanz. In vielen Apotheken hängt entscheidendes Wissen an Einzelpersonen. Fallen diese kurzfristig aus, sind ganze Abläufe gefährdet. Der Aufbau zentraler, digital zugänglicher Wissensplattformen erfolgt nur schleppend, obwohl längst praxistaugliche Lösungen zur Verfügung stünden.
Auch auf der kulturellen Ebene zeigen sich Defizite. Die interne Kommunikation ist in zahlreichen Betrieben stark hierarchisch geprägt. Mitarbeitende erhalten Anweisungen, ohne den größeren Zusammenhang zu kennen oder eigene Perspektiven einbringen zu können. Das erschwert nicht nur die Identifikation mit dem Betrieb, sondern bremst auch Innovationsfähigkeit und Verantwortungsübernahme. Eine gemeinsame Vision fehlt vielerorts – dabei wäre sie Voraussetzung für ein motiviertes, resilient agierendes Team.
Zudem werden personelle Entscheidungen häufig ohne systematische Prüfung der Teamkompatibilität getroffen. Neue Mitarbeitende werden eingestellt, ohne dass ausreichend geprüft wird, ob sie zur Kommunikations- und Arbeitskultur passen. In einer zunehmend digitalisierten Arbeitsumgebung ist das fatal. Wer sich internen Prozessen entzieht oder digitale Werkzeuge ablehnt, gefährdet die Einheitlichkeit der Abläufe – und damit die Leistungsfähigkeit des gesamten Betriebs.
Auch aus wirtschaftlicher Perspektive ist die Vernachlässigung der Teamkommunikation riskant. Fehler durch Missverständnisse, redundante Tätigkeiten oder fehlende Rückmeldeschleifen verursachen Zeitverluste und Zusatzkosten. Gleichzeitig wächst der Wettbewerbsdruck durch Ketten, Versandhandel und gesetzgeberische Veränderungen. In diesem Umfeld ist betriebliche Effizienz kein Wettbewerbsvorteil mehr – sondern eine Überlebensbedingung. Und Effizienz beginnt bei der Frage, wie gut Teams miteinander sprechen, planen und entscheiden.
Kommentar:
Die Apothekenbranche kämpft an vielen Fronten: steigende regulatorische Anforderungen, ein sich wandelndes Kundenverhalten, Fachkräftemangel und wirtschaftlicher Druck. In dieser Gemengelage wird ein Thema regelmäßig unterschätzt – die Qualität der internen Kommunikation. Dabei entscheidet gerade sie darüber, ob ein Betrieb stabil funktioniert oder langsam ins Straucheln gerät.
Was im hektischen Tagesgeschäft als Nebensache erscheint – ein offenes Wort, eine klare Abgrenzung von Zuständigkeiten, die regelmäßige Abstimmung im Team – ist in Wirklichkeit das operative Rückgrat des gesamten Betriebs. Apotheken, die auf Kommunikation verzichten oder sie dem Zufall überlassen, unterminieren ihre eigene Handlungsfähigkeit. Denn Missverständnisse erzeugen nicht nur Frust, sondern kosten Geld. Sie führen zu Fehlern in der Kundenberatung, zu ineffizienten Abläufen und zu einem stillen Rückzug der Mitarbeitenden aus der Eigenverantwortung.
Dabei ist gute Kommunikation kein Hexenwerk. Sie braucht keine Großinvestitionen, sondern klare Strukturen, Verlässlichkeit und die Bereitschaft zur Veränderung. Wer sich der Realität stellt, erkennt schnell: Ein funktionierendes Team ist kein Produkt reiner Fachkompetenz – sondern das Ergebnis ständiger, aktiver Auseinandersetzung mit Prozessen, Menschen und Informationen. Wo Kommunikation lebt, entstehen Respekt, Stabilität und betriebliche Resilienz. Wo sie fehlt, wächst der Verschleiß – menschlich wie wirtschaftlich.
In einer Branche, die immer stärker auf digitale Effizienz und gleichzeitige Kundennähe setzen muss, wird interne Kommunikation zur Schlüsselressource. Wer sie strategisch ignoriert, verspielt nicht nur Chancen, sondern riskiert den Anschluss. Die Frage ist nicht, ob man kommuniziert – sondern ob man es gut genug tut, um gemeinsam erfolgreich zu bleiben.
Von Engin Günder, Fachjournalist