Das Unternehmen behauptete, dass die E-Mail ordnungsgemäß abgeschickt worden sei und keine Hinweise auf eine erfolglose Zustellung vorlägen, weshalb der Zugang der E-Mail als bewiesen gelten müsse. Der Kunde hingegen argumentierte, dass lediglich eine Preisanfrage telefonisch gestellt wurde und keine Bestätigung per E-Mail erhalten wurde.
Das Landgericht Schwerin und später auch das Oberlandesgericht Rostock wiesen die Klage des Unternehmens ab. Sie begründeten ihre Entscheidung damit, dass für den Zugang einer einfachen E-Mail kein Anscheinbeweis vorliegt. Unter den gegebenen technischen Bedingungen sei allein die Tatsache, dass die E-Mail abgeschickt wurde und keine Hinweise auf eine erfolglose Zustellung vorliegen, nicht ausreichend, um den Zugang der E-Mail zu beweisen.
Es wurde festgehalten, dass der Kläger nicht verlangen könne, dass der Beklagte seinen gesamten E-Mail-Verkehr offenlegt, um den Zugang der E-Mail zu beweisen. Dies entspräche einem Durchsuchen von Briefkästen oder Wohn- und Geschäftsräumen in der analogen Welt, was in einem Zivilprozess nicht angemessen sei.
Apothekenbetreiber könnten ebenfalls von diesem Urteil betroffen sein, insbesondere bei der Bestätigung von Bestellungen oder anderen Geschäftsabschlüssen per E-Mail. Die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen, um den Zugang von wichtigen Korrespondenzen nachweisbar zu machen, und verdeutlicht die Bedeutung einer angemessenen Balance zwischen Privatsphäre und rechtlichen Ansprüchen.
Kommentar:
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Rostock markiert einen wichtigen Meilenstein in der rechtlichen Behandlung von E-Mail-Korrespondenz und Vertragsabschlüssen. Sie verdeutlicht, dass der Nachweis des Zugangs einer einfachen E-Mail allein nicht ausreicht, um einen Vertragsabschluss zu belegen.
Diese Entscheidung ist von großer Bedeutung für Unternehmen, Verbraucher und insbesondere auch Apothekenbetreiber, die häufig auf elektronische Kommunikation angewiesen sind. Sie zeigt, dass die Beweislast für den Zugang von E-Mails nicht leichtfertig angenommen werden kann.
Darüber hinaus betont die Entscheidung die Bedeutung einer angemessenen Balance zwischen dem Schutz der Privatsphäre und der Durchsetzung rechtlicher Ansprüche. Die Forderung nach Offenlegung des gesamten E-Mail-Verkehrs des Beklagten wurde zu Recht als unverhältnismäßig und unangemessen zurückgewiesen.
Insgesamt stützt dieser Beschluss das Vertrauen in die Integrität des Justizsystems und unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung von Beweismitteln in Rechtsstreitigkeiten, insbesondere im Bereich der digitalen Kommunikation.
Von Engin Günder, Fachjournalist