Das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hat nicht nur die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen Apotheken und Großhandel grundlegend verändert, sondern auch eine Welle der Unzufriedenheit in der Branche ausgelöst. Viele Apotheker sehen sich seitdem mit deutlich schlechteren Konditionen konfrontiert. Während der Großhandel seine Position stärkt und höhere Margen realisiert, kämpfen vor allem kleine und mittelständische Apotheken mit den finanziellen Auswirkungen der neuen Gebühren und reduzierten Rabatte.
Besonders brisant ist dabei, dass die Liste der zusätzlichen Kosten, die der Großhandel geltend macht, stetig länger wird. Versandpauschalen, Mindestbestellzuschläge, Gebühren für Retourenbearbeitung und andere „sonstige“ Positionen belasten zunehmend die Budgets der Apotheken. Brancheninsider kritisieren, dass diese Entgelte nicht selten intransparent und schwer nachvollziehbar sind. Apotheker, die diese Entwicklungen stillschweigend hinnehmen, riskieren massive Einschnitte in ihren Einkaufsrenditen – und damit auch in ihrer wirtschaftlichen Stabilität.
Doch es gibt Wege, sich gegen diese Entwicklung zu wehren. Experten raten dazu, gezielt in die Verhandlungen mit dem Großhandel einzusteigen. Viele der aufgerufenen Gebühren sind verhandelbar, wenn Apotheker ihre Position mit klaren Zahlen und Strategien untermauern. Zudem bieten sich Alternativen wie die Bündelung von Bestellungen über Einkaufsgemeinschaften oder die Nutzung alternativer Lieferanten, um Druck auf die Konditionen auszuüben. Auch technische Lösungen wie KI-gestützte Systeme können helfen, Kosten zu analysieren und gezielt Einsparpotenziale zu identifizieren.
Kommentar:
Das BGH-Urteil hat ohne Frage eine neue Dynamik in die Geschäftsbeziehungen zwischen Apotheken und Großhandel gebracht. Doch diese Dynamik ist keine Einbahnstraße. Während der Großhandel versucht, seine Margen zu optimieren, stehen Apotheken vor der Herausforderung, ihre eigene Position zu stärken – und das ist möglich.
Die Tatsache, dass viele Apotheken die neuen Gebühren und schlechteren Konditionen ohne großen Widerstand akzeptiert haben, zeigt ein strukturelles Problem: Zu oft werden die wirtschaftlichen Spielräume nicht ausreichend analysiert und genutzt. Dabei bietet gerade diese Krise eine Chance zur Neupositionierung. Wer seine Einkaufsstrategien überdenkt, effizientere Prozesse einführt und aktiv in Verhandlungen mit dem Großhandel tritt, kann langfristig gestärkt aus dieser Situation hervorgehen.
Wichtig ist jedoch, dass auch die Politik ihre Verantwortung erkennt. Das Urteil hat zwar eine rechtliche Klarheit geschaffen, aber die daraus resultierenden wirtschaftlichen Belastungen für Apotheken dürfen nicht ignoriert werden. Die Apotheke vor Ort ist weit mehr als nur ein Geschäft – sie ist ein tragender Pfeiler der Gesundheitsversorgung. Es braucht daher eine stärkere politische Unterstützung, um das Gleichgewicht zwischen Großhandel und Apotheken wiederherzustellen.
Gleichzeitig sollten Apotheker diese Herausforderung als Weckruf sehen. Die Zeit des stillen Hinnehmens ist vorbei. Wer jetzt handelt, flexibel bleibt und sich aktiv für seine wirtschaftlichen Interessen einsetzt, wird nicht nur die aktuellen Einbußen kompensieren können, sondern auch langfristig die eigene Zukunft sichern.
Von Matthias Engler, Fachjournalist