Airlines fliegen trotz Liberalisierung weiterhin in einer regulierten Industrie. Der Luftverkehr wird traditionell durch politische, ökonomische und auch militärische Interessen reguliert. Auflagen, Protektionismus, Barrieren zum Marktzugang aber auch Vorgaben für nationale Eigentumsverhältnisse bestimmen das Tagesgeschäft. Zudem ist die Airline-Industrie stark zyklisch und reagiert empfindlich auf externe Schocks. Wie die Studie von A.T. Kearney nun zeigt, müssen sich Airlines auf diese Bedingungen einstellen und in ihrer Zukunftsplanung von zwei Extremszenarien ausgehen: Entweder die Märkte bleiben relativ reguliert und verzerrt oder aber sie öffnen sich vollständig.
In der Studie werden die sieben größten Airlines Europas und des Nahen Ostens untereinander sowie mit erfolgreichen Beispielen aus anderen Branchen verglichen. Diese sieben Airlines repräsentieren drei Geschäftsmodelle: die etablierten Fluggesellschaften oder auch "Legacy-Carrier" Lufthansa, AirFrance/KLM und IAG, die Low-Cost-Carrier Ryanair und easyJet sowie die größten Herausforderer aus dem Nahen Osten Emirates und Turkish Airlines. Es werden fünf entscheidende Erfolgsfaktoren für die Fluggesellschaften der Zukunft beleuchtet: Kostenmanagement, Erlösmanagement, Markenstärke, Kundennähe und Innovationskraft sowie Marktpräsenz.
Kostenmanagement:
Wer Marktführer werden will, muss bereit sein, sich hinsichtlich Kosten auch an anderen Geschäftsmodellen messen zu lassen. "Es ist bemerkenswert, dass die Airlines, die ihre Kosten am besten im Griff haben, auch die sind, von denen namentlich kein Kostensenkungs-programm bekannt ist", sagt Studienleiterin Dr. Tanja Wielgoß, Partnerin und Europa-Verantwortliche für den Luftverkehr bei A.T. Kearney. "Kostenbewusstsein ist Teil der Unternehmenskultur der treffend bezeichneten Low-Cost-Carrier."
Erlösmanagement:
Eine erfolgreiche Airline kann ihr Ergebnis mit Zusatzgeschäften deutlich verbessern. Denn mit den Erlösen aus dem eigentlichen Fluggeschäft schaffen es die Fluggesellschaften kaum noch ihre Kosten zu decken. Sie sollten sich daher verstärkt auf zusätzliche Umsätze, die mit den Passagieren generiert werden können, konzentrieren. Tanja Wielgoß zeigt die Parallele zur Entwicklung der Flughäfen auf: "Früher haben Flughäfen ausschließlich von der Einnahme der Nutzungsgebühren gelebt, die Airlines bezahlen müssen, wenn sie einen Flughafen anfliegen. Heute stammen die Gewinne fast vollständig aus den so genannten Non-Aviation-Aktivitäten."
Markenstärke, Kundennähe und Innovationskraft sowie Marktpräsenz:
"Fliegen ist heute ein Dienstleistungsgeschäft", sagt Wielgoß. Marke, Kundennähe und Innovation sowie globale Marktpräsenz sind damit ein Muss für international agierende Airlines. Die Kluft allerdings zu den Top-10-Marken weltweit oder auch zu den besten drei Automobilherstellern oder Expresszustellern kann kaum größer sein. Markenwerte liegen bei einem Bruchteil dessen, was Marktführer hier an Ergebnissen erzielen können. Die Führungsteams spiegeln bestenfalls zum Teil die eigene Kundschaft wider und geben so ein Indiz dafür, warum viele Airlines sich schwer tun, erstklassigen Service und praxisnahe Produktinnovation zu bieten. In puncto Marktanteil haben sich die größten Airlines in Europa bereits stark den Markt aufgeteilt. Global allerdings liegen die Marktanteile jeweils zwischen vier und sechs Prozent bei den drei größten Fluggesellschaften und damit weit hinter den 20-30 Prozent zum Beispiel der erfolgreichsten drei Expresszusteller. A.T. Kearney Prognosen zufolge können die Top-3-Airlines jedoch mit voranschreitender Konsolidierung einen kumulierten Marktanteil von über 40 Prozent erreichen. Damit gelänge es ihnen, an die Marktanteile der Top 3 in der internationalen Expresszustellung (80 Prozent), der Smartphone-Industrie (60 Prozent) und der Automobilbranche (37 Prozent) aufschließen.
Airlines können erfolgreich sein
Die Studie vergleicht die Airlines mit den Top 10 der weltweiten Marken, zieht Vergleiche zu den drei wertvollsten Automobilmarken, bewertet wie Diversität Innovationen fördert und vergleicht den Grad der Konsolidierung und der globalen Präsenz mit anderen Branchen. Es zeigt sich, dass Airlines mit und ohne Regulierung erheblichen Spielraum haben und sich auf das konzentrieren sollten, was sie beeinflussen können. Wenn sie dies tun, werden sie weiterhin große Teile ihrer Mitarbeiter und Bevölkerung faszinieren und emotionalisieren. Anders als viele andere Industrien haben sie eine gute Startposition: Fliegen ist noch immer attraktiv.