„Würden Sie bei einem Großhändler einkaufen, dessen Verkaufräume kaum zu finden, die Waren schlecht ausgezeichnet, Preise kaum zu ermitteln und außerdem weit und breit keine Verkäufer zu sehen sind?“, diese Frage stellte Marco Zingler (denkwerk), Vorsitzender der Fachgruppe Agenturen im BVDW, beim B2B-Gipfel in der vergangenen Woche in Bad Homburg in den Raum. Gleichzeitig skizziert Marco Zingler damit die Kardinalfehler vieler Unternehmen, die Waren und Dienstleistungen über die eigene Webseite anbieten. Die Ursache hierfür: Usability-Grundlagen, die im Online-Geschäft mit dem Endkunden selbstverständlich sind, finden im B2B-Umfeld häufig genug keine Anwendung. Wie viel Geld durch mangelhafte Usabilty verschenkt wird, wird deutlich, wenn man sich die wichtigsten Branchenindikatoren vor Augen führt: 289 Milliarden Euro* wurden 2005 im B2B-Online-Handel umgesetzt, bis 2009 soll sich diese Summe nach Expertenmeinung annähernd verdoppeln.
„Usability“ – Fremdwort im Online-Handel zwischen den Unternehmen
In der „Usability“, also der einfachen, intuitiven Bedienbarkeit der Webauftritte durch den Nutzer, liegt der Schlüssel zur Transaktion. Der Vergleich mit dem Endkundengeschäft im Internet deutet an, wo die Probleme liegen. So finden lediglich 58 Prozent der Geschäftskunden, was sie suchen. Diese Quote liegt im sogenannten B2C-Online-Handel, bei dem es in aller Regel um wesentlich geringere Umsätze pro Transaktion geht, um acht Prozent höher.
„Auch beim Auffangen der Kaufabbrecher und in Sachen Kundenbindung haben viele Unternehmen im B2B-Bereich noch echten Nachholbedarf“, so Stefan Bessing (T-Systems Multimedia Solutions), stellvertretender Vorsitzender der Fachgruppe Agenturen im BVDW. „Wer seine Kunden schlecht bedient, verliert sie an die Konkurrenz“ – auf diese einfache Formel bringt BVDW-Experte Stefan Bessing die Konsequenz und verweist auf die gestiegenen Ansprüche der Internetkäufer. „Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob der geplante Kauf privat oder geschäftlich motiviert ist“, bestätigt Marco Zingler. „Der einzige Unterschied liegt darin, dass Geschäftskunden häufiger und mehr kaufen, daher wiegt der Verlust eines Kudnen umso schwerer.
Kleine Anpassungen – große Wirkung
„Die gute Nachricht für alle, die dem Thema Usability bisher noch nicht die erforderliche Aufmerksamkeit geschenkt haben, lautet: Auch mit wenigen Anpassungen lässt sich oft schon viel bewirken“, urteilt Stefan Bessing. So seien zum Einen die Zielgruppen zwar heterogen, aber dennoch übersichtlich: Small Business, Geschäftsführer, leitende Angestellte, Angestellte in Mittel- und Großunternehmen, Mitarbeiter aus dem Einkauf oder dem Office. Anpassungen in der Kundenansprache oder in der Zusammenstellung des Warensortiments würden sich da fast schon zwangsläufig ergeben. Zum Anderen seien die grundlegenden Usability-Kriterien ja schon länger bekannt, es fehle eben oft an der Sachkenntnis, wie diese korrekt umgesetzt werden könnten. „Die Tatsache, dass im B2B-Bereich zu wenig echte Usability-Experten agieren, lässt sich durch ein Outsourcing an Multimedia- und Internet-Agenturen leicht kompensieren“, fügt BVDW-Gesamtvorstand Marco Zingler an. „Die Verbesserungen auf der Einnahmenseite sollte es den Unternehmen Wert sein.“ Letztlich würden diese auch dafür Sorge tragen, dass aktuelle Entwicklungen im Usability-Bereich, etwa aus dem Web2.0-Umfeld, frühzeitig für das B2B-Umfeld adaptiert werden und so die Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft gesichert ist.