„Viele große Themen scheinen hinter den Pandemie-Auswirkungen kleiner geworden zu sein. Das sind sie aber nicht: Strukturelle Herausforderungen der Wirtschaft, nationale Egoismen, der Klimawandel, die Verkehrswende, die digitale Transformation, sie sind alle noch da“, so der Vorstandsvorsitzende der BVL, Prof. Thomas Wimmer, in seiner Eröffnungsrede. Allen Akteuren im Wirtschaftsbereich Logistik sei jedoch eines gemeinsam: „Wir wollen die Chancen der Krise für eine robuste Gestaltung der Lieferketten nutzen, zum Beispiel den Digitalisierungsschub, die Überprüfung von Sourcing-Strategien und des Primats der Kostenminimierung.“
Das Motto des Kongresses, das schon im November 2019 formuliert worden war, gibt also unverändert die Richtung vor. Es gilt, logistische Prozesse nachhaltig zu gestalten, um in der neuen Dekade zu bestehen. „Wir haben nur diese eine Welt und müssen unsere Beiträge leisten, sie den nachfolgenden Generationen zu erhalten“, unterstrich Wimmer. Ökonomie und Ökologie seien vereinbar und die Logistik setze bereits heute entsprechende Konzepte in der Praxis um: „Wir nennen es „Nachhaltigkeit durch Effizienz“. Höhere Wirtschaftlichkeit durch weniger Ressoucenverbrauch ist praktizierter Umweltschutz“, so der Vorstandsvorsitzende. Er wies jedoch darauf hin, dass Ware heute und in Zukunft transportiert werden muss und Bewegung Ressourcen verbraucht – ebenso wie Informationsflüsse im Internet energieaufwändig sind. „Um den Ressourcenverbrauch und damit die Emissionen weiter zu senken, müssen wir den Hebel an den richtigen Stellen ansetzen“, so Wimmers Appell.
Beispiele für unternehmerische Strategien in der Logistik, die Nachhaltigkeit im Blick haben, sind
- maßgeschneiderte intermodale Transportwege, die auf Teilstrecken jeweils den umweltverträglichsten Verkehrsträger nutzen,
- die konsequente Nutzung der Digitalisierung, um realwirtschaftliche Abläufe über den „digitalen Zwilling“ zu optimieren
- Einsatz von Robotern, um Arbeitsabläufe ergonomischer zu gestalten
- Qualifizierungsmaßnahmen, um allen Mitarbeitern den Nutzen und die Handhabung neuer digitaler Tools zu vermitteln.
Wirtschaftliche Erholung
Der Logistik-Indikator auf Basis der August- und der Septemberumfrage 2020 legt die Prognose nahe, dass es ein V-förmiger konjunktureller Verlauf werden dürfte. Denn vieles spricht dafür, dass der Wirtschaftsbereich Logistik eine zügige Erholung erlebt, wenige Monate nach dem steilen wirtschaftlichen Absturz in Folge des Corona-Lockdowns und der massiven Störung der internationalen Lieferketten. Derzeit sind alle Indikatorwerte nach oben gerichtet: die Geschäftslage, die Erwartungen und der Klimawert insgesamt.
In der Hochphase des Lockdowns wurden Lieferketten empfindlich gestört. Die Logistik in Deutschland hat aber unter Beweis gestellt, wie leistungsfähig sie ist und wie schnell und flexibel sie reagieren kann. Manche Branchen melden massive Umsatzeinbrüche um 80 Prozent in den Monaten des Lockdowns, um 10 oder 20 Prozent auf das das gesamte Jahr bezogen. Wie bereits in der Wirtschaftskrise 2008/2009 erfahren die Logistik-Dienstleister einen Verstärkungseffekt in der Amplitude, müssen also extremere Schwankungen verkraften als Industrie und Handel.
Logistik-Treffen in Zeiten von Corona
Der Kongress, zu dem sonst rund 3.200 Teilnehmer in Berlin zusammenkommen, sollte in diesem Jahr als hybrides Format mit weniger Teilnehmern und Ausstellung vor Ort in Berlin sowie zusätzlichem Streaming der Inhalte durchgeführt werden. Er findet nun für die Teilnehmer rein digital statt.
Aus der Verantwortung für die Gesundheit aller Beteiligten heraus haben die Spitzengremien der BVL nach intensiven Beratungen rund eine Woche vor Kongresseröffnung entschieden, die Präsenzveranstaltung in Berlin abzusagen. Der Großteil der Inhalte des Kongresses wird nun als rein digitales Format angeboten, weitere Teile werden als Webinare folgen. Komplett abgesagt werden die Ausstellung und die Networking-Events.
„Die Corona-Entwicklung macht vielen Menschen Sorgen. Somit liegt heute eine völlig andere Situation vor als im Sommer, als die Gremien der BVL beschlossen hatten, den Kongress vom 21. bis 23. Oktober 2020 als „hybride“ Veranstaltung mit einem hohen Präsenzanteil vor Ort durchzuführen“, so Wimmer. Vorstand und Geschäftsführung der BVL bedauern die Absage der Präsenzveranstaltung außerordentlich und hoffen auf wieder sicherere Rahmenbedingungen im kommenden Jahr. Optimistisch stimmt eine Aussage der Messe München mit Blick auf ihre Logistik-Leitmesse: „Wir erwarten die globale Logistikwirtschaft mit allen Beteiligten aus Industrie, Handel und Dienstleitung im Mai 2021 zur transport logistic in München. Stand heute haben sich bereits über 80 Prozent der Aussteller wieder angemeldet“, so Stefan Rummel, Geschäftsführer der Messe München GmbH und Mitglied im Beirat der BVL.