Die CFK-Valley-Mitglieder The Team Technology GmbH (TTT), Hamburg, und Carbo Tech Composites GmbH (CTC), Salzburg, haben soeben einen Vertrag mit der britischen Forschungsvereinigung Motor Industry Research Association (Mira) über die Hersteller unabhängige Entwicklung der ersten schweren EU-Sattelzugmaschine aus Kohlenstofffaserverbundwerkstoffen (CFK) unterzeichnet. Dieser Sattelzug besteht im wesentlichen aus einer Kohlenstofffaserverbundkonstruktion im Bereich des Chassis, des Fahrwerks und des Fahrerhauses sowie einer Reihe von An- und Einbauteilen. Die dreiachsige Zugmaschine mit rund 330 kW (450 PS) soll das modernste und leichteste motorgetriebene Nutzfahrzeug der schweren Klasse werden und als Prototyp bis 2009 fertiggestellt sein.
Die umweltrelevante Bedeutung dieses Projekts verdeutlicht eine Beispielrechnung: Bei einer durchschnittlichen Leergewichtreduzierung von 5,5 bis 6 Tonnen pro Lastzug (Zugmaschine und Dreiachsauflieger) ergibt sich eine Reduzierung der CO2-Emission von rd. 12 bis 15 Mio. t/Jahr - bezogen auf alle derzeit zugelassenen Fahrzeuge der deutschen Flotte dieser Klasse.
Gewichtsvorteile und integrierte Funktionen
Bei vergleichbaren Steifigkeits- und Festigkeitswerten ist CFK etwa 70 Prozent leichter als Stahl und etwa 40 Prozent leichter als Aluminium - bei nur etwa 20 Prozent höheren Kosten. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit der Funktionsintegration: Kein Verschrauben oder Schweißen von zusätzlichen Bauteilen - alle Zusatzfunktionen wie Palettenkästen, Reserveräder oder Anfahrschutz sind im Gesamtgewicht des Trailers von 3 bis 3,5 t bereits integriert.
Leichtbau ist in - und Kohlenfaserverbundwerkstoffe sind dabei offenbar kaum zu schlagen. Allerdings stellt der Stoff, aus dem die Leichtgewichte sind, auch enorme Ansprüche. Dipl.-Ing. Ria Kaiser, Geschäftsführende Gesellschafterin des Projektpartners TTT: "Zur mechanischen Bearbeitung von CFK-Bauteilen benötigt man extrem hochfeste und verschleißfeste Werkzeuge. Hier gibt es noch deutliches Entwicklungspotenzial. Deshalb wird derzeit die mechanische Bearbeitung auf ein Minimum reduziert." Das führe zu gesteigerten Anforderungen an den Werkzeug- und Formenbau: "Je weiter man die mechanische Bearbeitung reduziert, desto mehr erhöht sich die Komplexität der Form."
Neue Leichtigkeit auch im Maschinenbau
Die Möglichkeiten des Leichtbau-Werkstoffs CFK sind indes mit der Anwendung im Fahrzeugbau bei weitem noch nicht ausgereizt. Hans Jürgen Lange, ebenfalls Geschäftsführender Gesellschafter bei TTT: "So wie wir an das Thema Nutzfahrzeuge aus CFK heran gegangen sind, steht jedem Maschinen- und Werkzeugbauer die Möglichkeit offen, bei schweren, beweglichen Teilen stationärer Maschinen über Massenreduzierungen die mechanischen Prozesse zu optimieren. Denn Leichtlauf bedeutet: Weniger Energie und minimierter Verschleiß."
Experte in Sachen CFK-Bearbeitung ist Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Hintze, verantwortlich für die Produktionstechnik im Institut für Produktionsmanagement und -technik an der TU Hamburg-Harburg und gleichfalls Mitglied des CFK-Valley Stade e.V.: "Mit CFK lässt sich die Dynamik von Werkzeugmaschinen und Handhabungsgeräten steigern, wenn die Masse der zu beschleunigenden Schlitten oder Spindeln reduziert wird." Gleiches gelte für jegliche oszillierend bewegte Hebel und Schlitten beispielsweise in Verpackungs-, Druck- oder Textilmaschinen. Über eine Reduktion von Fliehkräften erlaube die CFK-Bauweise bei schnell laufenden Walzen höhere Drehzahlen. Alternativ könne die Belastung von Lagerungen verringert und damit die Lebensdauer verlängert werden. "Schließlich", so Hintze, "lassen sich durch Verwendung von CFK thermisch bedingte Deformationen von Maschinen und Geräten vermindern und damit eine höhere Genauigkeit erzielen."
Voraussetzung für eine wirtschaftliche CFK-Anwendung und "derzeit noch verbreitetes Hindernis" sind nach Hintzes Einschätzung die CFK-gerechte Bauteilauslegung sowie das Know-how und die Verfügbarkeit wirtschaftlicher Herstellungsprozesse. Die Bearbeitung von CFK stelle in mehrfacher Hinsicht höchste Ansprüche an die Zerspanungswerkzeuge und die Prozesstechnologie: Einerseits verursachen die harten Kohlenstofffasern einen extrem hohen Abrasionsverschleiß, der Schneidstoffe und Beschichtungen höchster Härte erfordert. Andererseits gelte es, die hochfesten Fasern so zu trennen, dass eine Ablösung der Fasern von der weitaus weicheren Harzmatrix vermieden wird.
Innovationen bei Maschinen, Werkzeugen und Formen gefragt
Neue Aufgaben ergeben sich auch durch die bei CFK-Großstrukturen erforderlichen engen Toleranzen, "die von den heutigen Prozessrouten in der Regel nicht erreicht werden". "Im Vergleich zur Metallbearbeitung bestehen bei der CFK-Bearbeitung noch deutliche Wissensdefizite", erläutert Hinze. Lösungsansätze bei Zerspanwerkzeugen seien beispielsweise Diamantschneidstoffe und Beschichtungen in Kombination mit spezifischen Hartmetallsubstraten sowie Werkzeuggeometrien, die auf die Anforderungen der CFK-Bearbeitung zugeschnitten sind.
Besondere Herausforderungen kommen auch auf den Werkzeug- und Formenbau zu. So sei man beispielsweise bestrebt, von metallischen Formen auf andere Formenbauwerkstoffe wie etwa CFK umzustellen. Professor Hintze: "Hier ist ein Feld für innovative Lösungen." Aufgrund der großen Dimensionen ergeben sich bei konventionellen metallischen Formen sehr hohe Gewichte, die im Betrieb schwierig zu handhaben sind. Auch deshalb seien alternative Formenkonzepte wünschenswert.
Lösungsansätze verspricht sich der Experte nicht zuletzt von der EMO Hannover 2007: "Dort sind einige Maschinen- und Werkzeughersteller mit Fachkompetenz und Erfahrung in der CFK-Bearbeitung von High-End-Komponenten vertreten. Zudem finden potenzielle Anwender über CFK-Kompetenznetzwerke Kontakt zu Firmen und Forschungsinstituten, die im Themenfeld Faserverbundwerkstoffe ausgewiesen sind."
Hintergrund: Das CFK-Valley Stade e.V.
Das international ausgerichtete CFK-Valley Stade e.V. zählt als Kompetenznetz zu den leistungsstärksten Netzwerken in Deutschland: Rund 70 renommierte Unternehmen und Forschungseinrichtungen nutzen ihre gemeinsame Innovationskraft durch enge Vernetzung von Forschung, Entwicklung und Produktion. Einer der Hauptakteure in Stade ist der Airbus Konzern, dessen "Center of Excellence" der größte europäische Fertigungsstandort für CFK-Leichtbaustrukturen ist.
Die EMO Hannover 2007 findet vom 17. bis 22. September statt. Sie ist der größte und internationalste Treffpunkt für die Fertigungstechnik weltweit. Die EMO zeigt alle Technologien, die in der Metallbearbeitung zum Einsatz kommen, spanende und umformende Werkzeugmaschinen als Herz der industriellen Fertigung, Präzisionswerkzeuge, Oberflächenbearbeitung, Software und Steuerungen für die gesamte Fertigungstechnik, Automatisierungssysteme und -komponenten, Mess-, Prüf- und Qualitätsmanagementsysteme, Maschinen und Systeme für den Werkzeug- und Formenbau u.v.m. Zur Besucherzielgruppe der EMO gehören die großen Industriebranchen, wie der Maschinen- und Anlagenbau, die Automobilindustrie und ihre Zulieferer, die Luft- und Raumfahrttechnik, Feinmechanik und Optik, Schiffbau, Medizintechnik, Werkzeug- und Formenbau, Stahl- und Leichtbau.
Derzeit haben sich 1 875 Aussteller aus 39 Ländern auf 158 000 m² Nettoausstellungsfläche angemeldet. Zuletzt zog die EMO Hannover 2005 mehr als 160 000 Fachbesucher aus über 80 Ländern an.
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