Hat ein Arzt beispielsweise eine vermeintlich steuerfreie Leistung abgerechnet und stellt sich diese als steuerpflichtig heraus, muss die Umsatzsteuer nachgezahlt werden. Sofern diese nicht vom behandelten Patienten eingefordert werden kann, entsteht dem Arzt ein finanzieller Schaden in Höhe der Umsatzsteuernachzahlung. Da in der Regel die fehlerhaften Abrechnungen erst bei einer späteren Betriebsprüfung aufgedeckt werden, entstehen zusätzlich Zinsen auf die Umsatzsteuerbeträge. Hinzukommen können zudem noch Kosten für Beratung und Rechtsstreitigkeiten mit der Finanzverwaltung. Was also tun?
Umsatzsteuerliche Abgrenzung der Leistungen
Grundsätzlich gilt: IGeL werden von der Krankenkasse nicht erstattet, denn diese bezahlen nur Leistungen, die das Maß des medizinisch Notwendigen nicht übersteigen. Ob die Kasse zahlt oder nicht, ist jedoch nicht das einzige Abgrenzungskriterium, ob die Leistung umsatzsteuerbefreit ist oder nicht. Maßgeblich für eine Umsatzsteuerbefreiung ist, dass die Leistung des Arztes einen therapeutischen Zweck verfolgt. Dies ist der Fall, wenn die ärztliche Leistung Teil einer konkreten individuellen Diagnose, Behandlung, Vorbeugung oder Heilung von Krankheiten ist. Dazu gehören beispielsweise ärztliche Leistungen im Rahmen von Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen wie verordnete Ernährungsberatung oder Diättherapie. Dagegen unterliegen Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe wie allgemeine Ernährungsberatung der Umsatzsteuer. Diese ist selbst dann vom Arzt abzuführen, wenn die Krankenkasse die Leistungen bezahlt.
Leistungen, die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug haben und lediglich den allgemeinen Gesundheitszustand verbessern sollen, oder ärztliche Leistungen im Bereich des Lifestyle wie Anti-Aging-Vorsorge ohne kurativen Anlass (wie Fitness-Checkup oder reisemedizinische Leistungen) unterliegen der Umsatzsteuerpflicht.
Zu den umsatzsteuerpflichtigen Leistungen zählen auch Schönheitsoperationen wie Fettabsaugen oder Nasenkorrekturen. Etwas anderes gilt hier nur, wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht, wie bei Maßnahmen zur Behebung oder Vermeidung von Fehlfunktionen des Körpers oder durch Entstellung, also einem sogenannten regelwidrigen Körperzustand. Dann steht wegen psychischer Belastung das therapeutische Ziel im Vordergrund. Lindern nämlich die ärztlichen Leistungen akute oder prognostizierte zukünftige Beschwerden, liegt eine umsatzsteuerbefreite individuelle Gesundheitsleistung vor.
Umsatzsteuerfreiheit bei therapeutischen Zielen
Dokumentieren Sie die medizinische Indikation und das therapeutische Ziel der IGeL. Die medizinische Indikation muss substanziiert – also mit Tatsachen belegt – nachweisbar sein. Notfalls müssen Sie nämlich dem Finanzamt die Befunddokumentation offenlegen, wenn Unklarheit über die Umsatzsteuerpflicht besteht. Im Hinblick auf die ärztliche Schweigepflicht sollten Sie bereits im Aufklärungsgespräch vor Behandlungsbeginn die Einwilligung des Patienten zur Weitergabe der Daten einholen.
Ernst Knop, Steuerberater bei Ecovis in Weilheim