„Auch heute noch wäre es einigen Kammern lieber, sie könnten ihren Mitgliedern auch weiterhin die Größe ihres Praxisschildes vorschreiben, wie das früher der Fall war“, sagt Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München.
Tatsächlich ist heute vieles möglich. Dennoch gibt es zwischen dem Berufsrecht, dem Heilmittelwerberecht sowie dem Wettbewerbsrecht manche Abzweigung, die in die Irre führt. Auf der Seite der Ärzte stehen aber Artikel 12 des Grundgesetzes, der die Freiheit der Berufsausübung schützt, und das europäische Recht. Aber wann kippt die Waagschale in welche Richtung?
Werbung darf nicht berufswidrig sein
Die Musterberufsordnung zielt darauf ab, eine Kommerzialisierung des Arztberufs zu vermeiden. Sie will deswegen nur „sachgerechte und angemessene Informationen“ auf der Homepage und anderen Werbekanälen sehen. Dagegen verstößt insbesondere eine „anpreisende, irreführende oder vergleichende“ Werbung.
Was soll aber Werbung sein, wenn nicht anpreisend?
Das BVerfG legt die Bestimmungen der Musterberufsordnung arztfreundlich aus: Wenn Werbung übertrieben marktschreierisch und reißerisch formuliert ist, ist sie unzulässig. Sie ist dann anpreisend, wobei hier immer der Gesamteindruck einer „werbehaften Aussage“ zu betrachten ist. Die Rechtsprechung sagt hierzu, dass „insbesondere aufdringliche Werbemethoden, etwa Postwurfsendungen, Flugblätter oder Werbeanrufe, mit denen ein rein geschäftsmäßiges, ausschließlich am Gewinn orientiertes Verhalten zum Ausdruck kommt“, unzulässig sind. „Best Doc in Town oder zwei Liftings zum Preis von einem dürften damit ausscheiden und nicht zulässig sein“, erklärt Müller. Möglich sind dagegen beispielsweise eine eigene Homepage oder ein Eintrag bei Facebook.
Vergleichende und irreführende Werbung
Irreführende oder vergleichende Werbung, die auf die persönlichen Eigenschaften und angebotenen Leistungen ärztlicher Kollegen erkennbar Bezug nimmt, ist nicht erlaubt. Irreführend ist zum Beispiel, wenn ein Facharzt für Allgemeinmedizin mit der Bezeichnung „Männerarzt“ wirbt, ohne auf diesem Gebiet über eine Qualifikation zu verfügen, die einer Facharztweiterbildung entspricht.
Irreführend ist auch, wenn der Arzt seine Praxis als „Klinik“, „Institut“ oder „Zentrum“ bewirbt, tatsächlich aber nur eine normale Arztpraxis führt wie jeder andere auch. Vorsicht ist eben-falls geboten, wenn ein Arzt für bestimmte Medikamente oder Behandlungsmethoden Werbung macht, deren therapeutische Wirksamkeit noch nicht erwiesen ist. So wurde etwa die Werbung eines Augenarztes für „Augenakupunktur“ und „Sauerstofftherapie“ mit der Aussicht auf Heilung oder Linderung von Augenkrankheiten als irreführend beurteilt, da keine wissen-schaftlichen Nachweise erbracht wurden. Ein Verstoß gegen das Verbot irreführender Werbung ist meist auch nach dem Heilmittelwerbegesetz und dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb unzulässig „Wenn es schlecht läuft, kann das zu hohen Kosten und Geldbußen führen“, warnt Ecovis- Rechtsanwalt Müller.
Checkliste Werbung: Was ist zulässig, was nicht
Werbung für die eigene Praxis ist zulässig – aber nicht alles, was Ihnen gefallen könnte, dürfen Sie auch umsetzen. Wir haben einige Maßnahmen für Sie zusammengestellt, die Ihnen die Entscheidung erleichtern sollen. Denken Sie aber immer an die inhaltlichen Grundsätze von Berufs- und Wettbewerbsrecht sowie Heilmittelwerberecht.
Das ist zulässig:
- Hinweise auf Ortstafeln
- Vereinbaren neuer Arzttermine auf Wunsch des Patienten
- Printanzeigen
- Fahrzeugwerbung
- Geburtstagsglückwünsche an Patienten
- Hinweis auf Zertifizierung der Praxis
- Ein (nicht aufdringliches) Praxislogo
- Eigener Internetauftritt
- Eintrag in Vergleichs- und Bewertungsportalen
- Eintrag in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram
- Streuen von Flugblättern
- Unaufgeforderte Wiedereinbestellung des Patienten ohne medizinische Indikation
- Plakatieren, zum Beispiel in Supermärkten
- Angabe von Referenzen
- Postwurfsendungen
- Trikotwerbung, Bandenwerbung
- Werbeanrufe
- Werbe-E-Mails
- Werbung mit dem Preis einer Leistung