Große Handelsketten punkten beim Ringen um Kunden über Preis, Verkaufsfläche und Markenpräsenz – im Verkauf über die Filiale wie im Internet. Um im Wettbewerb konkurrieren zu können, schließen sich mittelständische Händler in Verbundgruppen zusammen. Rund 450 gibt es davon in Deutschland – zu Ihnen zählen so bekannte Marken wie Electronic Partner, Intersport und Hagebau. Die Verbundgruppen sind die stillen Riesen des Mittelstandes: Sie vereinen rund 230.000 Einzelhändler, Großhändler und Handwerker und 2,4 Millionen Beschäftigte. „IT ist der Schlüsselfaktor, um ein erfolgreiches Zusammenspiel der vielen Akteure in diesen Netzwerken zu ermöglichen“, so Gastgeber Prof. Dr. Jörg Becker, Geschäftsführender Direktor des European Research Center for Information Systems (ERCIS) an der WWU Münster.
Schwer tun sich die Mittelständler immer noch beim Vertrieb über das Internet. Die Gründe: „Mangelndes Volumen und mangelnde Verdrahtung“, meint Jörg Glaser, Geschäftsführer des Zentralverbandes Gewerblicher Verbundgruppen (ZGV). Die Zusammenarbeit vieler kleiner Händler unter einem Dach wirft viele Fragen auf: Soll es für alle Händler der Gruppe einen gemeinsamen Internetshop geben? Wird von einer zentralen Stelle an viele kleine Shops weitergeleitet? Wer erfasst Daten, wie werden Gewinne verteilt und welcher Händler der Gruppe liefert?
Rund 200 Teilnehmer der 14. Tagung Handelsinformationssysteme, ausgerichtet von ERCIS, ZGV und dem EHI Retail Institute, konnten sich am Montag und Dienstag über geglückte Beispiele IT-gestützter Zusammenarbeit im Handel informieren. Ein Küchenstudio wird komplett im zentralen Shop entworfen und erst im letzten Schritt wird der Händler vor Ort eingebunden, der die Ausführung übernimmt. Oder ein internes Portal aus dem sich die Einzelhändler zentrale Kundenaufträge greifen können. Hier bestimmt die Postleitzahl, welcher Händler zuerst „zulangen“ darf. Andere Gruppen wollen mit Service punkten und verkaufen über einen zentralen Internetshop, den Service gibt es jedoch bei allen Filialen der Gruppenmitglieder.
„Wir sehen deutlich, die Stärke der Verbundgruppe ist zugleich die große Herausforderung“, fasst Becker zusammen. „Es sind komplexe Netzwerke, in denen wir überlegen müssen, wie stark die zentrale Organisation der Gruppe ist und wie viel Freiraum die Händler für ihre eigene Kreativität haben.“ Dazu bedürfe es eines ganzheitlichen Prozessmanagementansatzes im Netzwerk der Händlergruppen. Dann, so zeigte die Tagung, erlaubt eine geschickte Netzwerkgestaltung es den kleinen Händlern, mit serviceorientierter Vermarktung im preisgetriebenen Internetgeschäft zu punkten.
In einer Podiumsdiskussion diskutierten Glaser und Ulrich Spaan, Mitglied der EHI-Geschäftsführung, mit den IT-Chefs der REWE-Gruppe, Andreas Volp, der Vereinigten Möbeleinkaufs- GmbH (VME), Robert Schmandt, und von Electronic Partner, Klaus Hopp, über weitere aktuelle IT-Trends im Handel. Wie ist z. B. die Kasse besser zu gestalten, fragt sich REWE, und testete das Bezahlen per Fingerabdruck oder das automatische Erkennen der Produkte im Warenkorb des Kunden, drahtlos und ohne Scannen durch den Kassierer. Derzeit schrecken noch hohe Investitionskosten ab, auch wenn die Technik erfolgversprechend ist. Ein Trend, den auch eine aktuelle Studie des EHI widerspiegelt: Die Verbreitung läuft langsam, aber kontinuierlich. Für die Zukunft prognostiziert gut ein Drittel der Händler, dass das Scannen an der Kasse obsolet wird.
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