Kunst fürs Auge und Wahrnehmung von Bildern – FRAMOS als globaler Technologiepartner für Bildverarbeitung vom Sensor zum System unterstützt mit der Young Art Collection seit 2011 aufstrebende Künstler. Wo Ingenieure und Imaging Spezialisten mit visueller Sensorik Lösungen für Automatisierung und Digitalisierung finden, wird mit den Werken die Brücke zwischen Technologie und Kunst geschlagen. Michael Bachhofer verfolgt mit der GigaMicro-Serie einen ähnlichen Ansatz im künstlerischen Bereich – ein Interview.
Herr Bachhofer, Ihr Bild „Morpho50x“ zeigt einen Schmetterlingsflügel in mikroskopischer Genauigkeit. Wie kam Ihnen die Idee zu diesem eher wissenschaftlichen Ansatz?
Das Bild zeigt den Detailausschnitt des Flügels eines azurblauen Himmelsfalters, wissenschaftlich Morpho peleides. Thematisch reiht es sich zwischen meine weiteren Schmetterlingsprojekte „The Pattern which connects“ und „You are beautiful … / handsome…“. Während diese sich grundlegend mit den Wechselwirkungen von Kunst und Wissenschaft beschäftigen, versucht Morpho50x einen ‚pseudorealen‘ und extremen Einblick in die Mikrowelt zu gewähren. Die spezifische Motivation hinter diesem Bild ist die Auslotung der Grenzen des mir technisch Machbaren. Das 50x Objektiv ist mein stärkstes Objektiv, generiert also die höchstmögliche Vergrößerung. Ich war neugierig, welche räumliche Wirkung die Schmetterlingsflügel bei dieser mikro-detaillierten Betrachtung entfalten. Hauptsächlich ist es mein forscherischer Drang, immer wieder Neues zu sehen und zu erfahren. Und was ich rausgefunden habe, möchte ich an andere vermitteln. Morpho50x ist einzigartig, es ist bisher mein einziges Experiment mit dem 50x Mikroskopobjektiv.
Sie haben u.a. für „Morpho50x“ einen Roboter und eine spezielle Software gebaut. Bitte erläutern Sie die technische Realisation und die Herausforderungen.
Es ist sehr schwierig in so extremen Vergrößerungsbereichen zu arbeiten. Die Tiefenschärfe beträgt nur 2 Mikrometer und bereits kleinste Vibrationen führen zu Unschärfe. Das können minimale Erschütterungen durch die U-Bahn, den Straßenverkehr oder die Waschmaschine sein. Für meine Schmetterlingsprojekte habe ich einen Roboter entwickelt, der es mir ermöglicht, Kamera und Mikroskopobjektiv computergestützt im Nanometerbereich zu positionieren bzw. Areale sequenziell und teilautomatisiert abzurastern. Um den Schärfebereich auf das ganze Bild auszudehnen wird sogenanntes 'Focus Stacking', also die Überlagerung verschiedener Bilder mit unterschiedlichem Fokus, angewendet. Die große Fotografie entsteht dann durch ‚Image Stitching‘ aus tausenden Einzelaufnahmen, da sonst nur ein sehr kleiner Bereich des Schmetterlingsflügels zu sehen wäre.
Die GigaMicro-Serie, zu der Morpho50x gehört, beschreibt eine weitgreifende künstlerische Ambition. Wo liegt Ihr Ansatz?
GigaMicro ist neben meinen netzwerkanalytischen Bestrebungen ein Beitrag zur Visualisierung von „Science and Technology“ im Spannungsfeld zwischen Kunst, Wissenschaft, Technologie und Gesellschaft. Kunst als solche spricht oft nur eine Elite an - Menschen, die in Kunstmuseen, Galerien oder auf Kunstmessen gehen und sich Kunst leisten können. Mit GigaMicro möchte ich neue Einblicke in künstlerische und technische Sichtweisen geben - und dies vor allem wenig kunstaffinen, aber grundsätzlich offenen und neugierigen Menschen näherbringen.
Schmetterlinge sind ein wiederkehrendes Thema in Ihren Werken. Was assoziieren Sie mit den Tieren und wie passen die umgedrehten bzw. beschädigten Schuppen in den Gesamtkontext?
Bereits als Kind habe ich Schmetterlinge teilweise mit nackten Händen gefangen, wobei ihre Schuppen an meinen Händen kleben geblieben sind – was ich damals für magischen Feenstaub hielt. Der Schmetterling ist zu meinem Krafttier geworden. Mit unzähligen begonnen Studienfächern und dem Spagat zwischen Projekten in Kunst, Naturwissenschaften, Technologie und sonstigen Spinnereien springe ich teilweise auch selbst von Blüte zu Blüte - daraus ziehe ich meine Lebendigkeit. Vor ein paar Jahren habe ich aufgrund einer schweren Krankheit die Haut an meinen Händen und Füßen verloren. Ich wollte die Schuppen als Grenzstruktur zwischen mir und der Welt fotografieren, bin aufgrund des vorhandenen Pulses und seiner Vibration aber vor allem an der geringen Tiefenschäfe gescheitert. So kam ich auf die Ideen die Schuppen eines Schmetterlings als Symbol meines Selbst zu fotografieren. Außerdem ist ein Schmetterling natürlich viel ästhetischer als meine Haut. Einen Schmetterlingsflügel in 3 Meter Größe bei vollen 300dpi gab es vorher noch nie auf der Welt und ich konnte plötzlich Geschichten aus dem Schmetterling lesen. Mich haben z.B. die Spuren der Luftkämpfe fasziniert, in denen männliche Schmetterlinge um ein Weibchen antreten. Die beschädigten Schuppen waren eine große Motivation für mich, gerade dieses Motiv mit dem 50x Objektiv zu fotografieren. Ich mag den Schein von Perfektion, fast noch mehr aber den Charme des Imperfekten.
Über den Künstler:
Michael Bachhofer, Jahrgang 1976, stammt aus der Steiermark. Nach Stationen in der Elektrotechnik, der Biologie und Ökologie, der Ethnomedizin und Mediengestaltung sowie dem Studium der Künstlerischen Anatomie und Fotografie in Tokyo lebt und arbeitet er als freischaffender Künstler in Wien.
Seine Arbeit konzentriert sich darauf, die menschliche Wahrnehmung zu untersuchen, zu verändern und zu erweitern, indem er künstlerisch-wissenschaftliche Methoden anwendet, die normalerweise Unsichtbares oder schlicht Übersehenes wahrnehmbar machen. Dazu verwendet Bachhofer eine Vielzahl an Medien, wie Fotografie, Film oder Klanginstallationen, und experimentiert mit immer neuen Verfahren. Als Anhänger des radikalen Konstruktivismus geht er davon aus, dass jedwede Wahrnehmung völlig subjektiv ist. Demnach kann Wahrnehmung kein Abbild einer bewusstseinsunabhängigen Realität liefern. Bachhofer versucht mit seiner Kunst sozusagen die Realität aufzuspüren, im Wissen, dass eine universale Realität nicht fassbar ist. Deshalb bestehen all seine Werke aus einer Vielzahl einzelner Fotos, die zusammengesetzt ein größeres Ganzes ergeben.