Der Hauptsitz von vileda befindet sich im nordbadischen Weinheim - hier liegen die Wurzeln einer der bekanntesten Marken der Freudenberg Gruppe. Allerdings produziert und entwickelt die Geschäftsgruppe Freudenberg Haushaltsprodukte an zahlreichen Standorten weltweit. Der Bereich "Tücher" ist in Augsburg zuhause. Hier steht Dr. Hendrik van Heyden in seinem Büro und hält respektvoll das vileda-Fenstertuch in den Händen. "Es ist schon verrückt, wie weit unsere Kollegen vor 65 Jahren gedacht haben. Die Idee ist genial und aus ihr hervorgegangen ist eines der erfolgreichsten Produkte der Unternehmensgeschichte", sagt der Leiter der Augsburger Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Die Idee sei so perfekt durchdacht, dass sich die heutige Zusammensetzung kaum unterscheide: Ein saugfähiger Kern, ummantelt von einer glatten und flexiblen Beschichtung. "Das Putzverhalten hat sich im Vergleich zu dem vor 65 Jahren ja ebenso wenig verändert. Also bleibt auch unser Fenstertuch ein Dauerbrenner", so van Heyden.
Doch auf dem Schreibtisch des promovierten Chemikers stapeln sich zahlreiche andere Produkte. "Im Zeitalter von Mikrofasern gibt es natürlich viele Alternativen", erklärt der 34-Jährige. Und wie vor 65 Jahren schaut der Entwickler, an was die Freudenberg-Kollegen in anderen Geschäftsgruppen forschen. Bei Freudenberg Vliesstoffe arbeitet man unter der Marke Evolon an Mikrofasern. Dieses Know-how hilft wiederum bei der Herstellung von Mikrofaser-Putztüchern. "Die vileda-Tücher von Morgen sind feiner, saugen schneller Wasser auf und geben wenig Wasser ab. Damit bleibt wenig auf der Scheibe", sagt van Heyden. Am Ende treffen Tradition und Moderne zusammen. Der nächste Schritt sei die Verarbeitung des klassischen Fenstertuchs mit den Mikrofaser-Eigenschaften von Evolon, so der Chemiker.
Klare Fenster - ein Tipp vom Profi
Neben der technischen Komponente werden die Tücher auch optisch immer unterschiedlicher. "Farblichen Wünschen sind keine Grenzen gesetzt", sagt van Heyden. "Eine individuelle Bedruckung ist auch machbar." Des Weiteren beschäftigt sich sein Entwicklerteam damit, wie sich der Produktionsprozess verbessern lässt. Bei einem Rundgang bleibt der 34-Jährige vor einer riesigen Maschine stehen und beschreibt den Ablauf: "Die Herstellung ist komplex. Wir arbeiten in drei Stufen. Zunächst bereiten wir den Kern vor, dann folgt die Beschichtung. Am Ende wird das Tuch gestreckt. Doch in Zukunft soll das alles auf einmal erledigt werden."
Bleibt nur noch die Frage, was der Experte selbst bevorzugt. "Mir liegen beide Produkte, aber ich bevorzuge die moderne Variante", sagt van Heyden und fügt grinsend hinzu: "streifenfrei schaffe ich es jedoch mit beiden Tüchern." Das Tuch ist aber nur die halbe Miete. Bleibt die Königsfrage: Glasreiniger oder reines Leitungswasser? "Weder noch", sagt der 34-Järhige. "Am besten nimmt man destilliertes Wasser, was beispielsweise beim Wäschetrockner übrig bleibt. Damit hat man keinen Kalk auf der Scheibe." Einfach mal ausprobieren und dank dem Profi-Tipp lohnt sich im Frühjahr vielleicht auch wieder der Blick aus dem Fenster.
Wie kam es zum vileda-Fenstertuch?
Im Jahr 1936 begann der Chemiker Dr. Carl Ludwig Nottebohm seine Arbeit bei der Firma Freudenberg. Im Gepäck hatte er ein Patent zur Kunstledererzeugung. Er verarbeitete kurze Fasern von Baumwolle, Wolle oder anderen natürlichen Fasern zu einem Vlies, das mit einer Kunstkautschukmischung getränkt und beschichtet wurde. Daraus entstand Kunstleder für Taschen- und Schulranzen. Ab den 1940er Jahren machte man sich bei Freudenberg Gedanken darüber, wie man den Vliesstoff noch nutzen könnte. Die Entstehung des vileda-Tuchs war dann allerdings der Beobachtungsgabe zweier Mitarbeiter zu verdanken. Sie bemerkten, dass Putzfrauen die Reste von Vliesstoffen im Werk zum Aufwischen benutzten. Die Idee wurde aufgegriffen. Bereits 1947 entwickelte Dr. Carl Ludwig Nottebohm das vileda-Fenstertuch. Nach der Währungsreform baute Freudenberg ein Vertriebssystem auf und gründet 1948 mit dem befreundeten Textilausrüster Martini in Augsburg ein gemeinsames Werk, da die Weinheimer Werke nicht über entsprechende Räumlichkeiten zur Herstellung der Marktneuheit verfügen. Dort startete im gleichen Jahr die Produktion von vileda-Tüchern - bis heute. Der Name "vileda" ist übrigens eine Abwandlung des Umgangssprachlichen "Wie Leder" - das Tuch aus Vliesstoff fühlte sich wie ein Fensterleder an.