Der Bedarf der anwesenden Top-Entscheider der Branche an einem intensiven Meinungsaustausch zur Marktlage war dementsprechend groß, nicht nur zur gut besuchten Jahresmitgliederversammlung selbst, sondern auch in den begleitenden Veranstaltungen, die breiten Raum zur Kontaktpflege boten.
GVA-Kongress mit interessanten Vorträgen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik
Eine Möglichkeit über die Grenzen des eigenen Unternehmens hinaus einen Blick auf die Zukunft der Branche zu werfen, bot der diesjährige GVA-Kongress, der sich mit renommierten Referenten am Folgetag der Jahresmitgliederversammlung anschloss. Den Auftakt zum Kongress bildete der Vortrag von Robert Hanser, Vorsitzender des Bereichsvorstandes Automotive Aftermarket der Robert Bosch GmbH. Als einer der Top-Entscheider des weltgrößten Automobilzulieferers warf Hanser einen kompetenten Blick auf die derzeitige Krise der Automobilwirtschaft und ging der Frage nach, inwiefern der Aftermarket in diesen schwierigen Zeiten als Stabilisierungsfaktor des ganzen Wirtschaftsbereichs wirken kann. Wolfgang Steube, Daniel Grub und Sebastian Tannhäuser von der Partslife GmbH gingen im Anschluss daran in ihrem Vortrag auf das Thema Entsorgung ein, dessen Bedeutung für die Unternehmen der Branche immer weiter wächst. Einen besonderen Schwerpunkt legten die drei Herren in ihrer Präsentation auf die Verpackungsverordnung und deren Anforderungen. Partslife bietet, als Branchenlösung für den freien Kfz-Servicemarkt, auch hierfür eine Entsorgungslösung an. Prof. Dr. Norbert Schreier von der Hochschule Esslingen beschäftigte sich in seinem Referat ebenfalls mit den Folgen der Wirtschaftskrise. In seinen Ausführungen ging der angesehene Branchenfachmann der Frage nach, in welcher Form die aktuellen ökonomischen Herausforderungen als Katalysator für die Entwicklung neuer automobiler Konzepte von "Low cost cars" bis alternative Antriebe wirken könnten. Anschaulich skizzierte er darüber hinaus die Anforderungen für die Teileindustrie und den Teilehandel der Zukunft. Als Referent von Seiten der Politik war Dr. Michael Fuchs MdB, Vorsitzender des Parlamentskreis Mittelstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewonnen worden. Herr Dr. Fuchs referierte in seinem Vortrag über die Frage "Was "verlangt" die Politik vom Mittelstand?". Eine interessante Perspektive, die an das Diktum John F. Kennedys erinnerte "Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!". Den Teilnehmern des Kongresses wurden durch den Referenten interessante und aktuelle Einblicke in die Arbeit der "Berliner Republik" geboten, denn Dr. Michael Fuchs ist Unterhändler in den Koalitionsverhandlungen mit der FDP für den Bereich Wirtschaft. GVA-Justiziar Marcus Sacré beschäftigte sich in seinen Ausführungen mit dem Thema Rohdaten* , welche zu den technischen Informationen der Fahrzeughersteller zählen. Im Rahmen des Komitologieverfahrens zur technischen Umsetzung der "Abgasverordnung" Euro 5/6 tritt der GVA zusammen mit Mitgliedern der internationalen AFCAR-Vereinigung dafür ein, dass der Zugang des freien Marktes zu den Rohdaten der Fahrzeughersteller rechtlich klar gefasst wird. Auf großes Interesse der Teilnehmer stieß auch das Referat von Franz-Werner Drees, der den versammelten Führungskräften von Teilehandel und Teileindustrie die aktuellen Zwischenergebnisse des Projekts "TecAftermarket" vorstellte, in dem die Fusion von TecDoc und TecCom geprüft wird.
Uneinheitliche Entwicklung der wirtschaftlichen Lage bei den GVA-Mitgliedern
GVA-Präsident Hartmut Röhl zeigte sich im Pressegespräch in Hannover mit den Entwicklungen des freien Kfz-Teilehandels, gemessen an der Konjunktur im Allgemeinen und der Entwicklung der Automobilwirtschaft im Besonderen, leidlich zufrieden: "Zweifellos muss das Marktumfeld als schwierig bezeichnet werden, aber im Vergleich zu anderen Teilen der Automobilwirtschaft hat sich der freie Kfz-Teilehandel in diesem Jahr recht gut behauptet.", so Röhl. Die wirtschaftliche Entwicklung bei den GVA-Mitgliedern war dabei uneinheitlich. "Ein Gutteil der Mitglieder konnte unseren Marktumfragen zufolge auch in 2009 Umsatzzuwächse melden, während andere Stagnation oder Umsatzeinbußen hinnehmen mussten", sagte der GVA-Präsident. Und weiter: "Auch wenn man es nicht für alle Unternehmen verallgemeinern kann, aber der Nutzfahrzeugteilehandel sowie diejenigen Teileproduzenten, die mit einem großen Anteil ihrer Produktion in der Erstausrüstung der Fahrzeughersteller engagiert sind, sind von der Wirtschaftskrise teilweise durch Umsatzeinbußen im deutlichen zweistelligen Prozentbereich betroffen." Trotz des schwierigen Umfelds zeigen sich die GVA-Mitglieder mehrheitlich optimistisch was die Entwicklung des eigenen Unternehmens angeht. "Die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage wird von unseren Handels- und Industriemitgliedern weiterhin deutlich positiver eingeschätzt als die Entwicklung der Gesamtkonjunktur. Viele Branchenexperten sind sich einig: Wir haben die Talsohle erreicht, was wir aber derzeit nicht wissen ist, wie großflächig diese Talsohle ist und wann es wieder bergauf geht.", fasste GVA-Präsident Hartmut Röhl zusammen. In der Tat verzeichnen viele GVA-Mitglieder allmählich wieder wachsende Auftragseingänge, wenngleich die Umsatzzahlen von vor der Krise wohl erst langfristig wieder erreicht werden können und es auch in 2010 schmerzhafte Einschnitte geben wird.
Gerade jetzt, wo erste Anzeichen darauf hindeuten, dass es wieder aufwärts gehen könnte, ist es umso wichtiger, dass die Banken die seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise stark eingeschränkte Versorgung der Unternehmen mit Krediten wieder aufnehmen. "Sollte die "Kreditklemme" nicht gelöst werden, könnte der sich andeutende zarte Aufschwung direkt wieder abgewürgt werden.", schätzte der GVA-Präsident ein.
Entwicklung der Distributionswege: Freier Servicemarkt wird trotz Abwrackprämie langfristig zulegen
Der freie Kfz-Teilehandel konnte von der positiven Entwicklung der markenungebundenen Reparaturbetriebe profitieren, die die wichtigsten Abnehmer für die Teile des freien Marktes sind. "Im Jahr 2008 konnten sich die freien Werkstätten laut DAT-Report 2009 über satte Marktanteilszuwächse bei Wartungs- und Reparaturarbeiten freuen, und es ist auch für dieses Jahr zu erwarten, dass sich viele Verbraucher in der aktuell wirtschaftlich schwierigen Lage für freie Servicebetriebe entscheiden, da diese gemeinhin als kostengünstige Alternative gelten", so GVA-Präsident Hartmut Röhl in Hannover. Auch die marktverzerrenden Wirkungen der Abwrackprämie werden am langfristigen Wachstum des freien Marktes nichts ändern. "Die aufgrund der Abwrackprämie erstandenen Neufahrzeuge sind zumeist Kleinwagen mit Basisausstattung. Das eröffnet Absatzpotenzial beim Autozubehör, seien es mobile Navigationsgeräte, Tagfahrlicht oder Einparkhilfen. Des Weiteren sind die Käufer dieser Fahrzeuge in der Regel besonders preissensibel und werden schnell den Weg in freie Servicebetriebe finden.", führte Röhl weiter aus. "Von dieser Entwicklung könnten besonders die Unternehmen profitieren, die Werkstattkonzepten des freien Teilehandels und der Industrie angeschlossen sind", urteilte der GVA-Präsident.
* Unter Rohdaten versteht man insbesondere die elektronisch verarbeitbaren Relationen zwischen den Fahrzeugidentifikationsnummern ("VIN") und den diesen zugeordneten Ersatzteilen, letztere identifiziert anhand der jeweiligen OE-Nummern.