Dass eine elektronische Patientenakte zu mehr Effektivität und Effizienz in der Gesundheitsversorgung führt, wird derzeit wohl kaum mehr in Frage gestellt. Doch obwohl die Vorteile der elektronischen Patientenakte klar zutage liegen, gibt es nach wie vor noch Kritiker, die vor allem die Sicherheitsmaßnahmen bezüglich Patientendaten mit Skepsis betrachten. Dies ist wohl einer der wesentlichen Gründe, warum die elektronische Patientenakte bisher den Eingang in das deutsche Gesundheitswesen nur in gemächlichen Schritten findet. „Auf jeder Reise trage ich noch meinen Impfpass in analoger Form mit mir herum – wann die nächste Impfung stattfinden sollte, weiß ich jedoch nicht“, beschreibt der erste Redner der achten TEN.-Convention, Ronald Fritz, Partner der IBM Deutschland, den Status Quo seiner Gesundheitsdatenverwaltung. „Über die Zeit habe ich vier Blutspendenausweise angesammelt, da ich jedes Mal, wenn ich den Ausw eis auf Reisen vergessen habe, einen neuen dafür bekomme“, führt Herr Fritz sein Beispiel fort. Dieses Verwaltungschaos sei für ihn ausschlaggebend gewesen, um darüber nachzudenken, ob es nicht Sinn mache, digitale Alternativen zu schaffen, die an zentraler Stelle seine Gesundheitsdaten verwalten und Services zugänglich machen. Wichtig sei hierbei, dass diese sogenannte elektronische Gesundheitsakte Transparenz über die wichtigsten Gesundheitsdaten gewährleiste und Informationen über Impfungen oder die Vorsorge an einer zentralen Stelle jederzeit abrufbar bereitstelle. „Dass die elektronische Patientenakte auch wirklichen Nutzen in der Gesundheitsversorgung bringt, müssen wertige Services, wie z.B. Arzneimitteltherapie-sicherheits-Services, mit ihr verbunden werden, die je nach Lebenssituation auf den Patienten spezifisch zugeschnitten sind“, betont Herr Fritz, der im Auftrag der TK- Die Techniker eine eigene digitale Pa tientenakte, TK-Safe, entwickelt hat. Nutzer-Zentrierung, Sicherheit, Vernetzung und ePA-Konformität seien laut Ronald Fritz die wichtigsten Kriterien für den Erfolg einer solchen Gesundheitsplattform.
Unter dem Motto „Synchronizing Healthcare“ stellte der zweite Redner des Abends, Uwe Eibich, Vorstand Telematik & eHealth-Plattformen, CompuGroup Medical SE die Version der CompuGroup Medical vor: Sie wolle das Gesundheitswesen vernetzen und Lösungen schaffen, die den Austausch medizinischer, oft lebenswichtiger Daten, in der Versorgung möglich machen. Herr Eibich ist sich sicher: „Die elektronische Patientenakte ist der nächste große Meilenstein in der deutschen e-Health Roadmap und wird das Thema medizinische Anwendungen definitiv beflügeln.“ „Am Ende entscheidet“, so laut Uwe Eibich, „was Patienten und Ärzte mit der elektronischen Patientenakte im Alltag tun können.“ Darum sei es wertvoll die jahrelange praktische Erfahrung der Anbieter wie der CompuGroup Medical, die die elektronische Patientenakte CGM LIFE entwickelt haben, zu nutzen. Zum Abschluss seines Vortrages wies Herr Eibich darau f hin, dass CGM LIFE, eine interoperable Plattform und für Partneranwendungen geöffnet sei.
Daniel Bahr, Mitglied des Vorstands der Allianz Private Krankenversicherungs-AG, beendete die Vortragsreihe. Besonders in seinem Metier, der Versicherungsbranche, seien Papierprozesse noch immer die Norm. „Doch wir glauben das ist von gestern“, betont Herr Bahr. „Wir sind der Meinung, dass die Krankenversicherung die Aufgabe hat, die Prozesse aus Kundensicht zu vereinfachen.“ Mit dem Ziel, Gesundheitsdaten zusammenzubringen, habe die Allianz zusammen mit Vivy eine digitale Plattform geschaffen, auf der unter anderem Notfalldaten auch im Ausland sicher ausgelesen werden können. „Als Krankenversicherung möchten wir unsere Kunden optimal unterstützen“, so Bahr. Darum sei es wichtig, Patienten, zum Beispiel via App, an die Einnahme von Medikamenten oder Auffrischung von Impfungen zu erinnern oder sie über mögliche Wechselwirkungen aufzuklären. Die Bündelung von Expertise in einer Plattform bringe sowohl für Kunde n als auch Versicherungen Vorteile, da dort alle Apps miteinander verbunden sind und medizinische Befunde mit qualitätsgesicherten Informationen interpretiert werden können. Ähnlich wie Herr Eibich und Herr Fritz, hängt auch für Herrn Bahr der Erfolg einer offeneren Plattform davon ab, ob Netzwerkeffekte bestehen und somit alle Beteiligten davon etwas haben.
Bei der anschließenden TEN.-TED Befragung sahen jedoch 50% aller Teilnehmer die größte Herausforderung für die elektronische Patientenakte darin, dass Dritte, wie beispielsweise Krankenkassen oder Versicherungen, Anspruch auf die enthaltenen Informationen stellen könnten. Das Plenum beruhigen konnte Daniel Bahr: „In der Realität ist das eine unberechtigte Sorge. Die Krankenversicherung weiß heute schon viel über die Versicherten und hat keinen Mehrwert von weiteren Daten, wer z.B. wie viele Schritte am Tag gelaufen ist.“ 30% der Befragten sahen ein Problem darin, dass die Angaben in der Akte fehlerhaft oder unvollständig sein könnten und nur 20% sorgten sich um die Datensicherheit. Die Mehrheit des Publikums (60%) war sich einig, dass Patienten sich die elektronische Patientenakte aussuchen und die Krankenkassen diese finanzieren sollten. Daniel Bahr stimmte der Selbstentscheidung der Patienten zu, sah jedoch diskussion sbedarf bei der Finanzierung der Krankenkassen, insbesondere in der Hinsicht, wenn die elektronischen Patientenakten kassenspezifische Vorgänge nicht bearbeiten können. Doch trotz verschiedenen Lösungsansätzen weiß Ronald Fritz: „Die digitale Patientenakte wird kommen!“