"Der Ansatz einer zumutbaren Belastung bei der steuerlichen Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Einkommensteuergesetz ist verfassungswidrig, weil er gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstößt", sagt Lars M. Petrak, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht in der zur HLB Deutschland gehörenden Kanzlei Dienst, Schneider & Partner aus Koblenz. Denn nach seiner Ansicht führt der Ansatz einer zumutbaren Belastung dazu, dass sich gesetzliche Zuzahlungen im Rahmen der Krankenversicherung und andere - von der Versicherung nicht übernommene - Krankheitskosten (zum Beispiel Zahnersatz) nicht in voller Höhe steuerlich auswirken.
"Es handelt sich um eine Abzugsbeschränkung in Höhe der zumutbaren Belastung", so Petrak. Das Bundesverfassungsgericht habe mittlerweile jedoch in verschiedenen Entscheidungen festgehalten, dass das Existenzminimum in Höhe des Grundfreibetrages zuzüglich der individuellen Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen steuerfrei bleiben muss. Der Experte empfiehlt deshalb allen betroffenen Steuerzahlern, Krankheitskosten in voller Höhe geltend zu machen und gegen ablehnende Steuerbescheide Einspruch einzulegen. "Hierbei können sie sich auf ein von uns beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz in Neustadt geführtes Musterverfahren berufen", betont Lars M. Petrak. Nachdem die Finanzverwaltung es anfänglich abgelehnt hatte, vor diesem Hintergrund ein Ruhen des Verfahrens zu gewähren, hat sie inzwischen teilweise eingelenkt und die Sache zum Massenverfahren erklärt.
In einer Anweisung der Oberfinanzdirektion Münster vom 9.6.2011 an die Finanzämter heißt es dazu: "Es gehen vermehrt Einsprüche mit der Begründung ein, der Abzug einer zumutbaren Belastung bei Krankheitskosten sei verfassungswidrig. Im Hinblick auf eine bundeseinheitliche Regelung wird gebeten, deren Bearbeitung vorerst zurückzustellen." Für den Koblenzer Anwalt Lars M. Petrak, der von einem Erfolg seiner Klage ausgeht, ein erster Teilerfolg: "Ich empfehle weiterhin, Einspruch einzulegen". Ein entsprechendes Musterschreiben steht auf der Website von HLB Deutschland zur Verfügung.