„Ein Riesengefühl. Einfach unglaublich“, sagt Markus Escher, wenn er an die vergangen Monate und insbesondere an die Auszeichnungsgala in der ehrwürdigen Londoner Guildhall zurückdenkt. Und tatsächlich sieht Escher, der derzeit seinen Bachelor in Betriebswirtschaft für kleine und mittlere Unternehmen an der Hochschule Aalen macht, noch immer ein wenig ungläubig angesichts dieser Erfolgsstory aus. Über 600 Marken aus 90 Ländern sind in diesem Jahr gegeneinander angetreten, um zu klären, welcher Gin weltweit am besten für das Kultgetränk Gin Tonic geeignet ist. „Dass wir uns als kleine Brennerei gegen die Industrie durchgesetzt haben, ist schon der Wahnsinn“, sagt der 27-Jährige. Und was als Hobby startete, ist mittlerweile ein kleines Unternehmen mit fünf Angestellten geworden.
Die Wurzeln für den erfolgreichen „Ginstr“ ragen tief in die Erde der Remstäler Weinberge und in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück. Denn Markus Escher stammt aus einer Schwaikheimer Winzerfamilie. Mit einem Weinberg und 700 Rebstöcken legten seine Großeltern den Grundstein für den heutigen Familienbetrieb. „Anfangs haben sie als Hobby nur für den Eigenbedarf angebaut, aber bald war die Menge für Familie und Freunde viel zu groß. Also wurde aus dem Wohnzimmer eine Besenwirtschaft gemacht“, erzählt Markus Escher und lacht. Seine Eltern haben die Rebfläche dann erweitert und die Betriebsstruktur auf Flaschenweinvermarktung umgestellt. Da zu dem Weingut auch viele Streuobstwiesen gehören, schaffte sein Großvater vor einigen Jahren einen Brennkessel für Obst- und Tresterbrände an. Und durch die Zwischenbegrünung in den Weinbergen finden sich dort auch viele aromatische Naturgewächse und Wildkräuter – die perfekte Basis für einen perfekten Gin.
Doch zunächst stieg nur Markus Eschers Bruder Christian in den Familienbetrieb ein. Er selbst absolvierte eine Ausbildung zum Mechatroniker bei der Firma Stihl und arbeitete dort anschließend in der Funktionsentwicklung von Akkugeräten. Dann entschied er sich für ein Studium an der Hochschule Aalen, um sich im Bereich Betriebswirtschaft für kleine und mittlere Unternehmen weiterzubilden. „Natürlich habe ich daheim auf dem Weingut immer mitgeholfen, und zwischenzeitlich hatte ich an der Uni Hohenheim auch einen Brennlehrgang belegt“, sagt Markus Escher. Irgendwann habe er die Idee gehabt, selber einen Gin zu brennen. Mit seiner Geschäftsidee, hochwertige Destillate und Gins aus regionalen und handverlesenen Gewächsen herzustellen, hat er beim Innovationszentrum der Hochschule Aalen offene Türen eingerannt. „Als Gründerhochschule ist es uns ein Herzensanliegen, unsere Studierenden beim Gründen zu unterstützen und sie zu diesem Schritt zu ermutigen“, betont Rektor Prof. Dr. Gerhard Schneider und fügt hinzu: „Wir sind sehr stolz auf Markus Escher und seinen Erfolg. Das ist wirklich eine tolle Sache.“ So entstand zunächst „Wild Gin – Wildsammlung Weinberg“, der erste regionale Gin aus den Remstäler Weinbergen.
„Das Innovationszentrum ist eine tolle Einrichtung und bietet Studierenden, die ein Start-up hochziehen wollen, eine großartige Unterstützung. Der Austausch mit anderen Gründern hat mir persönlich viel gebracht“, sagt Markus Escher. Und es habe ihn bestärkt, seinen Weg weiterzugehen. Allerdings nicht alleine – denn als Bruder Christian 2014 den Titel „Deutscher Jungwinzer des Jahres“ bekam, lernte er den Radiomoderator Alexander Franke kennen – ebenso ein leidenschaftlicher Gin-Liebhaber wie Markus Escher selbst. Und bei einem der vielen Streifzüge durch die Stuttgarter Kneipenwelt entstand dann die Idee, gemeinsam den perfekten Gin zu kreieren. In der Stuttgarter Markthalle kauften sie unzählige Gewürze und fingen mit dem Experimentieren an. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. Die ersten 711 Flaschen vom „Ginstr“ – die Flaschenanzahl und der Name sind eine Hommage an Stuttgart – waren innerhalb von fünf Tagen ausverkauft.
Derzeit produzieren Escher und Franke wöchentlich zweimal 711 Flaschen. „Natürlich könnten wir viel mehr absetzen“, sagt Markus Escher, „aber wir wollen weiterhin alles selbst machen, um die hohe Qualität zu halten“. Und außerdem steht ja auch noch die Bachelorprüfung an. Dass das Jahr 2019 spannend wird, das steht für Markus Escher jetzt schon fest – zumal die beiden Unternehmer Ende Januar zu einer Preisverleihung nach Hongkong in die legendäre „Ozon Bar“ eingeladen sind. Genaueres kann Markus Escher noch nicht verraten. Was er aber an Silvester trinken wird, das schon. „Zum Anstoßen gibt’s natürlich ganz klassisch ein Glas Sekt. Ich habe aber auch ein tolles Rezept für einen Cocktail aus Sekt und Gin – vielleicht ist das der angemessenere Abschluss für dieses verrückte Jahr“, sagt der Student und lacht verschmitzt.