Unweit der alten Kaiserstadt Regensburg, auf einem Burgberg oberhalb der Donau, liegt das Städtchen Brennberg. Dort gründete Reinhard Schiegl vor bald zwanzig Jahren die IRS Systementwicklung GmbH. Das muntere Unternehmen beschäftigt heute gut 50 Mitarbeiter und zählt - als einer der vielen "hidden champions" in Bayern - zu den führenden Unternehmen im Bereich der Lebensdauersimulations-Anlagen (LDSA). Das Grundprinzip einer LDSA ist schnell erklärt: Prüflinge werden, z.B. in der Klimakammer oder auf dem Rütteltisch einem definierten Stress ausgesetzt und damit künstlich gealtert. Gleichzeitig wird die korrekte, zuverlässige Funktion permanent überprüft. Doch was für ein Klimasteuergerät noch überschaubar klingt, nimmt bei der parallelen Prüfung von 30 Steuergeräten für das Aggregat in einem Hybrid-Fahrzeug schnell komplexe Formen an.
Simulation der kompletten Systemumgebung
Die LDSA bildet die komplette Systemumgebung des Prüflings nach. Dazu stimuliert sie den Prüfling durch entsprechende Eingangssignale, stellt die Ausgangsbeschaltung in Form von Original- oder Ersatzlasten bereit und kommuniziert mit dem Prüfling um dessen Status abzufragen oder dessen Selbstdiagnose auszuwerten.
Entsprechend dem eigens für den Prüfling entwickelten Prüfablauf werden einige oder alle Ausgangssignale im Betrieb entweder kontinuierlich oder stichprobenartig gemessen und mit den entsprechenden Vorgabewerten - zuzüglich eines programmierbaren Toleranzbandes - verglichen. Der gesamte Testablauf wird automatisch protokolliert und dokumentiert - einschließlich aller eventuell aufgetretenen Fehler. Sogar die Drift von Messwerten lässt sich durch zyklisches Speichern der Messdaten in einer Datenbank (MySQL) und deren anschließender statistischer Auswertung erkennen.
Modulares Konzept sichert Investitionen langfristig ab
Für die LDSA liefert die IRS Systementwicklung alles aus einer Hand: Anlagenkonzepte, Hardware und Software. Dabei war es dem Unternehmen von Anfang an wichtig, ein modulares Konzept zu entwickeln. Die Kunst dabei ist es, die Anforderungen an die LDSA möglichst flexibel und mit Standard-Baugruppen abzubilden, diese aber gleichzeitig so auszulegen, dass unter allen Betriebsbedingungen reproduzierbare und realitätskonforme Ergebnisse erzielt werden. An den Stellen, an denen der langjährige Alliance-Partner von National Instruments keine Standard-Baugruppen findet, oder deren Einsatz schlicht zu teuer oder zu unflexibel wäre, entwickelt IRS entsprechende Hardware und Mikrocontrollerkarten auch selbst.
Durch dieses Baukastensystem können die Oberpfälzer sehr flexibel und zu überschaubaren Kosten auf Kundenanforderungen reagieren. Bei größeren simulierten Lasten, wie sie etwa der Antriebsstrang eines Hybrid-Aggregats darstellt, lohnt sich auch eine energieoptimierte Auslegung der gesamten LDSA mit entsprechenden Rückspeise-Einrichtungen, damit später die Energiekosten überschaubar bleiben.
Anpassung an den Prüfling
Spezifisch auf die Prüflinge zugeschnitten sind im Wesentlichen die Lasteinschübe, die Anschlusskabel für die Prüflinge sowie Teile der Prüf-Software. Über sein Anschlusskabel ist jeder Prüfling an eine Mikrocontrollerkarte angeschlossen. Diese erfasst nicht nur alle Messwerte; sie übernimmt aber auch die gesamte Kommunikation, sowohl zum Prüfling als auch zum übergeordneten Steuerrechner. Als Mikrocontrollerkarte setzt IRS häufig eine selbst entwickelte PCI-Karte ein, die über eine sehr schnelle Datenschnittstelle zum Steuer-PC verfügt. Sowohl die Messwerterfassung als auch die Kommunikation werden dabei meist über entsprechende DLLs gesteuert.
Reaktionszeiten im Bereich weniger µs
Die auf dem Steuerrechner ablaufenden Prüfprogramme erstellt IRS üblicher Weise unter TestStand von National Instruments. Für den Test von Steuergeräten oder ganzer Antriebsstränge sorgt ein dynamischer und frei gestaltbarer Fahrzyklus für größtmögliche Flexibilität und Praxisnähe der Simulation.
Durch diese Architektur stehen den Programmierern von IRS grundsätzlich drei Zeitbereiche zur Verfügung, in denen die einzelnen Aktionen ablaufen können:
Langsame Abläufe (> 100 ms) werden im TestStand programmiert. Wenn Reaktionsgeschwindigkeiten im Bereich von 50...500 ms ausreichen, werden die Abläufe in die DLLs eingebettet. Zeitkritische Abläufe mit Reaktionszeiten bis hinunter zu etwa 10 µs übernimmt der Mikrocontroller.
Umfangreiche Funktionen integrierbar
Lebensdauer-Simulations-Anlagen von IRS zeichnen sich durch eine konsequente Trennung zwischen Bedien- und Testfunktionen aus. Dadurch ist es auch möglich, mehrere LDSA von einer Bedienstation aus zu parametrieren und zu bedienen. Zusätzlich können in einer LDSA auch sicherheitsgerichtete Funktionen für den Testaufbau mit integriert werden, beispielsweise eine Überwachung der Leistungselektronik und deren Abschalten im Falle von Softwarefehlern oder ein Berührungsschutz mit Entlade- und Erdungsschaltkreisen für Prüflinge mit höheren Versorgungsspannungen (z.B. Hybrid-Antriebe), um ein Berühren Spannung führender Teile zuverlässig zu verhindern.
Systeme von IRS sind weltweit im Einsatz
Wie in der Mess- und Prüftechnik üblich, baut die IRS Systementwicklung ihre Produkte als 19-Zoll-Schränke auf. Wo auf der Welt die Systeme schlussendlich eingesetzt werden, ist für IRS häufig nicht transparent. Denn: Haben die Kunden der Oberpfälzer ihre Steuergeräte fertig entwickelt, erfolgt die Massenproduktion häufig im Ausland. Daher ist es für die Kunden von IRS wichtig, dass jedes einzelne System ohne Umschalten sowohl an 230 V AC als auch an 110 V AC betrieben werden kann.
Service-Mentalität bringt handfeste Vorteile
Neben den LDSA entwickelt IRS auch Software-Module und Hardware-Anpassungen für Fertigungstester sowie - entwicklungsbegleitend - die entsprechende Mess- und Prüftechnik, z.B. für die Validierung der Software. Auch in der Medizintechnik ist das Unternehmen zunehmend erfolgreich. Die Kunden der Brennberger sind Entwicklungszentren von großen Unternehmen mit klangvollen Namen. Für sie zählt vor allem die Verlässlichkeit der IRS Systemtechnik - und, gerade bei entwicklungsbegleitenden Projekten - die räumliche Nähe.
Künstliche Alterung
Der beschleunigte Alterungsprozess hilft Entwicklern, Risiken zu erkennen und Ausfälle im realen Einsatz zu vermeiden. Die beiden wichtigsten physikalischen Größen, mit deren Hilfe sich die Alterung von Baugruppen beschleunigen lässt, sind Temperatur und Feuchte. Die folgenden Tests sind heute Standard in der Automobiltechnik:
- Temperatur-Wechseltests, bei denen sich die Umgebungstemperatur für den Prüfling in der Klimakammer permanent von -40° C nach +80° C und zurück verändert. Mit Hilfe dieser Tests lassen sich schlechte elektrische Verbindungen (z.B. Risse an Lötstellen, Kontaktprobleme), thermische Spannungen (z.B. verzogene Leiterplatten) oder Temperaturdrift (Komponenten verändern ihre Eigenschaften) gut erkennen.
- Dauertests unter hohen Temperaturen, z.B. mehrere Stunden bei +80° C Umgebungstemperatur. Diese Tests zeigen die Grenzen von Trägermaterialien ebenso auf (z.B. Risse in Leiterplatten oder keramischen Substraten), wie Probleme durch verzogene Kunststoffteile, durch Diffusion, Oxidation oder thermische Korrosion.
- Dauertests unter hoher Luftfeuchte. Mit Hilfe eines extrem feuchten Umgebungsklimas lassen sich potentielle Probleme durch galvanische Korrosion ebenso aufspüren, wie Bauteile, die durch Wasseraufnahme ihr Volumen vergrößern.
- Vibrations- und Rütteltests. Die ständigen Erschütterungen, denen ein Steuergerät im Fahrzeug ausgesetzt ist, lassen sich durch Rütteltests nachbilden. Der Shaker hat schon mancher elektromechanischer Verbindung ihre Grenzen aufgezeigt.
Welche Überhöhung von Umweltfaktoren zu welchem Beschleunigungsfaktor der Alterung führt, ist in den jeweiligen Normen zur Umweltprüfung festgelegt.
Lidar
Lidar ist die Abkürzung für light detection and ranging. Das Prinzip ist ähnlich wie beim Radar. Aus der Laufzeitdifferenz zwischen ausgesandtem und empfangenem Laserlicht errechnet das System Abmessungen, Entfernungen und Geschwindigkeiten von Objekten. Ein bekanntes Beispiel für Lidar-Systeme in Deutschland sind die Mautbrücken, bei denen die Technologie eingesetzt wird, um die Abmessungen von Objekten zu erkennen - und damit LKWs von PKWs zu unterscheiden.