Bearbeitungskopf als Werkzeug für viele Aufgaben
Gängige Laserstrahlverfahren wie Schneiden, Schweißen oder Oberflächenbehandlung wenden speziell für diese Verfahren konstruierte Bearbeitungsköpfe an, ein Wechsel zwischen Verfahren erfordert dann einen mit entsprechendem Aufwand verbundenen Wechsel und Einrichten der Bearbeitungsköpfe. Dieser Aufwand kann entschieden reduziert werden, wenn die Basiseinheit des Bearbeitungskopfes an der Anlage montiert bleibt und durch verschiedene Düsenvarianten (Abbildung 1) leicht an die jeweilige Bearbeitungsaufgabe adaptiert werden kann. Eigenschaften einer Anlage mit Laser wie Flexibilität, Produktivität, Genauigkeit oder Designfreiheit werden in Verbindung mit einer höheren Wirtschaftlichkeit wesentlich besser genutzt. Laserfact GmbH arbeitet an der Verkürzung und Integration von Prozessketten durch die Entwicklung kombinierter Prozesse und Werkzeuge.
Der Kombikopf als Basis für flexible Fertigung
Die Idee des Kombikopfes ist, mit einem Werkzeug das Laserstrahlschneiden und Schweißen zu vereinen. Über eine Steuerung werden der Arbeitsabstand und das Prozessgas geändert. Die Schlüsselkomponente ist die „autonome Düse“, über einen Ringkanal wird das Gas, z.B. Stickstoff zum Schmelzschneiden, zum Schneidpunkt geführt. Dies geschieht ohne Belastung der optischen Komponenten. Das Schneiden mit der „autonomen Düse“ markiert seit langem den Stand der Technik. Durch Umschalten auf ein inertes Prozessgas und Änderung des Arbeitsabstandes wird der Bearbeitungskopf auf die auszuführende Schweißanwendung angepasst. Dies erfolgt ohne mechanische Rüstarbeiten und ohne nachträgliche Justage optischer Komponenten (Abbildung 2).
Der Kombikopf kann wahlweise mit Linsen- oder Spiegeloptiken ausgestattet werden und ist für Festkörperlaser genauso wie für CO2-Laser hoher Leistung und Strahlqualität geeignet.
Erweiterung der Funktionalität durch neue Module
Mit der Weiterentwicklung bestehender Verfahren bzw. der Entwicklung neuer Verfahren steigt auch die Komplexität in der Anlagenausrüstung. Das Laserstrahlauftragsschweißen ist hierbei ein Beispiel für additive Verfahren, welche immer mehr an Bedeutung in der industriellen Fertigung gewinnen.
Laserstrahlauftragsschweißen
Beim klassischen Laserauftragschweißen (LMD) mit Pulver erhitzt der Laser das Werkstück meist defokussiert und schmilzt es lokal auf. Gleichzeitig wird ein inertes Gas gemischt mit feinem Metallpulver zugeführt. Die Versorgung des Wirkbereichs mit dem Metall-/Gasgemisch erfolgt über Koaxialdüsen oder Off-Axis-Düsen. An der erhitzten Stelle schmilzt das Metallpulver auf und verbindet sich mit dem Metall des Werkstücks. Übliche Geschwindigkeiten sind einige Millimeter bis 20 m/min. Der einfache Wechsel mit einem koaxialen HighNo®-Pulverdüsenmodul erlaubt mit dem Kombikopf, die additive Fertigung und damit das Beschichten mit der Bearbeitungsoptik durchzuführen. Mit diesem Modul sind das bekannte Laserauftragschweißen (LMD) aber auch das am Fraunhofer ILT weiterentwickelte Extreme Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen (EHLA) möglich.
Extremes Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen
Das EHLA-Verfahren arbeitet mit Prozessgeschwindigkeiten bis zu 500m/min. Bei diesem Verfahren werden die Pulverpartikel bereits oberhalb des Schmelzbades aufgeschmolzen, somit gelangen nur flüssige Materialtropfen ins Schmelzbad. Dies spiegelt sich auch in der Schicht wider – sie ist glatter und reiner. Reduzierung der Rauheit auf ein Zehntel des bisherigen Wertes ist möglich. Ob Korrosions- oder Verschleißschutzschichten – mittels EHLA können dünne Schichten (25 – 250 μm) innerhalb kurzer Zeit ressourceneffizient und vor allem wirtschaftlich aufgetragen werden. Die hohen Prozessgeschwindigkeiten gepaart mit sehr hoher Pulvereffizienz und die anschließende geringe Nacharbeit stellen eine echte Alternative zum Hartverchromen und thermisches Spritzen dar. Zumal die technologischen Vorteile von EHLA ein deutliches Upgrade für die Industrie bieten. Denn mittels EHLA erzeugte poren- und rissfreie Schichten schützen das Bauteil wesentlich effizienter und langfristiger als konventionelle Beschichtungen.
Die Schlüsselkomponente beim EHLA ist die Pulverzufuhr, hierbei handelt es sich um eine Pulverdüse mit einem einzigartigem Konzept , das einen Pulverwirkungsgrad von nahezu 100% ermöglicht. Die Integration dieser Düse in den Kombikopf bereits Stand der Technik (Abbildung 3 – Pos. 2).
Laserauftragschweißen von 3D-Konturen
Anstelle einer koaxialen kontinuierlichen Pulverdüse ist mit einer Mehrstrahldüse (diskret) auch die vollständige 3D-Fertigung möglich. Die diskrete Pulverdüse "HighNo® - 6" ist eine robuste Lösung für die additive Fertigung mit hohen Auftragsraten (Abbildung 3 – Pos. 1). Hierbei erzeugen 6 koaxial zum Laserstrahl geführte Pulvergasströme einen Pulvergasstrahlfokus, die das Auftragen von 3D-Konturen auch in Zwangslagen ermöglichen. Durch die direkte Wasserkühlung und dem großen Düsenabstand (20 mm) ist ein Einsatz bei großen Laserleistungen (bis zu 20 kW) möglich. Dadurch ist sie nicht empfindlich gegenüber Rückreflektionen oder zurückfliegende Partikel.
Die modulare Bauweise der Düse erlaubt den Einsatz von verschleißbeständigen Präzisionsröhrchen (Inlays) verschiedener Abmessungen für variable Pulvergasstrahlfoki. Je nach Anwendung lassen sich damit vor allem auch größere Pulvermassenströme und folglich dickere und breitere Schichten auftragen. Kundenseitiger Austausch der Inlays ist jederzeit mit geringem Aufwand und kurzen Rüstzeiten möglich.
Laserauftragschweißen an schwer zugänglichen Bereichen
Die seitliche Pulverdüse („Off-Axis“) stellt ein leichtes, einfaches und robustes System dar, das sich vor allem durch sehr gute Zugänglichkeit selbst bei extrem schlecht erreichbaren Schweißposition auszeichnen. Bei der Pulverinjektion handelt es sich um einen einzigen Pulver-Gas-Strahl, der in unterschiedlichen Winkeln und Durchmesser eingebracht werden kann. Die Pulverzufuhr ist dadurch allerdings nicht richtungsunabhängig, und die Auftragschweißungen sind auf einfache, gerade Schweißspuren limitiert. Dort, wo die koaxialen Pulverdüsen aufgrund ihrer Geometrie nicht eingesetzt werden können, kommt die Off-Axis-Pulverdüse zum Einsatz (Abbildung 3 – Pos. 5).
Laserauftragschweißen von extrem kleinen Innenkonturen (LARS – Laser Aided Repair System)
Für schwer zugängliche Bereiche, wie z.B. kleine Öffnungen oder nicht rotationssymmetrische Querschnitte, stellt das LARS-Verfahren eine Lösung zum Beschichten dar (Abbildung 3 – Pos. 6).
Um in kleinen Innenkonturen eintauchen zu können, sind sowohl Pulver- und Gaszufuhr, Crossjet als auch Kühlung in diesem Modul des Kombikopfes integriert ausgeführt. Die Vorteile von Laser Powder Bed Fusion (LPBF) als generatives Verfahren wurde genutzt, um diese komplexe Geometrie herzustellen. Hier wurde sozusagen eine additiv gefertigte Komponente für ein weiteres additives Fertigungsverfahren (LMD) eingesetzt.
Diese neu entwickelte Innenbeschichtungseinheit ermöglicht beispielweise das Reparieren einer Innenkontur mit einer geforderten Beschichtungstiefe von 70 mm. Dafür ist das Positionieren und Verdrehen in einem benötigten Maße möglich und Beschichtungen mit einer Gesamtbreite von 9mm können gefertigt werden.
Durch eine kleine Modifikation kann dieses Modul auch für das Laserhärten von extrem kleinen Innenkonturen verwendet werden (Abbildung 3 – Pos. 4).
Vorteile in der Anwendung
Technische Merkmale der Düsenmodule für den Kombikopf sind:
- Plug-and-Play-Lösung für die Industrie
- Umrüstung vor Ort in sehr kurzer Zeit (Austausch der Düsenmodule in weniger als 2 Minuten)
- Reproduzierbares Wechseln der Düsenmodule (Qualifizierung der Düsenspitzenmodule möglich)
- Hohe Verschleißbeständigkeit durch innovative Oberflächenbehandlung
- Pulverfokusdurchmesser von 0,5 mm möglich
- Unterschiedliche Spaltmaße für hohe Variabilität
- Verschiedene koaxiale Pulverdüsen je nach Laserleistung integrierbar
Solche neuen Entwicklungen führen zu produktionstechnischen Vorteilen bei der Fertigung wie beispielsweise:
- Hohe Produktivität (kurze, integrierte Prozessketten)
- Hohe Flexibilität und wirtschaftliche Fertigung von Optionen und Varianten,
- Hohe Teile- und Baugruppengenauigkeit aufgrund kurzer Toleranzketten,
- Einsparung von Handhabungs-, Positionier-, Spannoperationen, Lager- und Transportzeiten, Produktionsressourcen (inkl. Anzahl Laser, Maschinen und Stellfläche)
- Hohe Auslastung des Fertigungssystems inkl. Laserquelle
- Einfache Rekonfigurierbarkeit des Fertigungssystems