MFS: Führung gab es schon immer – was ist heute neu?
M. Mühlenhof: Ja, Führung gab es schon immer. Und traditionell erfolgte sie über intrinsische Motivation – der Befriedigung der inneren Bedürfnisse eines Menschen. Aber das Wissen über diese Führungsmethode ist verloren gegangen. Äußere Anreize, wie Karrierechancen, noch mehr Lohn oder noch mehr Urlaub haben die eigentliche Frage nach dem „Was brauchst Du?“ abgelöst. Dieser externe Ansporn eignet sich heute nicht mehr zur Führung – Mitarbeiter wollen und fordern heute mehr. Ihre Motivation ist anders gelagert, sie wollen wahrgenommen und gesehen werden. Es geht um ihre Bedürfnisse. Sind diese erfüllt, bleiben sie im Unternehmen.
MFS: Eine Führungskraft muss jeden Mitarbeiter mit seinen Bedürfnissen erkennen?
M. Mühlenhof: Ja, und natürlich die eigenen Bedürfnisse kennen. Es ist ein Geben und Nehmen. Der Mitarbeiter und die Führungskraft möchten und sollen ihre motivierte, positiv geprägte Arbeitskraft, ihr Engagement einbringen. Damit das gelingt, müssen sie als Personen gesehen werden. Gleichzeitig fordern sie etwas ein – und das ist sehr individuell.
MFS: Können Sie das an einem Beispiel festmachen?
M. Mühlenhof: Sicher. Ein Auszubildener ruft morgens im Betrieb an und sagt: „Ich komme die nächsten drei Tage nicht, ich fahre mit meiner Freundin nach Paris“. Die Führungskraft kann nun sagen: „Das ist eine grobe Vertragsverletzung, du bekommst die Kündigung.“ Das wäre eine wenig hilfreiche Reaktion, wenn der Mitarbeiter ansonsten gute Arbeit leistet und im Betrieb gehalten werden soll. Besser wäre es, wenn die Führungskraft folgendes erkennt: Der Mitarbeiter hat keine Angst vor den Konsequenzen, da er glaubt, ohnehin nicht wichtig für den Betrieb zu sein. Diese Erkenntnis ermöglicht eine andere Reaktion der Führungskraft. Zum Beispiel: „Das kannst du nicht machen, wir brauchen dich hier, Du bist für uns wichtig.“ Das bringt den Mitarbeiter ins Nachdenken und ist der erste Schritt in Richtung intrinsischer Motivation. „Ich bin wichtig, ich werde gebraucht.“
MFS: Das ist ein hoher Anspruch an Führungskräfte.
M. Mühlenhof: Individuell intrinsisch zu motivieren, lässt sich lernen. Dafür benötigen Führungskräfte gutes Wissen über sich selbst und viel mehr Zeit für ihre Führungsaufgabe als ihnen bisher oftmals zugestanden wird.
MFS: Sie trainieren Führungskräfte mit der Key to see®-Methode – was leistet sie?
M. Mühlenhof: Sie macht den sogenannten Blinden Fleck sichtbar. Das ist jenes unbewusste Verhalten eines Individuums, das zu Konflikten in seinen Beziehungen führt und dessen es sich überhaupt nicht bewusst ist.
MFS: Können Sie das konkretisieren?
M. Mühlenhof: Persönlichkeit haben vielen Facetten: Das körperliche Erscheinungsbild, das Verhalten, den energetischen Ausdruck, auch Charisma oder Wirkung genannt. Irgendwo in diesen Facetten gibt es den Blinden Fleck, der zu der Diskrepanz von Selbstbild und Fremdbild führt. Er ist die Ursache für Konflikte mit anderen.
MFS: Hat jeder diesen Blinden Fleck?
M. Mühlenhof: Ja, den hat jeder. Er ist Teil der Strategie, mit der ein Mensch durchs Leben geht. Mit der er versucht, seine Bedürfnisse zu stillen, die ja Ausdruck eines gefühlten Mangels sind. Dieser Mangel prägt die individuelle Sicht auf die Welt und den Umgang mit anderen.
MFS: Und die Key to see®-Methode deckt diesen Blinden Fleck auf?
M. Mühlenhof: Ja. Durch einen tiefgehenden Selbstreflektionsprozess wird direkt auf eine unbewusste Ebene geleitet. Ziel ist, Selbstbild und Fremdbild miteinander zu synchronisieren. Im Coaching legen wir das, was der Klient über sich denkt und das, was über ihn gesagt wird und was er an sich selbst nicht wahrnimmt, übereinander wie eine Blaupause. Das ist ein spannender Prozess.
MFS: Wie kommen Führungskräfte zu ihrer eigenen Blaupause?
M. Mühlenhof: Sie müssen wissen, wie sie auf verschiedene Mitarbeiter wirken. Es kann sein, dass eine Führungskraft manche Mitarbeiter überhaupt nicht erreicht, selbst wenn sie sich sprichwörtlich auf den Kopf stellt. Die Blaupause macht die Wirkung deutlich und ermöglicht es, lösungsorientiert mit diesen Mitarbeitern umzugehen. Etwa, indem in diese Beziehung mehr Kraft investiert und mehr Gespräche geführt werden als mit anderen Mitarbeitern. Das macht dann gute Führung aus.
MFS: Die Key to see®- Methode hat sich aus der jahrhundertealten Enneagramm-Methode entwickelt, die häufig kritisch gesehen wird, da sie manipulativ eingesetzt werden kann.
M. Mühlenhof: Das Enneagramm ist ein neunspitziges, uraltes esoterisches Symbol, das als grafisches Strukturmodell dient. Es unterscheidet, ordnet und setzt neun als grundsätzlich angenommene Charaktereigenschaften miteinander in Beziehung. Wie jede Erkenntnismethode kann sie positiv oder negativ eingesetzt werden. Das ist eine Entscheidung der Führungskraft. Der verantwortungsvolle Umgang mit Wissen ist immer eine Herausforderung an die Persönlichkeit. Wenn Wissen Macht ist, dann gibt es davon eine helle und eine dunkle Seite.
MFS: Erkennen Sie den Blinden Fleck Ihrer Gesprächspartner sofort?
M. Mühlenhof: Ja, innerhalb der ersten 30 Sekunden. Ich verrate ihn aber nie.
Seminar mit Mira Mühlenhof:
Intrinsische Motivation aktivieren – Spitzenleistungen erzielen
09./10. November 2017 in Bad Homburg
14./15. Dezember 2017 in Starnberg
www.management-forum.de/motivation
Bei Fragen zur Veranstaltung oder zur Anmeldung wenden Sie sich gerne an Frau
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