Nach einer Insolvenz Griechenlands droht laut dem Bericht eine Ansteckung anderer Staaten wie Italien. Ein starker Kursverfall bei deren Staatsanleihen würde auch deutsche Banken in Bedrängnis bringen, es könnten Milliardenabschreibungen nötig werden, heißt es in dem Bericht. Nach Angabe der Bundesbank hielten deutsche Banken Ende Juni noch 8,6 Milliarden Euro an griechischen Anleihen - 4,8 Milliarden Euro weniger als Ende April 2010 und 2,4 Milliarden Euro weniger als Ende vergangenen Jahres. Grund für den Rückgang sind Verkäufe, auch hat Athen auslaufende Anleihen zurückgezahlt.
Die Folgen von möglichen Abschreibungen durch einen Finanzkollaps in Griechenland müssten mit dem umgebauten Rettungsfonds EFSF aufgefangen werden, zitierte die "FTD" aus den Koalitionskreisen. Dazu sollen dessen Kompetenzen ausgeweitet werden: Der Fonds soll Staaten künftig auch Kredite zur Rekapitalisierung von Banken geben können. Diesen Beschluss des Euro-Sondergipfels Ende Juli müssen die Parlamente noch absegnen, die Abstimmung des Bundestages ist für den 29. September geplant.
Die sogenannte Troika aus IWF, EZB und EU wird frühestens Anfang kommender Woche damit beginnen, die jüngsten Sparbemühungen in Griechenland zu überprüfen. Ihr Votum über die Freigabe der anstehenden Acht-Milliarden-Euro-Tranche wird sie nach Angaben von Währungskommissar Olli Rehn erst Ende September abgeben. Bis dahin soll der EFSF ihre neuen Befugnisse erhalten haben.
Teufelskreis von Schuldenkrise, Bankenproblemen und Rezession
Warnungen vor einer neuen Bankenkrise kamen am Mittwoch auch von EU-Seite. Finanzexperten der EU-Staaten haben in einem Bericht über die Lage am Bankenmarkt vor einer Kreditklemme gewarnt und die Mitgliedstaaten zu neuen Hilfen für die Geldhäuser aufgerufen. Die Euro-Schuldenkrise habe vom Anleihemarkt auf andere Märkte übergegriffen und sei nun "systemisch", hieß es in dem Vorbereitungspapier für das Treffen der EU-Finanzminister und Notenbankchefs am Freitag in Polen.
Es drohe nun ein Teufelskreis von Schuldenkrise, Bankenproblemen und einer Rezession. Die Geldhäuser könnten gezwungen sein, sich zu verkleinern, dadurch könnte es zu einer Kreditklemme kommen. Als Gegenmaßnahme raten die Experten des Wirtschafts- und Finanzausschusses der EU-Staaten den Regierungen, die Kapitalausstattung der Banken weiter zu verstärken. Nach dem jüngsten Stress-Test haben die Länder demzufolge noch nicht ausreichend auf die Engpässe bei Instituten reagiert. Dies wird etwa Spanien vorgeworfen.
IWF: Bankenrisiken enorm gestiegen
Die Belastungen für die europäischen Banken durch die Euro-Schuldenkrise werden immer größer. Die Risiken in den Bankbilanzen in der EU sind nach Berechnungen des IWF bereits auf 300 Milliarden Euro gestiegen. 200 Milliarden davon rührten direkt von Anleihen der Euro-Schuldenkrisen-Staaten, heißt es im jüngsten IWF-Bericht zur Stabilität des Weltfinanzsystems, der am Mittwoch in Washington vorgelegt wurde. Etwa 100 Milliarden Euro kämen noch einmal durch Finanzverbindungen zwischen den Banken selbst hinzu.
Laut dem IWF-Bericht haben einige Banken in Europa bereits den Zugang zu privaten Kapitalquellen verloren. Dadurch erhöhe sich das Risiko neuer Kreditengpässe. Um gegenzusteuern, müsse die Politik "glaubhafte Strategien" zum Schuldenabbau vorlegen und die Belastbarkeit der Banken erhöhen.
Die EZB kündigte am Mittwoch an, sie werde eine Bank in der Eurozone für eine Woche mit einer halben Milliarde US-Dollar refinanzieren. Die Nachfrage ist ein Anzeichen dafür, dass Banken der Eurozone Probleme haben, sich Geld bei US-Banken zu leihen. Es wurde nicht veröffentlicht, welche Bank nach Geld gefragt hat.
Kontrolle der Liquiditätsausstattung
Wie gut und vor allem wie schlecht ist es tatsächlich um Europas Banken bestellt? Die aktuellen Einschätzungen bieten alles von Verharmlosung bis zum Panikszenario. Der jüngste Hieb gegen den labilen Bankensektor kam ausgerechnet von der Europäischen Bankenaufsicht EBA. Sie sorgt sich um die Ausstattung der Banken mit liquiden Mitteln. Stichproben bei den Banken hätten Grund zur Sorge ergeben, aber noch gebe es keine Notsituation. Ob die vorübergehende Entwarnung auch auf Stichproben fußt, bleibt unklar.
Die neue europäische Bankenaufsicht hat die nationalen Aufseher angewiesen, die Liquiditätsausstattung der Geldhäuser zu kontrollieren. EBA-Chef Adam Farkas sagte der "Financial Times Deutschland", die nationalen Aufseher sollen die Geldversorgung der Banken überwachen und Rückmeldungen dazu geben. "Die Verfügbarkeit von Kapital, die Möglichkeit für Banken, sich mittel- und langfristig zu finanzieren und sich kurzfristig Geld zu leihen, sind Grund zur Sorge", erklärte Farkas. Er schränkte allerdings ein: "Aber es stellt noch kein Risiko dar, und auch keine Notsituation."
Stresstest erst in 2013
Schon vor Monaten hat die EBA die 27 nationalen Aufseher ermahnt, die Bankenüberwachung voran zu treiben. Die EBA selbst werde jedoch frühestens 2013 in der Lage sein, europäische Banken systematisch einem Stresstest für Liquidität zu unterziehen. Trotz klaren politischen Mandats gebe es noch keine einheitliche Methode oder Infrastruktur. Allen voran fehlten einheitliche Datensätze. "Wir haben die Ambition, es zu machen und die Strategie dazu. Trotzdem sind wir noch nicht einmal auf halbem Weg, und brauchen noch mindestens ein Jahr, für die notwendigen Details, Granularität und Methoden, das regelmäßig zu tun", ergänzte der Ungar.
Die Lage ist also schwierig, obwohl die Aufseher sie nicht genau kennen. War nach dem zweiten Bankenstresstest nur von drei Milliarden Euro die Rede, die die getesteten Banken zum Schutz vor einer neuen Krise benötigen, scheint diese Zahl heute niemand mehr ernst zu nehmen. Es klang schon alarmierend, als vor wenigen Tagen die EZB meldete, die Geschäftsbanken hätten ihre Übernacht-Einlagen bei der EZB auf den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr hochgeschraubt, knapp 170 Milliarden. Ein klares Indiz dafür, dass sich die Banken untereinander weniger Geld leihen, weil sie sich gegenseitig nicht so recht über den Weg trauen – zumal sich die Banken untereinander höhere Zinsen gutschreiben als die EZB. Nach der Lehman-Pleite 2008 waren die kurzfristigen Einlagen auf rund 400 Milliarden Euro angewachsen.
Finanzaufseher: Risiken für Finanzsystem deutlich gestiegen
Die Lage des europäischen Finanzsystems ist nach Einschätzung führender Finanzaufseher deutlich riskanter geworden. Das European Systemic Risk Board (ESRB), eine neu geschaffene Aufsichtsstelle mit Sitz bei der EZB, erklärte am Mittwoch in Frankfurt, hohe Staatsverschuldung, Schwachstellen in der Finanzierung des europäischen Bankensektors und eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums seien die Hauptrisiken. Aufgabe der ESRB ist es, systemische Risiken im Finanzsystem möglichst frühzeitig zu erkennen.
Mit der Schuldenkrise seien in vielen europäischen Anleihemärkten starke Verspannungen zu Tage getreten, schreibt die Aufsichtsbehörde. Diese hätten zunehmend von kleineren auf größere Länder übergegriffen. Verschärft worden sei diese Lage von zunehmenden Spannungen in der Bankenfinanzierung, nicht zuletzt infolge der geringeren Versorgung europäischer Banken mit Dollar-Liquidität. In diesem Umfeld bedinge die enge Vernetzung des Bankensystems starke Ansteckungseffekte, was eine Bedrohung für die gesamte Finanzstabilität und die Realwirtschaft Europas darstelle.
Das ESRB fordert als Reaktion entschiedene und zügige Maßnahmen. Dazu zählten die schnelle Umsetzung der Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs vom Sommer, die eine Aufstockung und Ausweitung der Kompetenzen des Rettungsschirms EFSF vorsehen. Zudem drängen die Aufseher auf eine nachhaltige Finanzpolitik und wachstumsfördernde Strukturreformen.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.rankers-cie.de.