Beheizte Leitungen
Denn der weltweit tätige Leitungsspezialist mit Sitz im gleichnamigen oberfränkischen Rehau liefert die kompletten High-Tech-Schlauchleitungssysteme des Bosch-Abgasreinigers für die Nutzfahrzeugindustrie. Wenn Otto Normalfahrer sein Diesel- Auto bald ebenfalls mit der hochwirksamen Stickstoff-Entgiftung ordern kann, sind die Rehauer wiederum Innovationsführer. Für die viel schwierigeren Anforderungen im Pkw hat ebenfalls das Schöbel-Team die Leitungen konzipiert. Interessant ist dabei wohl nicht nur für Technik-Freaks, warum die ungewöhnlichen Herausforderungen die Ingenieure in Sachen Lkw und Pkw ganz schön geschlaucht haben.
Lösung als Problem
Bei dem neuen SCR-Verfahren (SCR steht für "Selective Catalytic Reduction") wird eine 33-prozentige Harnstofflösung namens "AdBlue" in den SCR-Katalysator eingespritzt, um die lästigen Stickoxide großteils in Wasserdampf und Stickstoff umzuwandeln. Diese Lösung war das Problem: "AdBlue" ist äußerst aggressiv und gefriert bereits bei elf Grad minus. Dank der Entwicklungsleistung der Oberfranken wurde der Einsatz sauberer Dieselmotoren aber ermöglicht: Die beheizten und harnstoffbeständigen Leitungen sorgen selbst im strengsten Winter für ungehindertes Vorwärtskommen. Die schlauen Schläuche trotzen Temperaturen von minus 35 Grad bis plus 100 Grad. Neben dem Umwelteffekt gibt es für die Betreiber der Lkw-Flotten weitere Anreize. In vielen Ländern winken den blauen Brummis bereits Steuer- oder Mautvergünstigungen. Wer den Harnstoff zum Literpreis von rund 50 Cent in den Zusatztank packt - fast alle neuen Nutzfahrzeuge werden mit "AdBlue"-Technik ausgeliefert - spart laut Hersteller Bosch auch bis zu fünf Prozent beim Diesel-Verbrauch. Der einleuchtende Grund: Bislang waren die Aggregate nicht optimal eingestellt, um nicht zu viel Stickoxide zu erzeugen. Mit "AdBlue" jedoch ist ein optimales Motor-Management möglich.
Diesel-Hybrid-Traum
Im Pkw-Markt sorgen vor allem strengere Abgas-Vorschriften in den USA dafür, dass die Autoindustrie unter Hochdruck am "AdBlue"-Einsatz arbeitet. Da es weltweit auch im Pkw immer öfter dieselt, besitzt die neue Abgas-Technologie durchaus das Potenzial, den Selbstzünder in Märkten salonfähig zu machen, in denen er bislang eher skeptisch beäugt wurde. Auch hier steht der Kunststoffspezialist Gewehr bei Fuß und musste hohe technische Hürden nehmen: Im Gegensatz zum Lkw steht im Pkw weit weniger Platz für die Abgas-Technik zu Verfügung. So wurden schließlich innenbeheizte Schlauchsysteme mit extrem kleinen Leitungsquerschnitten entwickelt.
Freilich gibt es für den Pkw-Einsatz noch ein weiteres Problem: Der Platzbedarf für den Harnstofftank, der im Lkw relativ einfach außen angebracht wird. Und: Der Autofahrer selbst soll mit "AdBlue" keine Mehrarbeit haben. Deshalb soll die Harnstoff-Füllung bis zum jeweils nächsten Kundendienst reichen. Trotzdem ist Michael Schöbel überzeugt, dass die "AdBlue"-Diesel-Technik im Pkw - zuerst wohl in den USA - durchaus mit der Hybrid-Benzin-Technik konkurrieren kann. Für Ingenieur Schöbel freilich wäre die Kombination aus sparsamen Dieselmotoren und Hybridantrieb "schlichtweg ein Traum". Wird der einst von den Konstrukteuren erfüllt, wäre dies wohl eine laute Revolution auf dem Automarkt. Hörbar gemacht auch durch die schlauen Schläuche aus Rehau.