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Wettbewerb muss sein, aber sinnvoller verwirklicht werden

Hilfsmittelversorgung im Spannungsfeld zwischen Patientenpartizipation, Selbstbestimmung und Teilhabe

(PresseBox) (Fürth, )
Vom wirtschaftlichen Wettbewerb unter Sanitätshäusern und HomeCare Unternehmen verspricht sich das Bundesministerium für Gesundheit Bedarfsgerechtigkeit, geringere Kosten, mehr Effizienz und weniger Bürokratie. Der Konkurrenzkampf um Gewinne oder Marktanteile, so meint das Ministerium, nötige die Anbieter auf dem Hilfsmittelmarkt zu Bemühungen um bessere Qualität und geringere Kosten bzw. Preise.

In der Gesundheitspolitik sind Bekenntnisse zu „mehr Wettbewerb“ seit den 90er Jahren nahezu Konsens. Die positiven Erwartungen an den Wettbewerb im Gesundheitswesen werden aus der so genannten mikroökonomischen Theorie des Marktverhaltens und aus Analogien mit idealen Gütermärkten abgeleitet. Keines dieser Verfahren ist auf die Hilfsmittel und HomeCare Versorgung anwendbar.

Aufgrund der Komplexität erfordern Wettbewerbssysteme im Gesundheitswesen einen enormen Regulierungsapparat zur Standardisierung der Dienstleistungen, Qualitätstransparenz und -sicherung, Informationsbeschaffung und - verteilung, Preiskontrolle sowie Marktaufsicht.

Die momentane Situation bei Krankenkassen, Sanitätshäusern und HomeCare Unternehmen im Hilfsmittelbereich weicht deutlich von jenem Szenario ab, das das Gesundheitsministerium von mehr Wettbewerb im Hilfsmittelmarkt in Aussicht stellte.

Die Hilfsmittel- und HomeCare Versorgung in Deutschland ist seit Jahren durch eine Ungleichheit zwischen Patienten und Krankenkassen gekennzeichnet. Letztere dominieren die Versorgungsangebote, definieren Bedarfe und richten die Versorgungsstrukturen primär an einer Kostenminimierung aus. Die auf Grundlage des GKV Wettbewerbsstärkungsgesetztes geschaffenen Versorgungsangebote und Versorgungswege zielen somit an den Bedürfnissen und Bedarfen der Patienten vorbei.

„Die von der Salenus analysierten Vertragsangebote und Ausschreibungsunterlagen der Krankenkassen weisen erhebliche Defizite und juristische Mängel auf“, betont Thomas Bade, geschäftsführender Gesellschafter der Fürther Unternehmensberatung.

Die Vertragsverhandlungen und Ausschreibungsverfahren werden zu den seit Jahren bekannten Größen- und Verbundvorteilen (Innungen, Verbände) der Kollektivverträge und damit zu Monopolen führen. Die Krankenkassen sind nicht Willens und in der Lage innovative, regionale Versorgungsmodelle bei den Vertragsverhandlungen zu berücksichtigen.

Bei der gegenwärtigen Vertrags- und Vergabepolitik der Krankenkassen wird die große Chance vertan, Leistungserbringer zu finden, die bereit und regional in der Lage sind, Gesundheitsdienstleistungen in überdurchschnittlich hoher Qualität am Markt anzubieten.

Um Einzelleistungen regional kostenminimal zu erstellen, bieten die jeweiligen Berufsinnungen und Sanitätshaus-Verbände nur einen Preisanreiz, um sich an Vertragsverhandlungen oder Ausschreibungsverfahren zu beteiligen.

Der Institution „Wettbewerb“ im Gesundheitswesen kommt aber aus ökonomischer Perspektive eine weitaus größere Bedeutung zu als die eines reinen Instruments zur Realisierung von Kosteneinsparungen durch Leistungserbringerverbände und Innungen.

Bei den gegenwärtig verhandelten Produktgruppen des Hilfsmittelverzeichnisses erfolgen Vertragsverhandlungen rein preisorientiert. Maßstab der Vergütung sind die Produktpreise. Die Behandlungsqualität der Hilfsmittelversorgung – und damit der Hauptindikator für die erbrachte Marktleistung – bleibt bei den Verträgen vollkommen unberücksichtigt. Anforderungen an eine Prozess- und Ergebnisqualität werden in den Versorgungsverträgen überhaupt nicht abgebildet.

Aus ökonomischer Perspektive hat Wettbewerb in Marktwirtschaften und im Gesundheitswesen dafür zu sorgen, dass sich das Angebot an Waren und Dienstleistungen entsprechend den Präferenzen der Konsumenten (Patienten) zusammensetzt.

Direkte rechtliche Ansprüche des Versicherten gegenüber dem Sanitätshaus oder HomeCare Unternehmen sind in den Verträgen nicht ausreichend definiert, da die Vertragsbeziehung nur zwischen Leistungserbringer und Krankenversicherung besteht. Es fehlen Regelungen bezüglich direkter Ansprüche des Versicherten gegenüber dem Leistungserbringer im Hinblick auf Aufzahlungen, Notfallversorgungen, Mängelbeseitigung, Assessment und Ergebnis der Versorgung.

Der Wegfall der Zulassung für Sanitätshäuser und HomeCare Unternehmen und die Umstellung auf eine Versorgung durch Vertragspartner der Krankenkassen muss von den Krankenkassen rechtzeitig gegenüber den Patienten, Ärzten und Krankenhäusern kommuniziert werden.

Es ist die gesetzliche Pflicht der Krankenkassen, Informationen zu Gesundheitsdienstleistungen, zu Leistungserbringern, zu medizinischen Behandlungsverfahren, zur Pflege und zu Verfahren und Strukturen im Gesundheitswesen den Patienten zur Verfügung zu stellen.

„Wie diese Pflicht zur Information umgesetzt und erfüllt werden soll, weiß bis heute keine Krankenkasse“, betont Thomas Bade.

Gesunde wir kranke Menschen benötigen qualitätsgesicherte, verständliche und leicht zugängliche Informationen, um verantwortungsbewusste und autonome Entscheidungen hinsichtlich der eigenen Gesundheit und Behandlung treffen zu können.

Die Hilfsmittel- und HomeCare Versorgung ist ein mehr oder weniger aufwändiger Versorgungsprozess. Nicht allein die Verordnung, Genehmigung und die technischen Eigenschaften des Hilfsmittels, sondern die Qualität des Versorgungsprozesses selbst tragen entscheidend dazu bei, ob die Hilfsmittelversorgung erfolgreich und damit wirtschaftlich ist.

Eine mangelnde Qualität der Versorgung kann verminderte Teilhabechancen, vermehrte Pflegebedürftigkeit und Belastungen bzw. Vergeudung von Ressourcen von Betroffenen, Familien, Ärzten, Therapeuten und Kostenträgern bedeuten.

Die gegenwärtig zu verhandelnden Verträge berücksichtigen einzig die seit Jahren verankerten Qualitätssicherungsmaßnahmen der Strukturqualität. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass die vertraglichen Produktpreise zur Hilfsmittelversorgung einem optimalen Prozess der Hilfsmittelversorgung entgegenstehen.

Nebenleistungen (Beratung, Teamarbeit, Assessment der Versorgung) werden bei der Versorgung nicht gesondert ausgewiesen und verhandelt. Es erfolgt keine vollständige Trennung zwischen Dienstleistung und Warenleistung. Ein Case-Management für schwierige Fälle, wie in der gesetzlichen Unfallversicherung, wird in den Verträgen überhaupt nicht vorgesehen.

„Der Nachweis eines gültigen ISO 9001 Zertifikats reicht für die Beurteilung einer qualitäts- und prozessorientierten Hilfsmittel Versorgung nicht mehr aus. Die Krankenkassen sollten dazu übergehen, Auditberichte der prüfenden Organisationen einzusehen und Prozessdarstellungen der Versorgungen zu fordern“, verlangt Thomas Bade.

Qualifizierte Verordner, Sanitätshäuser und HomeCare Unternehmen werden zukünftig nicht mehr wohnortnah verfügbar sein, insbesondere nicht als Versorgungsteams. Eine transparente Übersicht über vorhandene Spezialisten und Versorgungsmöglichkeiten kann den Patienten von den Krankenkassen nicht zur Verfügung gestellt werden.

Chronisch Kranke (Diabetes, rheumatische Erkrankungen, Prothesenversorgung etc.) können bei den bisher vorherrschenden kurzen Vertragslaufzeiten (ein bis zwei Jahre) nicht mehr kontinuierlich im Sinne eines Qualitäts- und Versorgungsmanagements versorgt werden.

„Bei kurzen Vertragslaufzeiten werden bei der Versorgung chronisch Kranker alle Qualitätssicherungsbemühungen ad absurdum geführt“, betont Thomas Bade.

Teamarbeit und langfristige Versorgungen für chronisch Kranke werden zukünftig dadurch erschwert, dass Krankenkassen den Versorgungsauftrag an bisher am Prozess nicht beteiligte Leistungserbringer vergeben, die erst in vorhandene Teamstrukturen integriert werden müssen, obwohl ein Team aus Hilfsmittelerbringern und weiteren Akteuren seit Jahren die prozessorientierte Versorgung gewährleisten.

Vom Wohnort des Betroffenen weit entfernte Sanitätshäuser und HomeCare Unternehmen, die in vorhandene Teamprozesse nicht integriert sind, müssen diese Strukturen erst aufbauen.

Die Ausgestaltung der bis Dezember 2007 vorliegenden Verträge ist ungenügend und zum Teil fehlerhaft. Die medizinisch wissenschaftlichen Fachgesellschaften fordern seit Jahren, dass die im Rehabilitationsbereich geltende Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit der WHO (ICF) auch bei der Hilfsmittel- und HomeCare Versorgung Verwendung finden muß.

Im Rahmen der ICF stellen Hilfsmittel Kontextfaktoren dar (Förderfaktoren, gelegentlich aber auch Barrieren) und werden zum Ausgleich fehlender oder eingeschränkter Körperfunktionen verwendet.

Ziel der optimalen Gestaltung der Kontexte und damit der Hilfsmittelversorgung ist eine Verbesserung der Möglichkeit von Aktivitäten und damit der Teilhabe. Nur durch Hilfe der ICF wird es gelingen, Anforderungen, Ziele und vor allem Ergebnisse der Hilfsmittelversorgung zu beschreiben und kommunizierbar zu machen.

„Keiner der uns vorliegenden oder noch zu verhandelnden Verträge berücksichtigt den ICF Ansatz bei der Hilfsmittelversorgung“, kritisiert Thomas Bade.

Das Beteiligungsverfahren von Patientenorganisationen nach § 140 f SGB V wird überhaupt nicht umgesetzt. Es wird bezweifelt, dass die Krankenkassen eine offene Informationspolitik über Vertragsinhalte und Versorgungsstrukturen zur Verfügung stellen können. Darüber hinaus sind nur die Personengruppen anhörungsberechtigt, die in der Rechtsverordnung nach § 140 g SGB V benannt sind. Auf dieser Grundlage kann ein Beteiligungsrecht der Patienten nicht sachgerecht genutzt werden.

Eine Wahlmöglichkeit des Versicherten wird bei Leistungsvergabe an Vertragspartner nicht berücksichtigt. Wenn zukünftig ein Patient mit einem Vertragspartner seiner Krankenkasse nicht zufrieden ist, weiß heute keiner, welche Rechte der Patient hat und wie der Wechsel zu einem anderen Leistungserbringer erfolgen kann. Für Patienten existiert ein Wettbewerb unter den Leistungserbringern nicht mehr.

Der Gesetzgeber hatte mit dem Wettbewerbsstärkungsgesetz eigentlich die Vorstellung, durch mehr Unterstützung, Partizipation, Information und Integration der Patienten Fehlentwicklungen im Gesundheitssystem zu korrigieren, gesundheitliche Versorgung an den Bedürfnissen der Betroffenen auszurichten, Präferenzen und Qualitätsmaßstäbe der Patienten zu berücksichtigen und schließlich die Akzeptanz von Gesundheitszielsetzung und Gestaltungsentscheidung in der Bevölkerung zu erhöhen.

Normativ betrachtet gibt es also umfangreiche Rechte der Patienten, in der Praxis bleiben diese Ansprüche jedoch hinter der rechtlichen Lage zurück.

Erst die Verbesserung der Versorgungsqualität stellt die Grundvoraussetzung für eine wirtschaftliche Versorgung dar. Insofern sind die augenblicklich verhandelten geringen Kosten oder niedrigen Preise kein Beleg für die Wirtschaftlichkeit einer Versorgung.
Patientenorientierung heißt, dass sich das Gesundheitssystem und die darin handelnden Professionen an den Wünschen, Erwartungen und der Zufriedenheit der Patienten orientieren.

Schließlich brauchen Patienten in einem partnerschaftlichen Entscheidungsverfahren qualitativ hochwertige Informationen, die sie in die Lage versetzen, den gleichberechtigten Dialog mit Ärzten und anderen Leistungserbringern zu führen.

Weitaus wichtiger als der Produktpreis eines Hilfsmittels ist, wie in geeigneter Weise die Förderung und Stärkung der Patientenautonomie und Selbstmanagementfähigkeit erhöht werden kann.

Die Krankenkassen werden aufgefordert, dass der Wettbewerb zwischen Sanitätshäusern und HomeCare Unternehmen zukünftig mehr als bisher in Form eines einheitlich definierten Qualitätswettbewerbs und weniger als Verteilungsstreit auf Innungs- oder Verbandsebene ausgefochten wird.

Salenus GmbH

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